Wenn aber weniger als die aktuell 770 Millionen Euro pro Jahr über die Steuer eingenommen werden, werde man "auf Aufgaben, die Kirche im Moment noch übernimmt, verzichten müssen", erläuterte Oberkirchenrat Patrick de La Lanne. Ende November wird die Landessynode bei ihrer Tagung in Amberg über den Haushalt für 2025 beraten.

Herr de La Lanne, kurz und knapp, wie ist es um die Finanzen der bayerischen Landeskirche dieses und nächstes Jahr bestellt?

de La Lanne: Wir rechnen für kommendes Jahr auf der Einnahmenseite mit 770 Millionen Euro Kirchensteuer. Das ist in etwa so viel, wie wir dieses Jahr zur Verfügung hatten. Das heißt, einen so starken Einbruch bei der Kirchensteuer, wie wir ihn 2023 erlebt haben, gibt es dieses Jahr nicht.

Diese 45 Millionen, die 2023 bei den Kirchensteuern gefehlt haben, weil die Steuerschätzung deutlich nach unten korrigiert werden musste, konnten wir nur durch Sondereinsparungen auffangen. Insgesamt haben uns 2023 um die 83 Millionen Euro gefehlt, weil Löhne, Gehälter und Versorgungsverpflichtungen stark gestiegen waren - das war ein Rekorddefizit. Von solchen Entwicklungen dürften wir dieses Jahr verschont bleiben.

Und welchen Umfang wird der Haushalt kommendes Jahr haben? In diesem Jahr sind es um die 950 Millionen Euro, ist das korrekt?

Ja, dieses Jahr liegen die Erträge bei 953,2 Millionen Euro und Aufwendungen bei 951,9 Millionen Euro. Neben den Erträgen durch die Kirchensteuer kommen noch Erträge aus der Vermögens- und Immobilienverwaltung, aber auch Erlöse aus unserer diakonischen Arbeit und natürlich Spenden und staatliche Zuschüsse hinzu. Die Erträge aus der Kirchensteuer machen um die 80 Prozent auf der Ertragsseite aus - sie sind also nach wie vor der zentrale Pfeiler unseres Haushalts. Deshalb setze ich mich auch für den Erhalt der Kirchensteuer ein.

Das klingt alles ziemlich entspannt - in den letzten ein, zwei Jahren konnte man den Eindruck gewinnen, finanziell sei Feuer unterm Kirchendach...

Um es ganz klar zu sagen: die Lage ist ernst. Die 770 Millionen Euro an Kirchensteuer-Erträgen, mit denen wir dieses und auch kommendes Jahr planen, werden mittelfristig nicht mehr zu halten sein. Das hat verschiedene Gründe: Zum einen natürlich die Austritte, die uns auch auf der finanziellen Seite zusetzen.

Die sind nur bisher nicht so sehr ins Gewicht gefallen, weil meist eher junge Menschen ausgetreten sind, die ohnehin noch keine Kirchensteuer bezahlt haben. Zum anderen wird sich die angespannte wirtschaftliche Lage auf die Kirchensteuereinnahmen auswirken. Die bislang gute Konjunktur hat verhindert, dass sich die sinkende Mitgliederzahl auch finanziell stärker bemerkbar macht.

Und wie wollen Sie das künftig kompensieren? Reicht da das gefasste Einsparziel von 189 Millionen Euro bis zum Jahr 2030 oder muss noch mehr gespart werden?

Ich denke, wir kommen ab 2026 mit dem bisherigen System nicht mehr weiter. Damit meine ich: Wenn's mal finanziell nicht so gut läuft, dann spart man halt noch mal mit kleineren Kürzungen ein. Das wird künftig nicht mehr ausreichen. Wir müssen jetzt endlich auf ein System der strategischen Finanzplanung umsteigen. Und das heißt: Wir werden auf Aufgaben, die Kirche im Moment noch übernimmt, verzichten müssen. Das wird ein sehr schmerzlicher Prozess werden, der auch viel Mut verlangt.

Stichwort Reformprozess "Profil und Konzentration": Es sollten schon vor Jahren Prioritäten und auch Posterioritäten gesetzt werden, wie zufrieden sind Sie mit dem bisher erreichten?

