Die Gesamtlösung:

"Gottes Sohn wird Mensch, damit der Mensch Heimat habe in Gott. "

Auf diese Sentenz der Hildegard von Bingen stießen Sie, wenn Sie die Ergebnisse der einzelnen Rätsel richtig zum Lösungsschlüssel zusammensetzten:

I ME G/H ILDEG A RD V O N BIN GENAU F S/E/I TE 961 (955 plus 3 Seiten vorgeblättert)

Dieser Schlüssel führte Sie also auf Seite 961 des Evangelischen Gesangbuchs für Bayern (EG), wo unten der zu findende Satz von Hildegard von Bingen abgedruckt ist.

 

Teil I

1. Jetzt fangen wir zum Singen an

a) Auf dem Koppelschloss

Wenn Sie zur Einstimmung aufs Sonntagsblatt-Weihnachtsrätsel die erste Melodie anstimmten, dürfte das sehr nach "Vom Himmel hoch, da komm ich her" (EG 24) geklungen haben. Doch das hier gesuchte Lied war das Lied 543 "Wir singen dir, Immanuel" auf Seite 955 des Gesangbuchs. Wie der Name lautet, hatten wir Ihnen auch auf Hebräisch angegeben. (I / 955)

b) Geld- und andere Forderungen

Hier mussten Sie in der Rubrik "Abend" des EGs suchen (Seiten 825-864). Der Paragraf 835 der Zivilprozessordnung hat die Überschrift "Überweisung einer Geldforderung". Auf dieser Seite finden Sie im EG das Lied "Mein schönste Zier und Kleinod bist" (EG 473). Dichter des Textes ist der Thüringer Komponist Johannes Eccard (1553-1611), der einige Zeit Sänger unter Orlando di Lasso in München war. Die zeitgenössische Schreibweise seines Namens erinnert an das Französische Wort "écart", das Abstand, Abweichung, Unterschied und die angegebenen Bedeutungen besagt. Die Reichskleinodien der Kaiser und Könige des Heiligen Römischen Reichs (Reichskrone, Reichsschwert, Reichsapfel, Reichszepter und die Heilige Lanze mit einem angeblich vom Kreuz Christi stammenden Nagel) wurden von 1424 bis 1796 in der Kirche des Nürnberger Heilig-Geist-Spitals aufbewahrt. Vor Napoleon im Jahr 1800 nach Wien in die Schatzkammer der Hofburg in Sicherheit gebracht, holten sie die Nationalsozialisten 1938 nach dem "Anschluss" Österreichs ans Deutsche Reich wieder nach Nürnberg und stellten sie in der Katharinenkirche aus. 1946 schafften die Amerikaner die Reichskleinodien auf Antrag der österreichischen Bundesregierung wieder nach Wien. (ME)

 

2. Rätselreime

Die Lösung zu Friedrich Schillers Rätselgedicht war der Regenbogen. In 1. Mose 9, 13-15 heißt es: "Meinen [Kriegs]Bogen habe ich gesetzt in die Wolken; der soll das Zeichen sein des Bundes zwischen mir und der Erde. Und wenn es kommt, dass ich Wetterwolken über die Erde führe, so soll man meinen Bogen sehen in den Wolken. Alsdann will ich gedenken an meinen Bund zwischen mir und euch und allem lebendigen Getier unter allem Fleisch, dass hinfort keine Sintflut mehr komme, die alles Fleisch verderbe." (G)

Goethes Rätselgedicht führte zum Schalttag. Des "großen Vaters Reich" ist das Jahr, die Brüder sind dessen Tage. Schalttage müssen alle vier Jahre eingeschoben werden, damit Kalenderjahr und Sonnenjahr nicht auseinanderlaufen. Ein Jahr ist eine volle Runde der Erde um die Sonne, doch das astronomische Jahr ist fünf Stunden, 48 Minuten und 46 Sekunden länger als die 365 Tage des Kalenderjahrs. (H)

 

3. Die "2-3-4-5-1"-Verbindung

Gesucht war hier das Wort "Gilde". Zu Gilden schließen sich diejenigen zusammen, die das Internet-Rollenspiels "World of Warcraft" spielen. "Am Schilde erkennt man die Gilde", lautet ein Sprichwort zu dem Begriff mit einer komplexen und spannenden Herkunftsgeschichte bis hin zu möglichen altgermanischen Opfermahlzeiten. Wer mehr wissen wwill, findet einiges im Wörterbuch der Brüder Grimm (woerterbuchnetz.de).

