Bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen hat die AfD am gestrigen Sonntag Ergebnisse von jeweils über 30 Prozent erzielt. Das beunruhigt viele Menschen in Deutschland.
Auch die beiden evangelischen Landeskirchen haben inzwischen reagiert. Direkte Kritik an der AfD oder ihren Wähler*innen findet sich darin kaum.
Thüringer Landesbischof: Neue Weg gehen
So erklärt der Landesbischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) Friedrich Kramer in einem Statement zur Wahl in Thüringen, es sei gut, dass die Wahlbeteiligung gestiegen sei. "Das zeigt, dass es vielen Menschen wichtig ist, wie die Gesellschaft gestaltet wird."
Schon jetzt sei klar, dass es nicht einfach sein werde, eine Regierung zu bilden:
"Um eine Mehrheitsfähigkeit zu ermöglichen, braucht es wohl ein ganz neues Nachdenken darüber und wir ermutigen ausdrücklich dazu, neue Wege zu gehen."
Die Kirche werde sich für Verständigung einsetzen und zu mehr Dialog einladen. Dabei dürften auch strittige Themen nicht ausgeklammert werden, Kramer nennt etwa die Aufarbeitung der Corona-Zeit und Friedensfragen. "Dabei sollte es nicht ums Rechthaben gehen, sondern um den offenen Austausch auch mit verschiedenen Ansichten", so der Bischof weiter. Dies zu ermöglichen, sei eine wichtige Aufgabe von Kirche und Diakonie.
Kramer äußert sich auch zur AfD. Allerdings verweist er lediglich auf frühere Äußerungen und bekräftigt, dass man sich weiterhin für ein "weltoffenes und lebendiges" Thüringen einsetzen werde. Friedrich Kramer ist neben seinem Amt als Landesbischof auch Friedensbeauftragter der EKD.
Sächsischer Landesbischof: Neuer Umgang miteinander
Auch der sächsische Landesbischof Tobias Pilz appelliert vor allem an Dialogbereitschaft und Zusammenhalt. Sein Statement zur Wahl in Sachsen hat er gemeinsam mit dem katholischen Bischof Heinrich Timmerevers verfasst.
Wie Kramer lobten auch die beiden Sachsen die "außerordentlich" hohe Wahlbeteiligung: "Das zeigt das große Interesse an politischer Mitbestimmung und gesellschaftlicher Gestaltung."
Den neu gewählten sächsischen Landtag bezeichnen sie als "so bunt wie nie zuvor", merken aber auch kritisch an, dass "die Ränder" stärker geworden seien. Dennoch spiegele er "die Vielfalt der sächsischen Gesellschaft" wider.
Außerdem werben Bilz und Timmerevers für einen "neuen Umgang miteinander":
"Sowohl in der Politik als auch in der Zivilgesellschaft ermutigen wir dazu, sich selbst einzubringen, unterschiedliche Positionen auszuhalten und konstruktive Lösungen zu suchen."
Die Kirchen, so versprechen sie, werden die sächsische Politik "im Gebet und mit unseren Möglichkeiten" unterstützen.
Erst ganz am Schluss folgt ein Appell gegen "Menschenfeindlichkeit sowie extremistisches und nationalistisches Gedankengut". Stattdessen sollten der Geist der Nächstenliebe, der Schutz der Menschenwürde und die Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts die Richtschnur sein.
Brandenburger Landesbischof: Das Land bebt
Auch der Bischof der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Christian Stäblein, hat sich zum starken Abschneiden der AfD bei den Wahlen in Sachsen und Thüringen geäußert. Er zeigte sich in seinem Statement erschüttert und besorgt:
"Das Land bebt und es wäre falsch und fahrlässig, darüber leichtfertig hinweg zu gehen."
Als Demokrat bereite es ihm ungeheure Sorgen, "wie viel Zustimmung eine Partei erhält, die offen die Demokratie aushöhlen und unterlaufen will".
Stäblein erklärte weiter, es gehe darum "zu fragen und zu hören, was den Menschen fehlt, die AfD wählen, und wie wir menschenfreundlich, achtsam und respektvoll miteinander leben – in einer offenen, liberalen Gesellschaft". Kirchen seien die richtigen Räume, um zuzuhören und ins Gespräch zu kommen, um "leidenschaftlich zu debattieren" und um klar Position zu beziehen.
