Manchmal fließen Tränen. Oft aus Abschiedsschmerz, bisweilen auch aus Wut. Sabine Hirschmann hat zig solcher Beispiele auf Lager. In fast zehn Jahren als Studienleiterin in der Gemeindeakademie Rummelsberg denkt sie an die Gemeinden, die sie besucht hat, um dort gemeinsam mit Kirchenvorständen und Pfarrern um Lösungen zu ringen.
"Drei kleine Kirchengemeinden sollten sich plötzlich eine Pfarrstelle teilen und dazu noch ein Gemeindehaus verkaufen. Doch wer macht den ersten Schritt?", erinnert sie sich an eine Situation in der Region um Coburg.
Auf dem Papier passt es – und menschlich?
Auf dem Papier könne man alles faktisch passend machen - aber passt es auch menschlich zusammen? "Solche Fragen versuchen wir dann in mehreren Sitzungen zu klären, indem wir die Menschen zusammenbringen", sagt Pfarrerin Hirschmann. Und Susanne Schatz, die das neunköpfige Hauptamtlichen-Team in Rummelsberg leitet, zu denen sich noch rund 20 Nebenamtliche auf Honorarbasis gesellen, ergänzt:
"Meist konfrontieren wir die Leute erst mal mit den eigenen Bedürfnissen, was sie wirklich brauchen und sich wünschen."
Man schaffe neue Resonanzräume, sagt Schatz. Die Berater der Akademie reisen meist zu zweit an und wollen bei ihren Besuchen nicht "von oben herab" Entscheidungen der Kirchenleitung näherbringen oder gar schönreden. "Wir sind immer auf der Seite der Gemeinde, nicht der verlängerte Arm der Kirchenleitung", laute das Credo, ergänzt Studienleiter Michael Maier, der ebenso wie seine Kolleginnen und Kollegen eine theologische Grundausbildung besitzt und noch einmal drei Jahre lang in der Gemeindeakademie gelernt hat.
Stellenkürzungen, aber auch neue Freiheiten
Wie Veronika Zieske, die gerade die drei Dekanate Donauwörth, Nördlingen und Oettingen im Donau-Ries beraten hat, die sich zu einer Kooperation zusammengeschlossen haben, um bestimmte Aufgaben gemeinsam zu erfüllen. "Da hat man plötzlich Stellenkürzungen, andererseits aber auch neue Freiheiten, die verbliebenen Ressourcen anders zu nutzen", meint Zieske. Aus dieser Situation heraus dann Zukunftsvisionen zu entwickeln, die sich auch noch realistisch umsetzen lassen, sei das Ziel einer solchen Supervision.
"Oft müssen wir unsere Klienten dabei erst mal entscheidungsfähig machen", ergänzt Susanne Schatz. Beispielsweise, wenn der Fokus zu stark auf dem Halten wollen lieb gewonnener, aber von der Realität vielleicht doch überkommener Strukturen oder Gebäuden liegt und mancher "aus Prinzip" nicht loslassen will:
"Dann fragen wir uns gemeinsam nach dem Auftrag der Kirche, wie wir unsere gute Botschaft heute noch zu den Menschen bringen und ob hierzu vielleicht ausgetretene Pfade verlassen und neue eingeschlagen werden müssen."
Wenn die Parteien sich partout einfach nicht aufeinander zu bewegen wollen, dauert es lange bis die Teams der Gemeindeakademie ihr Mandat niederlegen - und ein echtes "Aufgeben" sei das dann auch nicht, sagt Schatz. "Wenn nach einem Beratungsprozess die Erkenntnis da ist, dass man in gewissen Bereichen einfach nicht miteinander kann oder will, dann ist das zumindest auch geklärt worden."
Fortbildung macht Akademie einmalig
Der zweite große Arbeitsbereich der Gemeindeakademie Rummelsberg ist die Fort- und Weiterbildung hauptamtlicher Kräfte in der Landeskirche. In Kombination mit der beratenden Tätigkeit mache dies die Institution einmalig in der evangelischen Kirche in Deutschland, meint Susanne Schatz. "Die beiden Bereiche befruchten sich gegenseitig. Wir nehmen die Erfahrungen aus den Gemeinden vor Ort direkt in unsere Schulungsangebote mit, und umgekehrt".
Die Gemeindeakademie habe sich in den vergangenen 50 Jahren zum Seismographen entwickelt, der Entwicklungen und Trends innerhalb der Gemeinden aufspürt und für seine Angebote auch eigene Themen setzen könne. Derzeit muss die Akademie sich aber selbst einer Supervision unterziehen: Zusammen mit dem Gottesdienstinstitut, dem Amt für Gemeindedienst und weiteren Einrichtungen soll sie in den Evangelischen Campus Nürnberg einziehen, der derzeit an der Bayreuther Straße am einstigen Sitz der Oberpostdirektion Nürnberg entsteht.
"Es macht natürlich Sinn, solche Kirchenvertretungen zusammen zu ziehen, um Synergie-Effekte zu nutzen und die Zusammenarbeit harmonischer zu gestalten", sagt Schatz: "Auch wenn es einem manchmal seltsam vorkommt, jetzt selbst unter die Lupe genommen zu werden."