Beim Priorisieren sind wir ziemlich gut; das macht ja auch Spaß, wenn man Schwerpunkte setzt. Wir könnten bei dem Thema schon weiter sein - und wenn man selbstkritisch zurückblickt, hätten wir vor drei Jahren, vielleicht auch sogar schon 2017 anfangen müssen, neben den Prioritäten auch klare Posterioritäten zu benennen. Aber in der Kirche dauert manches eben ein bisschen länger als in anderen Bereichen, weil es eben viel Gesprächs- und Abstimmungsbedarf gibt.

Anders gefragt: Was, wenn es in der Landessynode keine Mehrheiten für Einsparungen durch klare Posterioritätensetzung gibt? Wann ist der Punkt erreicht, an dem der Finanzchef auf den Tisch haut?

Meine Lebenserfahrung ist, dass man mit Verbindlichkeit und Höflichkeit weiterkommt als mit auf-den-Tisch-Hauen. Ich meine das wirklich: Nur wenn wir gemeinsam versuchen, Lösungen zu finden, kann das klappen.

Auch im vergangenen Jahr gab es bei den nötigen Einsparmaßnahmen unterschiedliche Auffassungen zwischen Landeskirchenrat und Landessynodalausschuss - nur weil wir gemeinsam verhandelt haben, die Synodalpräsidentin, der Landesbischof, der Vorsitzende des Finanzausschusses und der Landeskirchenrat, haben wir doch noch eine gute Lösung gefunden. Deshalb werde ich weiter höflich und verbindlich und in der Sache konsequent bleiben.

Wie sieht es beim bilanziellen Fehlbetrag der Landeskirche aus. Ihr Ziel war, den virtuellen Schuldenberg für die Pensionsverpflichtungen der Pfarrerinnen und Pfarrer abzuschmelzen. Hat das geklappt?

Wir hatten im Jahr 2020 einen bilanziellen Fehlbetrag von 674 Millionen Euro. Im Jahr 2021 lagen wir bei 575 Millionen Euro. Angesichts des Rekorddefizits im Jahr 2023 und dem Ansparfonds ist der bilanzielle Fehlbetrag noch einmal um weitere 111 Millionen angestiegen. Mit dem Ansparfonds wollen wir vor allem Klimaschutzmaßnahmen finanzieren. Der bilanzielle Fehlbetrag liegt nun bei 686 Millionen Euro.

Wir haben uns aber auf der letzten Herbstsynode in Amberg auf den Begriff der "Neuen Null" geeinigt, der bei 575 Millionen Euro liegt. Wir verfügen über ausreichende "stille Reserven", die wir als Kirche haben - also Wertsteigerungen bei Immobilien oder anderen Vermögenswerten. Diese werden den kirchenleitenden Gremien nachrichtlich mitgeteilt. 2024 und 2025 müssen wir weitere Einsparungen realisieren, um die "Neue Null" wieder zu erreichen.

Welche Impulse können und wollen Sie dabei als Finanzchef setzen?

Wir hatten 2023 ein Rekorddefizit von 83 Millionen Euro, unter anderem, weil wir starke Einbußen hatten bei Kirchensteuern und weil die Löhne und Gehälter stark gestiegen sind.

Wir haben uns wie gesagt jetzt darauf geeinigt, dass wir bis 2025 das Defizit von 575 Millionen nicht mehr überschreiten, das erreichen wir durch Einsparungen in Höhe von zwei Prozent über die Vorgaben der mittelfristigen Finanzplanung. Zudem haben wir noch 26 Millionen eingeplant, die für den Klimaschutz verwendet werden sollen und nach verschiedenen Kriterien verteilt werden, die bei der Frühjahrssynode beschlossen wurden.

Sie haben vorhin gesagt, es müsse jetzt im Sinne einer strategischen Finanzplanung umgedacht werden. Wo könnte denn überhaupt nennenswert gespart werden?

Als Finanzchef der Landeskirche werde ich den Theologen und Theologinnen, Fachleuten oder Synodalen sicher keine Vorschläge machen, wo sie ihre Schwerpunkte setzen sollen und wo konkret gespart werden muss. Das steht mir nicht zu. Aber der Haushalt der Landeskirche umfasst 30.000 Haushaltsstellen auf rund 600 Seiten. Man müsste schon sehr naiv sein, wenn man behaupten würde, dass es da kein Sparpotential gäbe.