Abgebildet war das Emblem der St.-Walburgisgilde im niederländischen Netterden (sintwalburgis.nl). Walburgis ist bei uns vor allem als Walburga bekannt. Sie war (und ist?) eine der populärsten Heiligengestalten Europas. Walburga war die Tochter eines englischen Königs Richard und die Schwester der Heiligen Willibald und Wunibald. Etwa um 735 wurde sie von Bonifatius, Bruder ihrer Mutter, mit weiteren Frauen als Missionarin nach Deutschland gerufen. Sie lebte wohl zunächst im Kloster in Tauberbischofsheim. 761, nach dem Tod Wunibalds, kam sie in das von ihrem Bruder gegründete Kloster Heidenheim und wandelte es in ein benediktinisches Doppelkloster um. Nach ihrem Tod 779 oder 780 wurde sie zunächst dort begraben. 870 holte der örtliche Bischof ihre Gebeine nach Eichstätt in die heutige Walburgakirche.

Von Assoziation und Allianz über Bruderschaft bis Zusammenschluss oder Zunft reichen die Bedeutungen des Begriffs Gilde. Bekannter dürften bei uns die Zünfte sein, und in einem Straßburger Zunfthaus stand wohl der erste urkundlich erwähnte Christbaum. Das englische Wort "Guild" bedeutet beides: Zunft und Gilde.

Wenn Sie die Buchstaben des Worts nach dem angegebenen Schema umstellten, ergab sich "I L D E G".

 

Teil II

4. Logisch gelogen

Zur Lösung dieser Logik-Knobelei mussten Sie die einzelnen Aussagen an der Voraussetzung prüfen, dass nur eine der vier Aussagen wahr sein konnte.

Aussage A war als Selbstaussage besonders interessant: Wenn sie wahr ist (A ist nicht der Täter), müssen alle anderen Antworten Lügen sein. Wenn sie gelogen ist (A ist der Täter), kann nur eine der anderen Aussagen wahr sein.

Im ersten Fall (A war es nicht) kann es wegen der Aussage von B auch D nicht gewesen sein, weil diese Aussage dann ja eine Lüge sein muss. Wegen der Aussage von C fällt aus dem gleichen Grund auch B als Täter aus. Bliebe noch C als Täter. Warum kann es aber auch dieser nicht gewesen sein? Weil in diesem Fall die Aussage von D, die gelogen sein müsste, wahr wäre.

Es muss also der andere Fall (A war es) vorliegen. Auch die Aussagen von B und C sind dann gelogen, D sagt als einziger die Wahrheit. Die Lösung ist damit "A".

 

5. Das Lied des singenden Cowboys

Gesucht war hier "Rudolph, the Red-Nosed Reindeer" (Rudolph, das rotnasige Rentier), das auch in vielen deutschen Weihnachtszimmern akustisch nicht mehr wegzudenken ist. Am Anfang stand ein Malbuch, das die Kaufhauskette Montgomery Ward aus Chicago 1939 herausgab. Der Anzeigentexter Robert Lewis May hatte die Idee zu der Geschichte von Rudolph, dem rotnasigen Rentier, das von seinen Rentier-Kollegen wegen seiner leuchtend roten Nase zunächst verspottet wird, dem Weihnachtsmann mit dieser dann aber im Nebel entscheidend helfen kann. Die Kaufhausleitung hatte zunächst Zweifel: Man befürchtete, die Rotnasigkeit des Rentiers könnte mit Alkoholismus in Verbindung gebracht werden.

Das Malbuch war bereits ein Riesenerfolg, da wurde das auf der Geschichte basierende Weihnachtslied von Johnny Marks (ein Schwager des Anzeigentexters), das 1949 von Gene Autry interpretiert als Single erschien, zum echten Millionen-Hit. Viele Sängerinnen und Sänger haben das Lied seither interpretiert – darunter Bing Crosby, "Rat Pack"-Star Dean Martin und Jazz-Legende Ella Fitzgerald. (R/D)

 