In Brandenburg stehen am 22. September ebenfalls Landtagswahlen an, Umfragen sehen die AfD als stärkste Kraft bei 24 Prozent. Mit Blick auf diese Wahlen sagte Stäblein:
"Ich denke und hoffe, dass sich das offene, menschenfreundliche, zutiefst demokratische Gesicht Brandenburgs zeigt."
Niemand müsse rechtsextremistisch wählen, um Protest zum Ausdruck zu bringen. "Das demokratische Angebot ist vielfältig und breit", sagte Stäblein. Untersuchungen legen allerdings nahe, dass längst nicht alle AfD-Wähler*innen nur aus Protest für die Partei stimmen. Stäblein ist neben seinem Amt als Landesbischof auch Flüchtlingsbeauftragter der EKD.
Evangelische Jugend Bayern: An Sicherung der Grundwerte arbeiten
Aus Bayern gibt es ein Statement der Evangelischen Jugend, das Benedikt Kalenberg, Mitglied der Landesjugendkammer der EJB, uns gab. "Wir als evangelische Jugend in Bayern sind bestürzt über die Wahlergebnisse in Thüringen und Sachsen", schreibt Kalenberg.
"Wir distanzieren uns entschieden von der AfD und ihren menschenverachtenden Ansichten."
Obwohl die Partei in beiden Bundesländern als gesichert rechtsextrem gelte, habe sie jeweils über 30 Prozent im Landtag bekommen. Eine Partei, die so hasserfüllt und menschenfeindlich agiere, sei mit dem christlichen Glauben und den Werten der evangelischen Jugend in Bayern nicht vereinbar.
"Erschreckend ist ebenfalls das Wahlergebnis der jungen Menschen", hebt Kalenberg hervor. Auch bei den 18-24-Jährigen liege die AfD sowohl in Thüringen als auch in Sachsen vorne. Diese Entwicklung zeige, wie wichtig gut konzipierte Jugendarbeit gerade im Bereich der Demokratiebildung sei.
"Wir müssen zusammen an der Sicherung unserer Grundwerte arbeiten und Demokratiebildung von jungen Menschen fördern." Eine weltoffene Zukunft für Kinder und Jugendliche sei nur mit einer demokratischen und menschenfreundlichen Regierung möglich.
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Landesbischof Kramer (EKM) :…
Landesbischof Kramer (EKM) :" Um eine Mehrheitsfähigkeit zu ermöglichen, braucht es wohl ein ganz neues Nachdenken darüber und wir ermutigen ausdrücklich dazu, neue Wege zu gehen." Noch so ein paar Ermutigungen von höchster evangelischer Stelle wie auch von der stellv. Chefredakteurin des Spiegel und ich trete ganz einfach aus der Kirche aus. Mein Mut zum Austritt aus der Kirche steigt angesichts der zunehmenden Ermutigungen zu eigentlich welchen konkreten Wegen. Muss ich erst die JUNGLE WORLD Zeitung kaufen, um zu erfahren, dass der mögliche Ministerpräsidentenkandidat der CDU am ersten Arbeitstag sofort die Erstaufnahmeeinrichtung in Suhl schließen will - das verkündete derselbe gemeinsam mit Söder unter brausendem Beifall der Zuhörer. Und warum habe ich darüber bisher in keinem anderen Medium etwas wahrnehmen dürfen? Was wirklich nötig wäre, wäre eine umfassende Analyse der Medien und der journalistischen Elite in DLF, ARD und ZDF und der ZEIT, dem Spiegel usw . Wie kommt es, dass diese gesamte unsere Wahrnehmung bestimmende Schicht sich aus der Sebstkritik heraus nimmt. Selbst dem bisher sich um Neutralität bemühenden Politik-Professor aus Duisburg rutscht jetzt seine CDU-Sympathie raus. Er ermutigt die CDU vor maximalstem ZDF-Publikum zu einer Bindung mit der BSW. Und bei diesem Herrn Korte darf man eine genaueste Kenntnis der Wagenknechttruppe voraussetzen