Es war eine Ungeheuerlichkeit: Eine junge bayerische Adelige greift 1523 beherzt zu Feder und Papier. In entschlossenem Ton schreibt sie an die Universität Ingolstadt und setzt sich für einen ins Kloster verbannten Anhänger Luthers ein. Sie beruft sich auf das Priestertum aller Getauften und fordert die gesamte Gelehrtenschar Ingolstadts zum Disput.
Argula von Grumbach heißt sie, 31 Jahre alt, in Beratzhausen geboren, gebildet und Mutter von vier Kindern. Ihr Mann: Friedrich von Grumbach, ein Katholik und herzoglicher Statthalter in Dietfurt. Sie schreibt an den Landesherrn Herzog Wilhelm IV. von Bayern. Der kündigt daraufhin ihrem Mann die Stellung. Ihre Schreiben werden nicht beantwortet, verbreiten sich aber wie im Flug. Sie werden gelesen wie sonst nur Martin Luther. Das Eintreten für die Reformation muss Argula büßen. Noch als 70-Jährige kommt sie in den Kerker.
Ein geschichtsträchtiger Ort
Die Wanderausstellung, die von Frauen der evangelischen Kirche in Mitteldeutschland gestaltet ist, wird am 22. Januar in Beratzhausen eröffnet. Sie zeigt die weibliche Seite der Reformation und präsentiert zwölf verschiedene Frauen aus dem Mutterland der Reformation. In Beratzhausen und in Regensburg, wo die Ausstellung im Anschluss zu sehen ist, wird sie um die frühe Laientheologin Argula von Grumbach ergänzt.
War Beratzhausen der Ausgangspunkt der Reformation in der Oberpfalz? "Soweit würde ich vielleicht nicht gehen, aber es war einer der Orte, wo die Reformation sehr früh eingeführt wurde", sagt Pfarrerin Sibylle Thürmel von der Kirchengemeinde Hemau-Nittendorf.
Bereits im Jahr 1521 habe man in Beratzhausen das Abendmahl in zweierlei Gestalt empfangen können. Das sei in Regensburg nicht möglich gewesen, wo die Reformation erst 1542 eingeführt wurde und weshalb Anhänger Luthers nach Beratzhausen pilgern mussten. "Das ist auch einer der Gründe, weshalb die Wanderausstellung zuerst zu uns kommt", sagt Thürmel.
Der Kampf für die Veränderung
Schon früh positionierten sich Frauen als Wegbereiterinnen des neuen Glaubens. Sie gestalteten die Umbruchszeit mit – als Hausmutter, Nonne, Adelige oder Bürgerliche, Aufständische oder Verfolgte. Oft mussten sie dafür Nachteile in Kauf nehmen. Ein tragisches Schicksal erlitt zum Beispiel die aus einem Kloster entflohene Nonne und Adelige Ottilie von Gerson, die den Theologen Thomas Müntzer heiratete.
Das Todesurteil für ihren inhaftierten Mann machte Ottilie, die im Bauernkrieg erneut schwanger war, zu einer hilflosen Witwe. Andernorts flohen Frauen aus dem Kloster, wurden mit Demütigungen, Schlägen und Arrest bestraft wie die Nonne Florentina Oberweimar. Sogar Luther kommentierte damals ihre Rechtfertigungsschrift.
Evangelische Frauen in Bayern
Weniger bekannt sind dagegen engagierte evangelische Frauen in Bayern. Die Regensburger Historikerin Marita A. Panzer spannt deshalb bei ihren Co-Vorträgen zur Ausstellung den Bogen bis in die Gegenwart und schildert den gesellschaftlichen Wandel, zu dem diese Frauen beigetragen haben.
In Köfering bei Regensburg lebte eine Schwägerin Argulas, die mehrfach inhaftiert wurde, weil sie eine "sektiererische Winkelschule" betrieben haben soll. Auch eine streitbare Frau: Therese, Fürstin von Thurn und Taxis. Sie ließ sich in der Dreieinigkeitskirche ein Oratorium auf der Empore errichten, von dem aus sie als evangelische Fürstin dem Gottesdienst folgte.
Bis heute ist umstritten, ob die Reformation den Frauen einen emanzipatorischen Schub brachte oder nicht. "Viele Frauen sind ein hohes Risiko eingegangen, weil sie einen Freiraum gesehen haben und letztlich eine völlig neue Eheform begründet haben, die der Priesterehe, die es bis dahin nicht gab", sagt Marita A. Panzer. Sie führten ein evangelisches Pfarrhaus und hatten den Mut, "einen Priester zu ehelichen, ohne Angst, in die Hölle zu kommen".
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