Der türkische Schriftsteller Ahmet Altan wird für sein Buch "Ich werde die Welt nie wiedersehen. Texte aus dem Gefängnis" (S. Fischer) mit dem Geschwister-Scholl-Preis ausgezeichnet. Der mit 10.000 Euro dotierte Preis wird heuer zum 40. Mal vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels - Landesverband Bayern und der Landeshauptstadt München vergeben. Altan befindet sich seit Sommer 2016 in türkischer Haft. Der Jurybegründung vom Mittwoch zufolge wurde er am 16. Februar 2018 "in einem zweifelhaften Gerichtsverfahren" zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.

Laut Jury ist die Anklage der Auffassung, der Schriftsteller und Journalist Altan habe den Putschversuch gegen die Regierung Erdogan unterstützt - durch die angebliche "Verbreitung einer unterschwelligen Botschaft". Mit dem Urteil sei "ein kritischer Kommentator des Geschehens in der Türkei seiner Freiheit beraubt" worden. Altan habe wiederholt Position bezogen mit Blick auf die Lage der Kurden und in der Auseinandersetzung mit dem Genozid an den Armeniern.

Sein Schicksal sei "leider beispielhaft für die Situation vieler unabhängiger Journalistinnen und Journalisten in zunehmend autoritären oder auch diktatorischen Gesellschaften".

In seinem Buch "Ich werde die Welt nie wiedersehen" erzählt Altan von seinen Erfahrungen in Gefängnissen, mit Polizei und Justiz - etwa mit dem Staatsanwalt, der keinerlei Beweise für seine Anklage vorlegen könne. Zudem porträtiert er seine Mitgefangenen in der überfüllten Untersuchungshaftzelle. Altans Texte zeigten "auf eine ruhige, klare Weise, wie es im Augenblick um die Türkei bestellt ist", so die Jury. Sie zeugten von einer "großen Standhaftigkeit", vom Entschluss, stärker zu sein als die Ankläger. Altan behaupte auf bewegende und mutige Weise seine innere Freiheit.

Der 1950 geborene Altan spreche "für alle die, die für die Wahrheit eintreten und die Freiheit verteidigen, gerade unter schwierigsten Bedingungen", heißt es. Auf diese Weise verteidige er selbst die Freiheit und erinnere an das Vermächtnis der Geschwister Scholl.

Mit der Auszeichnung soll jährlich ein Buch gewürdigt werden, "das von geistiger Unabhängigkeit zeugt" und geeignet ist, bürgerliche Freiheit sowie Mut zu fördern und dem verantwortlichen Gegenwartsbewusstsein wichtige Impulse zu geben, teilte der Börsenverein mit. Vergeben wird der Preis im Rahmen des Literaturfests München am 25. November in der Ludwig-Maximilians-Universität.