Am Ende ergeben ja auch viele kleine Haushaltsposten eine größere Summe, die uns weiterbringt. Aber, da haben Sie schon recht, wir müssen auch an die größeren Kostenblöcke ran. Der Landeskirchenrat und der Landessynodalausschuss haben, wie zuvor erwähnt, erste Schwerpunkte im Entwurf erarbeitet. Der nächste Schritt muss jetzt sein, daraus entsprechende Konsequenzen zu ziehen und Aufgaben wegfallen zu lassen.

Sie meinen so wie bei den Tagungshäusern? Bislang ist aber nur beim Wildbad Rothenburg eine auch finanziell wirksame Entscheidung gefällt worden, oder?

Erlauben Sie mir eine Vorbemerkung: Ich finde es wirklich toll, dass für das Wildbad eine so gute Lösung gefunden wurde. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter behalten ihre Jobs, der Betrieb geht weiter, die Landeskirche darf weiterhin dort Gast sein. Diese Entwicklung dort ist ein Zeichen auch an die anderen Tagungshäuser der Landeskirche, dass es Alternativen geben kann. Bislang gibt es nur eine Entscheidung zum Wildbad Rothenburg - und dabei alleine wird es nicht bleiben können. Denn aus haushalterischer Sicht ist die Auslastung, die Einnahmeseite vielerorts nicht ausreichend.

Ist der Evangelische Campus in Nürnberg von den Einsparungen bedroht?

An den Plänen wird sich nichts ändern. Wir kommen aktuell mit den geplanten Ausgaben zurecht. Wir hoffen, dass der Freistaat auch an seinen Zusagen festhält. Wie es aussieht, läuft das Projekt wie vorhergesehen. Klar müssen wir mit den Handwerkern und den Bauunternehmen ein sehr sorgfältiges Baumanagement betreiben, dass auch die entsprechenden Vorgaben eingehalten werden. Aber da sind wir im grünen Bereich.

Welche Impulse setzen Sie als Finanzchef gegenüber den Synodalen oder der Kirchenleitung?

Als Finanzabteilung fordern wir immer wieder, dass wir auf Aufgaben verzichten müssen. Im Landeskirchenrat wurde im Frühjahr bei einer Klausurtagung eine Bepunktung von Aufgaben erarbeitet. An dieser Liste wurde mit dem Landessynodalausschuss weitergearbeitet. Der nächste Schritt muss uns dazu führen, dass wir dann einen „Numerus Clausus“ bestimmen, der entscheidet, welche Aufgaben wegfallen können.

Wird das funktionieren?

Als evangelische Christen fällt es uns schwer, eine Aufgabe zu streichen, denn wir wollen natürlich lieber diejenigen sein, die Wohltaten ausüben. Es ist unsere gemeinsame große Aufgabe, nun zu sagen, nein, wir machen bestimmte Aufgaben nicht mehr. Wir müssen auf manche Dinge verzichten, und das wird weh tun.

Kurzer Blick in die Zukunft: Es gibt Stimmen, die würden die Kirchen- gerne in eine Kultursteuer wie in Italien oder Spanien umwandeln - oder auch eine Art günstige "Kirchenmitgliedschaft light" einführen...

Zunächst muss es das Ziel sein, die Kirche weiter auskömmlich zu finanzieren. Ohne diese Gelder könnten wir das Gros unserer diakonischen Aufgaben wie beispielsweise den Betrieb von Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen oder Schulen und Kindergärten nicht in der bisherigen Form und nicht im bisherigen Umfang aufrechterhalten. Ich denke, das wäre für die Gesellschaft insgesamt, also auch für alle Nicht-Christen, ein großer Verlust. Deshalb setze ich mich für den Erhalt der Kirchensteuer ein.

Aber bei einer Kultursteuer würden die Kirchen doch nicht leer ausgehen?

Nein, das nicht. Aber wenn wir Spanien oder auch Italien anschauen, dann fiele mit Blick auf unser bisheriges System etwa die Hälfte der Kirchensteuereinnahmen weg. Damit können wir aber nicht mehr unsere diakonischen und sozialen Aufgaben wahrnehmen. Ich spreche mich also ganz klar für den Erhalt der Kirchensteuer aus. Reformvorschläge, die darauf abzielen die Kirchensteuer zu verbessern, sollten wir gemeinsam erörtern.

