Er zog einen schwarzen Mantel an und bastelte sich ein Beffchen aus Papier: Als Vierjähriger hatte Christian Parchent seinen Wunschberuf Pfarrer schon fest im Blick. Kurz nach dem abgeschlossenen Examen hängte der 28-Jährige aber den Talar an den Nagel: In seiner Heimatgemeinde Eckersdorf bei Bayreuth kandidiert der Sohn einer lang ansässigen Landwirtsfamilie jetzt für das Amt des Bürgermeisters - selbst parteilos, auf der Liste der CSU. Nicht nur die Politik braucht nach seiner Auffassung neue Impulse. Auch an die Institution Kirche richtet er kritische Anfragen.

Was kann ein gelernter Pfarrer in die Politik einbringen?

Christian Parchent: Immer mehr Menschen sind auf der Suche nach ihren Wurzeln, nach ihrer Identität. Gleichzeitig gibt es auch eine wachsende Unzufriedenheit mit "der Politik" oder mit "der Kirche". Einer solchen Entfremdung kann man wirksam nur auf Ebene der Gemeinde begegnen, dort, wo das Leben der Menschen stattfindet. Im Dorf lamentiert man über das Wirtshaussterben und über die Abwanderung in die Stadt, in der Kirche klagt man, dass niemand mehr in den Gottesdienst kommt. Da denke ich mir: Was muss meine Gemeinde Menschen bieten? Wo kann ich Menschen abholen, wie kann ich Leute begeistern und einbinden?

In der Gemeindearbeit habe ich mich immer auch als jemand verstanden, der Netze knüpft - und das ist auch in der Lokalpolitik wichtig.

Der Weg in die Politik wird Pfarrern in Bayern nicht leichtgemacht. Wie gehen Sie damit um?

Parchent: Es ist ja nicht meine erste Kandidatur in Eckersdorf. Bei der letzten Wahl 2014 fehlten mir nur etwa 30 Stimmen für ein Mandat als Gemeinderat. Damals war ich allerdings noch Theologiestudent, und die Rechtsvorschriften der Landeskirche galten für mich noch nicht. Dass Pfarrer in Bayern ihr Amt nicht ausüben dürfen, wenn sie ein politisches Mandat übernehmen, hält eine Kollegin für eine Beschneidung ihrer Bürgerrechte; ich kann das nachempfinden.

Meinen Wählern sage ich oft: Pfarrdienst und Gemeinderat schließen sich aus. Als Bürgermeister kann ich mich dagegen als Prädikant einbringen. Auch wenn für mich die Rückkehr in den Pfarrdienst grundsätzlich offensteht: Mein Ziel ist das Bürgermeisteramt. Wenn das nicht klappt, möchte ich mich gern als Gemeinderat engagieren, wenn das die Wähler so wollen. Notfalls muss Kirche sich etwas gedulden, obwohl es auch dort dringend an der Zeit wäre, frischen Wind reinzubringen. 

Was sollte sich Ihrer Meinung nach in kirchlichen Strukturen ändern?

Parchent: Die Kritik an der Institution Kirche, wie sie sich etwa in den Austrittszahlen äußert, sehe ich als Warnsignal, aber auch als Chance. Konkret: Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern hat jetzt die Chance, sich vom Pfarrerbild und von den Ämterstrukturen des 19. und 20. Jahrhunderts zu verabschieden, die doch stark auf Autoritäten und Hierarchien ausgerichtet sind.

Das 19. Jahrhundert hinterließ uns einen kirchlich-königlichen Verwaltungsapparat, das 20. Jahrhundert den Personenkult um eine Führerfigur beziehungsweise eine Einzelperson. Ich würde mir wünschen, dass stattdessen die lokalen und demokratischen Elemente viel mehr gestärkt werden.

Theologisch gesprochen: Die evangelische Freiheit und das Priestertum aller Getauften sind der Kern unserer reformatorischen Botschaft. Es gibt viele Stimmen in einer Gemeinde, die genauso wichtig sind wie die Stimme eines Pfarrers oder einer Pfarrerin.