Seit Januar 2017 ist Lisa Weniger Pfarrerin in Reichenschwand. Und nicht nur physisch gut angekommen, sondern auch mental. Rund 1400 Christen betreut sie in der etwa 2400 Einwohner großen Gemeinde, darunter viele junge Familien, in dem idyllischen Fleck im Nürnberger "Speckgürtel". Da liegt es auf der Hand, dass es auch entsprechende Angebote gibt.

Und da die Nachfahren des schwäbischen Adelsgeschlechts derer von Furtenbach, die zu Beginn des 18. Jahrhunderts den Umbau der aus einer Kapelle des Reichenschwandner Schlosses hervorgegangenen Kirche finanzierten, ihre Fürstenloge auf der Empore seit etwa 100 Jahren nicht mehr für sich beanspruchen, dürfen mittlerweile Kinder im Schatten der wuchtig-bunten Totenschilde mit den Wappen der Kirchenahnen während des Gottesdienstes dort malen, lesen oder einfach auf dem Sofa lümmeln. "Das ist für Kinder und Eltern entspannter. Und beide kriegen immer noch genug vom Gottesdienst mit", meint Lisa Weniger.

Schaurige Patronen-Geschichte

So wird auch der Nachwuchs eines Tages mal etwa mehr mit den historischen Fakten über die Kirche im Heimat- und Sachkundeunterricht anfangen können. Die alte Schlosskapelle war St. Willibald gewidmet worden, an anderer Stelle wird auch die Heilige Afra als Patronin der Reichenschwander Kirche erwähnt. Ihren gängigen Namen hat sie allerdings seit den frühen Reformationsjahren von Bonaventura Furtenbach erhalten, der um 1531 Reichenschwand erwarb und die Kirche neu bauen und den Kirchturm errichten ließ.

Der heilige Alban von Mainz war ein Missionar, dem der Legende nach im Jahr 406 von Vandalen getötet wurde. Angeblich sei er anschließend noch einmal erschienen und habe mit seinem Kopf unterm Arm sich ins Grab gelegt. "Eine auch heute noch irre Geschichte, die sicherlich dazu beiträgt, dass man unsere Kirche heute in erster Linie mit ihm als Patron in Verbindung bringt", weiß Brigitte Liwanetz, altgediente Vertrauensfrau im Kirchenvorstand.

Nicht weniger kurios ist auch die Liste der Themen, bei denen der vor allem in Mainz, Ober- und Niederbayern verehrte Heilige angerufen werden kann. So ist Alban unter anderem Schutzpatron der Bauern, soll aber auch gegen Unwetter, Hals- und Kopfschmerzen bis hin zu Harnwegserkrankungen der Mann für alle Fälle sein.

Vorleser gesucht

Das aktuelle und weibliche Pendant in Reichenschwand ist derzeit natürlich Lisa Weniger, die das Leben als "klassische Dorfpfarrerin" mit allen Kasualien, Gottesdiensten und Unterrichtseinheiten genießt, wie sie sagt. Und sie freut sich, dass sich zum Bibelmarathon, der am 18. April beginnt und währenddessen bis zum 22. April die gesamte Bibel von unterschiedlichen Teilnehmern rund um die Uhr in halbstündigen Einheiten vorgelesen werden soll, so viele Leser angemeldet haben. Darunter sogar Landrat und Bürgermeister, aber auch Mitchristen der katholischen Gemeinde. Die evangelische Jugendgruppe hat sich bereit erklärt, die Nachtschichten zu übernehmen. Ein paar Vorleser werden noch gesucht.


Das waren natürlich nicht alle Jubiläumsveranstaltungen. Da wären noch ein Festgottesdienst am Pfingstsonntag, ein Jubiläumskonzert am 24. Juni, der besondere Gottesdienst "Kirche Grünen" am 1. Juli mit Regionalbischof Stefan Ark Nitsche der Kirchweih-Festgottesdienst am 22. Juli und das Weihnachtskonzert am 30. Dezember. "Wir hoffen natürlich, dass vom Jubiläumsjahr mit seinen Aktionen etwas in den Köpfen der Reichenschwander hängen bleibt", sind sich Weniger und Liwanetz einig. Idealerweise etwas mehr, als die Sache mit dem Kopf des Schutzpatrons.