Gespräche aufseiten der evangelischen Finanzchefs und zusammen mit den katholischen Kollegen müssen geführt werden, damit wir einen abgestimmten Vorschlag der beiden Kirchen erarbeiten können. Noch einmal, bis dahin müssen wir uns für den Erhalt der Kirchensteuer einsetzen, und zwar auf allen Ebenen. Denn nur so können wir unsere Aufgaben wahrnehmen. Ich plädiere stark dafür, das bisherige System zum Wohle unseres gesamten Sozialstaates zu erhalten.

Die bayerische Landeskirche gibt auch Geld an die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD). Wird sich hier etwas verändern?

Wir geben knapp 20 Millionen als Finanzausgleich an die EKD. Genau wie beim Staat geben die stärkeren Landeskirchen ihr Geld in einen gemeinsamen Pool, aus dem dann die schwächeren Kirchen unterstützt werden. Insbesondere für die Kirchen im Osten sind diese Gelder ganz wichtige Einnahmen, ohne die sie sonst kaum eine Überlebenschance hätten.

Welche Bedeutung spielt die Digitalisierung in der Landeskirche? Kann der Einsatz von KI-Tools beim Sparen helfen?

Wir können sicher überlegen, ob wir in der Verwaltung mehr KI-Tools einsetzen, um unsere Effizienz zu steigern und damit einzusparen. Das gilt vor allem für die Finanzplanung. Ich bin da offen und glaube, dass wir etwa beim Rechnungswesen oder Prozessen einiges einsparen können.

Manche Landeskirchen arbeiten mit einem Doppelhaushalt – was halten Sie davon?

Meine Erfahrung mit Doppelhaushalten ist eher eine negative, weil wir uns in einer Phase der starken Umbrüche befinden. Diese Umbrüche erleben wir als Kirche gerade sehr stark: Vor einigen Jahren gingen wir noch davon aus, dass sich die Zahl der Mitglieder bis 2060 halbiert haben wird. Jetzt wurde diese Zahl auf das Jahr 2040 prognostiziert. Und der Zeitpunkt, bei dem diese Zahl auf das Jahr 2035 fällt, ist nicht mehr fern. Dann kann ich doch jetzt nicht einen Doppelhaushalt machen.

Bei der aktuellen wirtschaftlichen Lage sehe ich die Notwendigkeit, an einem Jahreshaushalt festzuhalten. Sonst müssen wir mit einem Nachtragshaushalt arbeiten oder kommen ganz schnell in Haushaltssperren. Für uns in Bayern halte ich deshalb den einjährigen Haushalt für die bessere Lösung.

Kommentare

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EinTraum am So, 17.11.2024 - 16:09 Link

Ich habe einen Traum. Ich träume von einer Kirche, die sich komplett herumdreht und auf dem Kopf steht. Nicht, dass sie dadurch kopflos werden könnte, aber durchaus leichter, befreiter, agiler und handlungsfähiger.

Ich träume davon, dass jede einzelne Kirchengemeinde losgelöst vom Überbau der Landeskirche völlig autark wäre und selbständig. Für die Ortsgemeinde hieße das:

Die Kirchengemeinde wäre keine Körperschaft des öffentlichen Rechts, sondern als Stiftung oder als Verein organisiert.

Alle Entscheidungen werden von den Fachleuten vor Ort getroffen. Die Kompetenz wäre nicht geringer. Die Nähe zu den örtlichen Besonderheiten könnte als gewichtiges Kriterium einfließen. Die Experten für die Ortsgemeinde leben in der Ortsgemeinde und nicht anderswo.

Kirchensteuern werden nicht vom Staat eingezogen und zentral verteilt. Sondern die Steuern der Gemeindeglieder bleiben vor Ort. Persönliche Sonderregelungen könnten miteinander ausgehandelt werden. Lediglich ein kleiner Prozentsatz würde an eine Verwaltungsstelle fließen. Dort würde der gesamte Haushalt verbucht. Wenn eine neue Kita gebaut werden müsste, wäre das kein Problem. Wenn eine Kirche renoviert werden müsste, kein Problem, wenn eine Mitarbeiterin für Kinder– und Jugendarbeit angestellt werden soll, kein Problem. Wenn eine kleine Pfarrstelle erhalten bleiben soll, ein lösbares Problem.

Und wenn in München jemand einen Wunsch hat, dann müsste er eben einen Antrag an die Kirchengemeinden stellen und so lange suchen, bis er die nötigen Finanzen dafür zusammen hat.

Phantasterei oder phantastisch? Utopisch oder umsetzbar, wenn man nur will? In so manchem Diakonieverein mit angeschlossener Pflegestation funktioniert es jedenfalls!

