Herr Söder, Sie sind berufenes Mitglied der bayerischen evangelisches Landessynode. Werden Sie dem Kirchenparlament auch als Ministerpräsident erhalten bleiben?

Markus Söder: Ich habe mich lange mit dem Landesbischof und der Synodalpräsidentin unterhalten und dann haben wir gemeinsam entschieden, dass es besser ist, wenn ich mein Amt als Synodaler niederlege. Dieser Entschluss ist schweren Herzens gefallen. Leider erlauben es meine zeitlichen Verpflichtung kaum mehr, eine ganze Synode von Anfang bis zum Ende zu besuchen. Mein Respekt vor der Arbeit der Synodalen gebietet es, nicht nur einfach Mitglied sein zu wollen, sondern engagiert mitzuarbeiten. Ich habe die Synode immer sehr gerne erlebt. Das war für mich ein Ort der Entschleunigung, der geistigen Erbauung und vieler spannender Diskussionen über den Glauben. Ich schätze die Synode sehr, aber ich glaube, es ist aufgrund der neuen zeitlichen Verpflichtung ehrlicher, wenn man anderen die Chance gibt, im Kirchenparlament mitzuarbeiten.

Sie wären erst der zweite evangelische Ministerpräsident seit 1945. Spielt es eigentlich eine Rolle, welche Konfession ein Ministerpräsident hat?

Söder: Ich denke nicht. Bayern ist ein christlich geprägtes Land. Ob katholisch oder evangelisch - alle bekennen sich zu Jesus Christus. In Zeiten, in denen wir in München oder Nürnberg kaum mehr als 50 Prozent Christen haben, ist es eine überkonfessionelle Aufgabe, Menschen wieder von dem Glauben zu begeistern. Deshalb wünsche ich mir auch einen spirituellen Aufbruch und eine intensivere Diskussion, was das Christentum ausmacht und wie wir wieder mehr Menschen erreichen können.

Sie haben oft betont, wie wichtig Ihnen Ihr evangelisch-lutherischer Glaube ist. Haben Sie einen bestimmten christlichen Wertekompass, nach dem Sie in Ihrer Politik agieren?

Söder: Mir gibt der Glaube Kraft und Halt! In schwierigen Stunden hilft einem Gottvertrauen. Ich finde, die christliche Botschaft ist die modernste der Welt. Nirgendwo anders steht, dass jemand, der nicht der Beste, Schnellste oder Schönste ist, genauso angenommen wird als Mensch. Die christliche Ethik verpflichtet uns, sich um die zu kümmern, denen es nicht so gut geht. Christen zeigen besonderen Respekt für die Würde des Menschen. Deswegen will ich auch die Zahl der Hospiz- und Palliativplätze in Bayern verdoppeln. Zur Würde gehört auch, im Alter mit seiner Familie leben zu können. Deswegen will ich ein Bayerisches Pflegegeld einführen, damit Menschen, die zuhause von den Angehörigen gepflegt werden, in ihren eigenen vier Wänden bleiben können.

 

Evangelische an der Spitze Bayerns

Mit Markus Söder (CSU) bekäme Bayern nach Günther Beckstein (2007-2008) seinen zweiten evangelischen Ministerpräsidenten seit 1945. Doch auch davor standen evangelische Politiker an der Spitze Bayerns:

  • Der evangelische Freiherr Ludwig von der Pfordten (1811-1880) hatte im Königreich Bayern insgesamt zwölf Jahre den Vorsitz im Ministerrat inne. In den Jahren 1919/20 leitete der protestantische Volksschullehrer und SPD-Politiker Johannes Hoffmann (1867-1930) die bayerische Regierung, die nach Niederschlagung der Münchner Räterepublik neu gebildet worden war.
     
  • Nach dem Ersten Weltkrieg war Gustav Ritter von Kahr (1862-1934) in den Jahren 1920/21 Ministerpräsident. Zu Beginn seiner Amtszeit sympathisierte der konservative Jurist mit Hitler und den Nazi-Organisationen. Den Putsch Hitlers im November 1923 ließ von Kahr jedoch niederschlagen. Während der "Röhm-Affäre" wurde von Kahr am 30. Juni 1934 im KZ- Dachau ermordet. Weiterer evangelischer Ministerpräsident war von 1933 bis 1942 der NSDAP-Politiker Ludwig Siebert.
     
  • Nach dem Zweiten Weltkrieg dauerte es dann ganze 62 Jahre, bis es mit dem gebürtigen Hersbrucker und überzeugten Kirchenparlamentarier Günther Beckstein wieder einen evangelischen Landesfürsten gab. 2007 wurde der damalige Ministerpräsident Edmund Stoiber bei einer denkwürdigen CSU-Klausurtagung in Kreuth gestürzt. Beckstein übernahm das Amt des Ministerpräsidenten, trat aber gleich ein Jahr später nach einer für die CSU verheerenden Landtagswahl zurück.