"Gott hat uns allen ein Wunder - Entschuldigung - sein Wunder gegeben", spricht Sieglinde Emter alias Maria, während sie die Babypuppe streichelt, die das Jesuskind darstellt. Mit dem Text kämpft die Seniorin noch manchmal.

"Na, das mit dem Wunder hätte doch auch gepasst",

ermutigt sie Hannes Schott, Regisseur und Autor der vier Szenen, die seit einigen Wochen in einem Raum im Diakoneo-Wohnstift Hallerwiese in Nürnberg einstudiert werden.

Fünf Darstellerinnen zwischen 73 und 88

Schott, Pfarrer an der Nürnberger Jakobskirche, ist überzeugt: Das Seniorenkrippenspiel, das am 24. Dezember im Familiengottesdienst auf die Bühne kommt, ist einmalig. Und die fünf Darstellerinnen, die zwischen 73 und 88 Jahre alt sind, sind es sowieso.

Sieglinde Emter atmet erleichtert auf und gibt das Mikrofon, mit dem sich die fünf Damen bei den Proben vertraut machen, weiter an Theresia Veit. Die 88-Jährige spielt einen der Heiligen Drei Könige, einen Wirt und einen Hirten. "Wäre schön, wenn wir ein bisschen mehr Darsteller wären", lacht sie. Bühnenluft schnuppert sie zum ersten Mal in ihrem langen Leben, die Herausforderung und den Spaß am Spielen wollte sie sich noch einmal geben.

"Mein 30 Jahre alter Enkel freut sich schon auf die Aufführung und hat gesagt, ich solle das unbedingt machen."

Vor einigen Jahren hat Pfarrer Schott zum Stift gegriffen und sich eine Lesegeschichte ausgedacht, in der es um eine Kirchengemeinde ging, in der sich zu wenige Kinder gefunden hatten, die ein Krippenspiel einstudieren wollen. Kurzerhand machen sich ein paar ältere Gemeindemitglieder dazu auf. Nachdem die Geschichte beendet war, war dann schon die Idee geboren, so etwas in Wirklichkeit anzugehen.

Leider keine Männer

Dieses Jahr wollte er es nun umsetzen. Im Gemeindebrief und bei einer Veranstaltung im Wohnstift warb der Pfarrer für das Seniorenkrippenspiel, vier Bewohnerinnen und Sieglinde Emter aus der Gemeinde meldeten sich. "Leider keine Männer, aber vielleicht bekommen die ja Lust, wenn sie sehen, was unsere Frauen hier auf die Bühne bringen", meint Schott.

Und das, was man dann an Heiligabend in St. Jakob erleben wird, ist tatsächlich ein klassisches Krippenspiel, nur ein bisschen anders. Es ist bedächtiger im Vortrag, mit Tiefgang im Text, aber auch mit kleinen Hängern und manchmal einem verstohlenen Kichern, wie man das auch bei den Kleinen gewohnt ist.

Wenn Heidemarie Kühne Königskrone und Josefs Mantel gegen die Engelsflügel ihrer dritten Rolle tauscht, dann strahlt die Seniorin über beide Wangen. Ursula Uhlig ist mal ein Stern, viel lieber aber ein Herold des Kaisers Augustus. Dann setzt sie sich einen zum roten Umhang passenden Römer-Helm auf und wirkt im ersten Moment noch putzig, dann aber gleich wieder furchteinflößend. "Ich habe als Kind schon mal bei einem Krippenspiel mitgemacht. Dass ich 70 Jahre später noch einmal in solche Rollen schlüpfe, hätte ich nicht gedacht", sagt sie.

Selbst geschneidert und gebastelt

Else Bär, mit 73 Jahren das Küken in der Runde, ist auch ein bisschen stolz, wenn sie die Krone aufsetzt und sich vom Hirten zum König verwandelt. "Alles selbst geschneidert und gebastelt", sagt die ehemalige Finanzbeamtin. "Ich musste für meine Kinder viel mit Nähmaschine, Nadel und Faden arbeiten."

Wenn man den fünf Seniorinnen länger beim Proben zusieht, fällt einem gar nicht mehr auf, dass sie keine Kinder sind, wie man das vom Krippenspiel gewohnt ist.

"Warum auch? In der echten Weihnachtsgeschichte waren die Akteure ja auch Erwachsene",

gibt Hannes Schott zu bedenken. Und trotzdem: "So schön es auch ist, wenn das Spiel dann vorbei und alles gut gelaufen ist, schnaufe ich tief durch", gibt Heidemarie Kühne zu. Etwas Lampenfieber haben die Damen schon.

Ursula Uhlig weiß auch schon, wie sie dann nach dem großen Auftritt an Heiligabend wieder entspannt - mit einem Besuch auf dem Johannisfriedhof, wo der Ehemann begraben liegt. "Mit meinem Sohn, der Schwiegertochter und dem Enkel. Dann trinken wir zusammen ein kleines Schnäpschen und schütten ihm auch ein paar Tropfen aufs Grab", verrät die 87-Jährige.

Kommentare

Diskutiere jetzt mit und verfasse einen Kommentar.

Teile Deine Meinung mit anderen Mitgliedern aus der Sonntagsblatt-Community.

Anmelden