6. Das gespendete Gotteskind

Abgebildet war das Gemälde "Te tamari no atua" von Paul Gauguin (1848-1903), das zu den Schätzen der Neuen Pinakothek in München gehört. Die Beschriftung, mit der Gauguin sein Bild versah, bedeutet "Kinder Gottes". Dahinter verbirgt sich ein privates Glück und eine private Katastrophe: Ende 1896 hatte die junge Tahitianerin Pau'ura a Tai, die mit dem Maler zusammenlebte, ein Kind bekommen. Doch das kleine Mädchen starb nach wenigen Tagen. Der dräuende Tod des Neugeborenen ist in Gauguins Gemälde durch die "Amme" mit der schwarzen Kappe und den Engel hinter ihr angedeutet. Ochs und Esel im Hintergrund setzen das Geschehen in einen größeren, ewigen Zusammenhang. Gauguin, ein Wegbereiter des Expressionismus lebte seit 1891 an wechselnden Orten in der französischen Südsee-Kolonie Tahiti. Auf der Suche nach einer von der europäischen Zivilisation möglichst unberührten Insel zog er – bereits kränkelnd – im Herbst 1901 auf die Marquesas-Insel Hiva Oa, rund 1400 Kilometer von Tahiti entfernt. Der polynesische Name Hiva Oa bedeutet "langer Firstbalken", was auf eine Schöpfungslegende der Ureinwohner zurückgeht. Auf Hiva Oa starb Paul Gauguin im Alter von nur 54 Jahren am 8. Mai 1903, und dort ist er auch begraben. (V)

Darunter zu sehen war neben einem Selbstporträt Gauguins (1893, Musée d'Orsay, Paris) der Kunsthistoriker und Museumsleiter Hugo von Tschudi. Er war von 1896 bis 1908 Direktor der Nationalgalerie Berlin und von 1909 bis zu seinem Tod 1911 Direktor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen. Tschudi erkannte früh die Bedeutung der französischen zeitgenössischen Malerei und sorgte für viele Ankäufe in deutschen Sammlungen. Als er 1897 in Berlin Bilder von Cézanne und anderen Impressionisten in völlig neuer Hängung zeigte und die Bilder der akademischen Maler ins Depot verbannte war Kaiser Wilhelm II. höchstpersönlich beleidigt. Als Folge der "Tschudi-Affäre" floh der Museumsleiter vor dem Kaiser aus Berlin nach München. Auch dort wurde er zu einem Förderer der modernen Kunst. Nach seinem Tod erschien 1912 der von Wassily Kandinsky und Franz Marc herausgegebene Almanach "Der Blaue Reiter" mit der Widmung "Dem Andenken an Hugo von Tschudi". Ein Großteil der von Tschudi bereits gekauften und vor allem von Berliner Stiftern finanzierten ausländischen Werke gelangten als "Tschudi-Spende" 1912/1913 in die Münchner Neue Pinakothek. Sein Leben romanhaft verarbeitet hat 2020 die deutsch-afghanische Schriftstellerin Mariam Kühsel-Husseini. (O)

 

7. Irreführender Name

Abgebildet und gesucht war hier der Plumpudding. Obwohl er so heißt, enthält ein Plumpudding traditionell keine Pflaumen. Man bezeichnete in England früher auch Rosinen (die hineingehören) und andere Trockenfrüchte als "plum". Der Plumpudding war ursprünglich kein Weihnachtsessen, sondern geht zurück auf ein Gericht namens Plum pottage, das aus zerkleinertem Rindfleisch oder Hammel, Zwiebeln und getrockneten Früchten bestand, angedickt mit Brotkrumen und verfeinert mit Gewürzen und Wein. Pudding bezeichnete in Großbritannien ursprünglich keine Süßspeise, wie es unser deutscher Sprachgebrauch nahelegt, sondern ein Gericht, das in einer Form im kochenden Wasserbad zubereitet oder gedämpft wird. Auch das in einem Schafsmagen gekochte schottische Traditionsgericht mit Herz, Leber, Lunge, Nierenfett vom Schaf ist ein Pudding – genau wie ein deutscher Verwandter: der vom früheren Bundeskanzler Helmut Kohl geliebte pfälzische Saumagen. (N)

 

Teil III

8. Wie offenbart sich Gott?

Der gesuchte, sehr bekannte biblische Satz der Selbstoffenbarung Gottes steht im 2. Buch Mose (Exodus 3,14). Er ertönt aus dem brennenden Dornbusch heraus, als JHWH-Gott den Mose beruft. Was Luther als "Ich werde sein, der ich sein werde" übersetzte, heißt in der "Gute Nachricht Bibel" schlicht "Ich bin da", eine Wendung die auf die auf die jüdischen Religionsphilosophen Martin Buber und Franz Rosenzweig zurückgeht, die die vielschichtige hebräische Form aber auch mit mit "Ich werde dasein, als der ich dasein werde" übersetzten. Am bekanntesten aber dürfte sein, was an dieser Stelle in der Einheitsübersetzung steht: "Ich bin, der ich bin!" (BIN)

