Der rechtspolitische Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion, Toni Schuberl, hat die bayerische Staatsregierung zu konstruktiver Politik bei der Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen aufgefordert.
"Es gibt in Deutschland keine Staatskirche und trotzdem werden die Kirchen mit Steuergeldern kofinanziert", sagte Schuberl am Montag.
Die Ablösung der Staatsleistungen sei seit mehr als 100 Jahren Verfassungsauftrag, er habe bereits in der Weimarer Reichsverfassung gestanden und sei ins Grundgesetz übernommen worden: "Dass so lange nichts passiert ist, müsste den Aufschrei auslösen!"
Der bayerischen Staatsregierung warf er vor, auch bei dieser Sachfrage nicht an Sachpolitik interessiert zu sein. "Die sind gar nicht mehr fähig zu vernünftiger Politik", sagte Schuberl. CSU und Freie Wähler würden im Landtag "nur noch Bundespolitik machen wollen", als wäre das Landesparlament "irgendeine Provinzabteilung des Bundestags".
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) habe "gar keine Vorstellung mehr", was er politisch wolle: "Außer 'Die Ampel muss weg!' komme nicht viel", kritisierte Grünen-Abgeordneter Schuberl. Für solche parteipolitischen Spielchen seien die Zeiten zu ernst und auch das konkrete Thema zu wichtig.
Beschließung einer Ablösung ohne Länderbeteiligung
Schuberl hält es für völlig korrekt, dass der Bund ohne Länderbeteiligung eine Ablösung beschließt:
"Der Bund regelt die Grundsätze, die Länder müssen über die Landesgesetzgebung die konkrete Ablösung gestalten."
Um die ohnehin unter Druck stehenden Staatsfinanzen nicht über Gebühr zu belasten, schlägt der Grünen-Politiker einen in Bayern bereits erprobten Weg vor: Wie vor mehr als 100 Jahren beim Wittelsbacher Ausgleichsfonds zur Ablösung der Ansprüche des bayerischen Königshauses sollte eine Stiftung eingerichtet werden, die an die Kirchen und Religionsgemeinschaften dann jährlich ähnliche Summen ausschüttet wie bislang.
Aufnahme eines Kredites
Der Grünen-Rechtsexperte schlägt dazu eine Kreditaufnahme vor, die dann mit ähnlichen Summen abgezahlt werden soll wie die bisherige Höhe der Staatsleistungen - von etwa 100 Millionen Euro jährlich. "Dann wäre in 25 bis 30 Jahren das Thema final abgearbeitet", betonte Schuberl. "Dass es die Kirchen als gesellschaftlichen Player braucht, das ist doch unbestritten: Sie leisten viel für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und für den sozialen Frieden."
Dennoch sei es eine Verfassungsverpflichtung, das Thema endlich anzugehen:
"Wir können über das konkrete Wie gerne diskutieren - aber einen Kulturkampf brauchen wir nicht", erläuterte er.
Wegen bestehender Staatsverträge zwischen den Ländern und den Kirchen sind die Bundesländer aktuell dazu verpflichtet, aus Steuermitteln jährlich Summen in unterschiedlicher Höhe an die Kirchen zu bezahlen. Diese Staatsleistungen sind eine Folge der Säkularisierung vor mehr als 200 Jahren. Alleine in Bayern sind das aktuell rund 75 Millionen Euro an Zuschüssen und Zuweisungen pro Jahr an die katholische Kirche. An die bayerische evangelische Landeskirche gehen rund 25 Millionen Euro jährlich.
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