Personalpolitik im Sinne der Familie: Nach zwei Jahren Vorbereitung erhält das Münchner Kirchengemeindeamt (KGA) das Gütesiegel "Familienorientierung", das die Evangelische Kirche Deutschland (EKD) 2019 eingeführt hat. Der EKD-Ratsvorsitzende und bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm überreicht die Auszeichnung am Freitag (1. Oktober) an KGA-Geschäftsführer Florian Baier. Das Kirchengemeindeamt verwaltet die Gemeinden und Einrichtungen des evangelischen Dekanats München und beschäftigt rund 75 Angestellte.

Was sich EKD und KGA von dem Gütesiegel "Familienorientierung" erhoffen

Mit dem EKD-Siegel wolle man "als kirchlicher Arbeitgeber glaubwürdig attraktiv sein auf dem hart umkämpften Markt für qualifizierte Mitarbeitende", so KGA-Chef Baier im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Bei einer Umfrage vor zwei Jahren hätten die Mitarbeitenden höchste Bewertungen für eine familienorientierte Kultur gegeben, aber nur mittlere Werte für die Auffindbarkeit und Transparenz entsprechender Angebote. "Es gab also schon immer ein offenes Ohr für die Vereinbarkeit von Dienst und Familie, aber die Angebote waren nicht so klar formuliert, wie sie es jetzt sind", fasste Baier zusammen.

Das Münchner Kirchengemeindeamt gehört zu den ersten kirchlichen Einrichtungen in Bayern, die nach der Pilotphase 2019 nun mit dem EKD-Gütesiegel "Familienorientierung" ausgezeichnet werden. Weitere bayerische Zertifikatsträger 2021 sind die Diakonie Hochfranken, die Stadtmission Nürnberg sowie das Diakonische Werk Neu-Ulm.

Kriterien für die Auszeichnung mit dem Gütesiegel "Familienorientierung"

Um das EKD-Siegel zu erlangen, müssen die Aspirant*innen sieben bestehende und sieben geplante Maßnahmen benennen, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern. Zu den bestehenden Angeboten des Kirchengemeindeamts habe laut Baier unter anderem eine großzügige Gleitzeitregelung gehört sowie die verpflichtende Betriebsschließung zwischen Weihnachten und Neujahr und ein halber freier Tag am Geburtstag.

Unter den geplanten Maßnahmen seien unter anderem ein Eltern-Kind-Büro mit Wickeltisch und eine jährliche Leitungsklausur zu einem Familienschwerpunkt. Als größte Herausforderung nannte Baier die Entwicklung eines Lebensarbeitszeitkontos, mit dessen Hilfe Angestellte längere Fehlzeiten aufgrund von Pflege oder Kinderbetreuung kompensieren könnten. "Das ist rechtlich kompliziert und deshalb erstmal ein Prüfauftrag", sagte Baier.

Ihm sei aber wichtig, gerade das Thema "Beruf und Pflege" in den Blick zu nehmen: "Bei der Umfrage hat sich dort der größte Bedarf gezeigt", so der Kirchenrechtsdirektor. Deshalb wolle das KGA künftig mit der Diakonie München und Oberbayern kooperieren, damit Mitarbeitende mit pflegebedürftigen Angehörigen schnelle Beratung, Vermittlung von Pflegeplätzen oder Fortbildungen für die Pflege daheim erhalten. "Uns ist wichtig, nicht irgendwelche Maßnahmen zu entwickeln, sondern solche, die sich am Bedarf unserer Mitarbeitenden orientieren", so Baier.