וַיֹּ֤אמֶר אֱלֹהִים֙ אֶל־מֹשֶׁ֔ה אֶֽהְיֶ֖ה אֲשֶׁ֣ר אֶֽהְיֶ֑ה

 

9. Das Kreuzworträtsel

Waagerecht: 1 Vermittler (Ermittler) 10 erläutern (Anagramm aus den genannten Buchstaben) 12 Ndjamena (Hauptstadt des Tschad) 16 OB (Tampon) 17 D (Nationalitätszeichen) 18 Sueskanal (Aida-Uraufführung am 24. Dezember 1871 in Kairo, Kreuzfahrtschiff Aida) 21 Été (frz. Sommer und Tanzfigur) 22 Chirurg (von grch. cheir = Hand und -urgos = Macher, Werker) 26 tot (Palindrom) 27 Höcker (Zahl der Höcker bei Trampeltier und Dromedar) 30 SL (das Mercedes-Sportwagenkürzel und das österr. Kfz-Kennzeichen) 31 Tebaldi (Sopranistin Renata, 1922-2004 und Aldi-Märkte) 32 Asa (Abk. Arbeitsschutzausschuss) 33 F (Nationalitätszeichen) 34 in (weibliches Suffix) 35 Ais 37 Tun (Nut- und Federbrett) 39 NT (Abk. für Bücher des Neues Testaments) 40 Taufe (eines von zwei Sakramenten im Protestantismus) 42 sad (engl. traurig) 43 GEZ (heißt heute freundlicherweise "Beitragsservice") 44 Leer (hat 35.000 Einwohner)

Senkrecht: 1 Vendetta (Film "V wie Vendetta"; wer blutig Rache nimmt, schafft Arbeit für Ermittler) 2 Erdstoß 3 RL (Nationalitätszeichen Republik Libanon und Erle) 4 MA (Abk. der genannten Begriffe) 5 i (männl. Artikel im Plural) 6 tue (Abk. und "Tue Gutes...") 7 TT (Fahrzeugtyp und (Nationalitätszeichen) 8 Lea (Fluss und Jakobs Frau in der Bibel) 9 er (Er+le = Erle, siehe 3 senkrecht) 11 Ems (Emser Pastillen und Emser Depesche, 1870 Auslöser des Deutsch-Französischen Kriegs) 13 Jütland (Auswanderung der Angeln nach England) 14 Ächtung ("Alle Achtung" und Papst-Bann, der Reichsacht zur Folge hatte) 15 NAR (Auto-NAR-r; Abk. Nettoanfangsrendite) 16 OA (Abk. und Kfz-Kennzeichen) 19 Kiebitz (Zuschauer beim Kartenspiel) 20 Nu (Zeit verfliegt im Nu) 23 Höfte (Küstensicherung und Gehöfte) 24 red (span. Netz und "red alert") 25 Gris (frz. grau und Maler Juan Gris, 1887-1927) 28 Canal (wobei nur künstliche Kanäle frz. so heißen; Ärmelkanal ist eigentlich La Manche, Meerengen sind détroits) 29 Klaue (Maul- und ...nseuche) 36 IF (von Idrottsföreningen = Sportverein Göteborg 37 TS (Abk. und Kfz-Kennzeichen) 38 UA (Abk. und Kfz-Kennzeichen) 41 Er (nicht sie, aber vielleicht Sie?)

Aus den eingefärbten Feldern ergab sich das Wort "GENAU" zwar nicht unbedingt zwingend (auch "Augen" wäre möglich gewesen), aber als einzige "exakte" Lösung.

 

10. Mund und Nagel

Zur Frage abgebildet war das Foto einer Hand und ein rätselhaftes Zeichen, ähnlich einem Kringel oder einem offenen "O". Beide Bilder stehen für Buchstaben: Die Hand, die aussieht, als würde sie eine Geste für "fein" oder "okay" machen, signalisiert im Fingeralphabet den Buchstaben "F". Mit dem Fingeralphabet lassen sich zusätzlich zur Gebärdensprache einzelne Buchstaben symbolisieren.

