Auch das Verfahren gegen den afghanischen Flüchtling Reza Jafari stellte das Gericht wegen geringer Schuld ein. Dem 23-Jährigen wurde auferlegt, 80 Stunden gemeinnützige Arbeit zu leisten. Der 64-jährige Gampert hatte sich vor Gericht verantworten müssen, weil er mit seiner Kirchengemeinde den afghanischen Flüchtling mehr als ein Jahr lang im Kirchenasyl beherbergt hatte. Die Justiz warf ihm deshalb "Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt" vor. Gampert hatte daher zunächst einen Strafbefehl über 4.000 Euro erhalten.

Weil er dagegen Einspruch einlegte, landete der Fall vor Gericht. Jafari ging ein Strafbefehl über 900 Euro zu. Er legte ebenfalls Einspruch ein. Nach dem Urteil zeigte sich der Pfarrer erleichtert. Ihm sei wichtig, dass er lediglich eine Geldbuße zahlen müsse. Dies bedeute auch, dass Kirchenasyl damit nicht grundsätzlich als strafbare Handlung gelte, sagte Gampert:

"Ich hatte den Eindruck, dass es vonseiten des Gerichts keine grundsätzlich Infragestellung des Kirchenasyls gibt."

Vor dem Richterspruch hatten sich die beteiligten Parteien knapp zwei Stunden zurückgezogen, um unter Ausschluss der Öffentlichkeit nach einer Lösung zu suchen. In der Begründung für die Entscheidung machte die Richterin schließlich klar, dass es kein Recht auf Kirchenasyl gebe: "Ob ein Kirchenasyl rechtens ist oder nicht, ist stets eine Einzelfallentscheidung."

Die Strafbefehle seien in dem vorliegenden Fall unter anderem deshalb ausgestellt worden, weil das Kirchenasyl besonders lange gedauert habe und die Kirchengemeinde auf ein Schreiben der Staatsanwaltschaft nicht reagiert habe. Solange es keine gesetzliche Regelung zum Kirchenasyl und zum Umgang mit gut integrierten Flüchtlingen gebe, seien die Gerichte gezwungen nach geltendem Recht zu entscheiden: "Und danach kann Kirchenasyl im Einzelfall auch strafbar sein", sagte die Richterin

Pfarrer Gampert betonte im Anschluss an die Verhandlung, er würde sich wünschen, dass Kirchenasyle "mehrheitlich nicht staatsanwaltlich verfolgt werden" und man stattdessen versuche, einvernehmlich eine Lösung zu finden.

Auf die Frage, ob er mit seiner Gemeinde noch einmal ein Kirchenasyl gewähren würde, meinte Gampert: "Vielleicht erst einmal nicht." Wenn jedoch einem Menschen ohne Kirchenasyl die "Beschädigung seines Lebens droht, dann hoffe ich, dass wir wieder so entscheiden würden".

Die in der bayerischen Landeskirche unter anderem für Flucht, Migration und Asyl zuständige Oberkirchenrat Michael Martin sagte nach Bekanntwerden der Gerichtsentscheidung: "Wir sind froh und erleichtert, dass beide Verfahren gegen Pfarrer Ulrich Gampert und Herrn Reza Jafari wegen geringer Schuld gegen Auflage eingestellt wurden." Als Landeskirche hätte man gerne eine grundsätzliche Klärung bekommen, ob die Gewährung von Kirchenasyl Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt ist. "Die Richterin führte aus, dass in jedem Fall eine Einzelfallabwägung vorgenommen werden muss", sagte Martin. Deshalb liege mit dieser Entscheidung noch keine grundsätzliche Klärung vor.

Was bedeutet Kirchenasyl?

Beim Kirchenasyl werden Flüchtlinge ohne legalen Aufenthaltsstatus von Kirchengemeinden zeitlich befristet beherbergt. Ziel ist, in Härtefällen eine unmittelbar drohende Abschiebung in eine gefährliche oder sozial unzumutbare Situation zu verhindern und eine erneute Prüfung des Falles zu erreichen. Derzeit bestehen nach Angaben des ökumenischen Netzwerks "Asyl in der Kirche" 439 Kirchenasyle bundesweit, 416 sind sogenannte Dublin-Fälle.

Kirchenasylgemeinden sehen die Hilfe für Flüchtlinge als christliche Beistandspflicht an, die in der Bibel geboten werde. Der Aufenthaltsort der Flüchtlinge wird den Behörden gemeldet. Von den Behörden wird die Praxis des Kirchenasyls als Ausnahme in seltenen Fällen weitgehend geduldet. Die Kirchen sind aber kein rechtsfreier Raum, der Staat kann also jederzeit die Abschiebung vollziehen.

Meistens soll beim Kirchenasyl die Rückführung in ein anderes EU-Land nach der Dublin-Verordnung verhindert werden, das für das Asylverfahren zuständig wäre, in dem den Betroffenen aber Obdachlosigkeit, mangelnde Versorgung oder die Abschiebung in ihr Herkunftsland drohen. Am Ende eines sogenannten Dublin-Kirchenasyls steht laut "Asyl in der Kirche" meist ein inhaltliches Asylverfahren in Deutschland, was nicht automatisch einen Aufenthaltsstatus bedeutet.

Erfolgt die Überstellung an das andere EU-Land nicht innerhalb von sechs Monaten, ist Deutschland für das Asylverfahren zuständig. Seit August 2018 gilt jedoch eine erheblich längere Frist von 18 Monaten, wenn Kirchengemeinden Verfahrensabsprachen nicht einhalten.