Was eindeutig im Mittelpunkt stehen muss, ist die frohe Botschaft von der Zuwendung des liebenden Gottes im Heiland Jesus Christus für uns alle in jeder Lebenssituation bis in Ewigkeit.

Ein verträumter Ortspfarrer

Ingrid Müller am So, 17.11.2024 - 08:55 Link

Es wird immer vermittelt ohne Kirche gibt es keine Altenheime,Kitas etc.
Es ist doch nicht viel Unterschied ob nun die Kirche oder der Staat der Träger ist.
Die Kirche bietet ja Diakonie nicht umsonst.
Und w
o Kirche draufsteht ist doch immer auch viel Staat dabei.
Das allermeiste Geld benötigt die Kirche fuer Verwaltung und Pensionen.
Vielleicht ein Kirchenamt zentral für alle und nicht in jedem Bundesland.
Ein Bischof fuer alle.etc....
Ja und die Kirchenpost die immer wieder versendet wird ist einfach Altpapier.
Kostet und bringt nichts.

truk911 am Don, 14.11.2024 - 15:49 Link

man/frau kann schon staunen, was kirche sich alles noch leisten kann. da flattert ein Bischofsbrief zur Kirchenmusik ins Haus,nein - nicht für en Haushalt, sondern mehrfach wahrscheinlich für jeden Steuerzahler... qui bono??
in dem Interview werden die anstössigen Klippen elegant umschifft: das ECN mit über 200 Millionen Euro und im Zusammenhang damit das "abschmelzen" (welch freundlicher schmerzfreier Ausdruck) des Versorgungsfonds - das betrifft aber sehr viele Menschen. Und das alles soll Kirche in der Öffentlichkeit aufwerten? Wo ist da eine Botschaft hörbar?? Ein Abschmelzen von überzogenen Projekten zugunsten der Menschen in den Kirchengemeinden wäre eine Chance.

Florian Meier am Mi, 13.11.2024 - 06:01 Link

Ich halte das beharrliche Festhalten an der Kirchensteuer für fragwürdig. Natürlich kommt so manche Münze ins Sackerl, die man sonst nicht bekommen hätte und die man gut anlegen kann. Da möchte ich gute Absicht unterstellen. Sie hat aber auch einige Nachteile, die man zumindest bedenken sollte: Die Kirche erscheint so mit dem Finanzamt verbandelt, was ziemlich schlecht für das Image ist und angesichts einer zunehmend säkularen Gesellschaft aus der Zeit gefallen. Die Geldeintreibung erfolgt anonym nicht durch die lokale Organisation, was die Verbindung mit dem, was in der Gemeinde geschieht intransparenter macht. Im Übrigen ist es unwahr, dass diakonische Arbeit nur mit Kirchensteuer geht. Die Kirchensteuer ist ein Sonderfall, im Ausland muss es auch ohne sie gehen. Ja, die Kirchen sind eher nicht reicher, aber eine reiche Kirche ist nicht im Sinne des Erfinders. Hier wird ein Einkommensorientierter Beitrag von der Gemeinde erhoben, ein fixer Anteil wird der Gesamtkirche übergeben. Das ist einerseits ein sehr ähnliches Konzept, kommt andererseits ohne grosse Staatsinvolvierung aus. Etwas Ähnliches sollte man sich auch für Bayern überlegen.

Wilfried Knorr am Di, 12.11.2024 - 09:09 Link

Bei allem Respekt: 49% der Menschen, die in der Studie „weshalb sie gehen“ zum Austrittsgrund befragt wurden, nannten die Kirchensteuer als Anlass. Das Festhalten an der Steuerfinanzierung hindert indirekt auch die Innovationskraft. Das Handeln der Diakonie ist viel stärker an der Zufriedenheit der Nutzerinnen und Nutzer orientiert, als das der Kirche -weil es sich finanziell auswirkt, ob die Menschen die Angebote gut finden und nutzen wollen.
Das Argument, die Kirche könne sonst ihre diakonischen Aufgaben nicht mehr erfüllen, ist brüchig-ganz überwiegend sind diese Aufgaben durch Leistungsentgelte finanziert. Ich plädiere dafür, bereits jetzt in andere Refinanzierungsstrategien einzusteigen, mutig zu erproben und die träge machende Ausruhhaltung „die Kirchensteuer ist sicher“ aufzugeben.