Der "Kringel" war der Buchstabe "pe" in der neuhebräischen Schreibschrift. Dort kann der Buchstabe für den Lautwert "F" ebenso stehen wie für "P".

Grundlage nicht nur des hebräischen Alephbets, sondern auch der aramäischen, arabischen, griechischen Alphabete und damit unserer lateinischen sowie der kyrillischen Buchstaben, ist die phönizische Schrift. Sie entstand aus der protosinaitischen Schrift, und diese wiederum war durch die ägyptische Bilderschrift inspiriert. Bei vielen Buchstaben lässt sich noch nachvollziehen, von welchem konkreten "Bildbegriff" sich der Buchstabe herleitet. Aleph beispielsweise (Alpha oder unser A) liegt ein stilisierter Stierkopf (alef = hebr. Rind) zugrunde, Beth (Beta oder unser B) bedeutet im Hebräischen Haus und das Zeichen symbolisierte einen Grundriss, Daleth (Delta oder unser D) steht für die Tür eines Zelts (deleth = hebr. Tür) und so weiter. "Pe" (פה) bedeutet bis heute im Hebräischen "Mund", die Form des Zeichens stilisiert dessen Lippen. Aus dem Buchstaben entstanden das griechische Pi, mathematisches Zeichen der Kreiszahl, und unser P.

Wegen der "Zweideutigkeit" des "pe" musste der gesuchte Buchstabe also der andere, das "F" sein. Welchen Lautwert sein protosinaitischer Vorgänger ursprünglich hatte, weiß man nicht. Aber aus dem Bild eines Hakens, Nagels oder einer Keule wurde das phönizische Waw, das zum Ahnherrn sowohl der lateinischen Buchstaben U, V und W wie auch des griechischen Ypsilons wurde. König Ludwig I. von Bayern (1786-1868), ein großer Fan der griechischen Antike und Kultur, verordnete seinem Königreich 1825 per amtlichem Erlass, dass "Baiern" künftig mit griechischem Ypsilon zu schreiben sei.

Aber wie entstand nun das F? Aus einem heute ausgestorbenen Buchstaben namens digamma, den die Griechen für den Lautwert W ebenfalls aus dem phönizischen Zeichen schufen. Über die Etrusker und mit einer Lautverschiebung wanderte dieses Zeichen als F ins lateinische Alphabet ein. (F)

 

11. Tierisch biblisch

"The search for a scapegoat is the easiest of all hunting expeditions",

soll US-Präsident Dwight D. Eisenhower (1890-1969) gesagt haben. Gesucht war hier also der Sündenbock. In 3. Mose 16 (Leviticus) ist beschrieben, wie der Sündopferbock am Versöhnungstage Jom Kippur mit den Sünden des Volks beladen "zu Asasel in die Wüste geschickt" wird. Dieser Asasel ist ein in der Wüste hausender Bocksdämon, über den sich die Bibel ansonsten ausschweigt. In späteren Traditionen wird der zu einem gefallenen Engel oder mit dem Teufel in Verbindung gebracht. Womöglich wurde Asasel durch den ägyptischen Gott Seth inspiriert. Beide Wesen wären in der Wüste beheimatet und standen für die Mächte des Bösen. (S)

 

Das nächste zu findende "Tier" war der Leviathan, ein Meeresungeheuer von gewaltiger Kraft. Beschrieben wird er mit den Zügen eines Krokodils, eines Drachens, einer Schlange oder eines Wals. Das hebräische Wort liwyatan bedeutet "der sich Windende" – und ist im modernen Hebräisch das Wort für Wal.

"Da ist das Meer, das so groß und weit ist, da wimmelt’s ohne Zahl, große und kleine Tiere. Dort ziehen Schiffe dahin; da ist der Leviatan, den du gemacht hast, damit zu spielen",

heißt es in Psalm 104 (25-26). Doch spielen mit dem Monster – das kann nur Gott, wie das Hiobbuch weiß, wo der Leviathan genauer beschrieben wird (40,25–41,26) Das mythologische Ungeheuer hat den Philosophen und Staatstheoretiker Thomas Hobbes (1588-1679) zum Titel seiner berühmten Schrift Leviathan (1651) angeregt. Darin vergleicht Hobbes die von ihm postulierte Allmacht des Staates mit der Unbezwingbarkeit des biblischen Ungeheuers. Und der berühmte Roman Moby Dick von Herman Melville setzt Leviathan mit dem Wal gleich. (E)

 

Das hebräische Wort für das zuletzt gesuchte Tier ist "Schafan", doch mit Schafen haben die Klippdachse, wie sie Luther nannte, nichts zu tun. Allerdings auch nicht mit Dachsen, weswegen Kundige die korrekte Bezeichnung Klippschliefer bevorzugen. Die zoologisch nächsten Verwandten der Schliefer sind tatsächlich Elefanten und Seekühe. Im Taxon der Paenungulata werden alle drei Ordnungen zusammengefasst. Wiederkäuer sind sie alle nicht.

"Vier sind die Kleinsten auf Erden und doch klüger als die Weisen",

weiß die Bibel (Sprüche 30,24): die fleißigen Ameisen, die Heuschrecken, die keinen König haben und doch die Ordnung halten, die flinken Eidechsen und die Klippdachse – "ein schwaches Volk, dennoch bauen sie ihr Haus in den Felsen". (I)

 

12. Wo David den Goliat erschlug

In dieser Frage ging es um die Terebinthe. Im Heiligen Land kommt diese Pflanze in mehreren Arten vor, beispielsweise als Pistacia atlantica oder Pistacia lentiscus. Die "richtige" Pistazie (Pistacia vera) mit ihren leckeren Früchten ist zwar auch eine Terebinthenart, aber sie war nie natürlich heimisch in Israel, Judäa oder Palästina. Was dort jedoch vorkommt, ist die namensgebende Pistacia terebinthus oder Terpentin-Pistazie mit ihrem ausgeprägten harzigen Geruch. Im Heiligen Land wird sie auch als Pistacia palaestina bezeichnet. Aus ihrem Harz lässt sich Terpentinöl gewinnen. Auch wenn sich aus anderen Arten weit mehr geignetes Harz gewinnen lässt – seinen Namen verdankt das Terpentin der Terebinthe.

Die hebräische Bezeichnung der Terebinthe ist ’elāh (אֵלָה). "Ich breitete meine Zweige aus wie eine Terebinthe, und meine Zweige waren herrlich und schön", heißt es beispielsweise im Sirachbuch (24,16). Oft kommt die ’elāh-Terebinthe bei Luther Eiche daher: "Und der Engel des Herrn kam und setzte sich unter die Eiche bei Ofra..." heißt es beispielsweise in Richter 6,11. Auch Josuas Eiche bei Sichem (24,26) ist eigentlich eine Terebinthe. Das Leben des David-Sohns Absalom endet ebefalls in den Zweigen einer Terebinthe. Auf der Flucht vor seinem Vater bleibt er hilflos mit seinen Haaren in den Zweigen eines solchen Baumes hängen (nicht einer "großen Eiche") und wird schließlich vom judäischen Hauptmann Joab getötet. (2. Samuel 18, 9). Und schließlich ist der "Eichgrund" (Luther), in dem Saul und die Männer Israels sich zum Kampf gegen die Philister sammeln und später David den Goliat erschlägt, ebenfalls in Wahrheit ein Terebinthental (1. Samuel 17,2.9; 1. Samuel 21,10). (TE)

 

13. Mit dem BGB zum Ziel

Abgebildet war ein Foto mit zwei Hobby-Imkern, die mitten in der Großstadt zwei schwärmende Bienenvölker an sich nahmen. Die Imker hatten dafür ein fremdes Privatgrundstück betreten. Dass sie dies dürfen, um sich die Bienenvölker anzueignen, ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ab Paragraf 961 geregelt. Unter der Überschrift "Eigentumsverlust bei Bienenschwärmen" heißt es dort:

"Zieht ein Bienenschwarm aus, so wird er herrenlos, wenn nicht der Eigentümer ihn unverzüglich verfolgt oder wenn der Eigentümer die Verfolgung aufgibt."

Und im folgenden Paragrafen: "Der Eigentümer des Bienenschwarms darf bei der Verfolgung fremde Grundstücke betreten." Dies führte Sie auf Seite 961 des Gesangbuchs und zu dem gesuchten Spruch von Hildegard von Bingen – ebenso, wie wenn Sie von der ersten Frage ("Auf dem Koppelschloss") drei Seiten nach vorne blätterten.

 

Fürs Mitmachen, für Lob und Kritik bedankt sich Rätselmacher Markus Springer. Bis zum nächsten Mal!

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