Noch stehen die Umzugskartons ungeöffnet und gestapelt im Amtszimmer, weil das Pfarramts- und das Dekanatsbüro im Erdgeschoss eventuell in ein paar Wochen wegen der anstehenden Sanierung ausziehen müssen. Tobias Schäfer, seine Frau Tanja und die beiden Kinder Johann (10) und Martha (8) haben bereits die Interimswohnung am Marktplatz in Hersbruck bezogen und werden wahrscheinlich ein Jahr dort bleiben, bis die Dekanswohnung im Obergeschoss und vermutlich auch der Amtsbereich im Erdgeschoss energetisch saniert sind.

Im geräumigen Garten des Dekanatsgebäudes werden dann neben seinem als "Dienstfahrzeug" gerne genutzten Elektroquad Renault Twizy auch die Bienen des Hobby-Imkers zu finden sein.

Erlebt hat der Sohn eines Pfarrers und einer Religionspädagogin schon viel, was ihn für die anstehenden Aufgaben als Dekan für 30 Kirchengemeinden mit rund 37.000 Gemeindegliedern auszeichnet. Da war die Schulzeit auf dem Internat in Windsbach, wo Schäfer zwar nicht dem Knabenchor beitrat, aber bald seine Liebe zur Musik entdeckte.

Zuerst war es die Blockflöte, zwischendurch auch mal die Gitarre, vor allem aber die Geige, mit der er es bereits im Alter von 14 Jahren zum Ansbacher Kammerorchester brachte und regelmäßig die großen Oratorien oder Passionskonzerte begleitete.

Biografie des neuen Hersbrucker Dekans Tobias Schäfer

Ab 1994 wehte dann eine andere Bühnenluft: Er stieg bei der Irish-Folk-Rockgruppe "Fiddler's Green" ein, die zu dieser Zeit weit über 100 Termine pro Jahr in Deutschland und dem Ausland spielte. Ein Jahr später startete Tobias Schäfer sein Studium der evangelischen Theologie in Erlangen. "Diese zwei Welten hab ich immer gebraucht", erinnert er sich an diese Jahre, in denen vorwiegend am Wochenende der Rock 'n' Roll, unter der Woche die Vorlesungen im Vordergrund standen.

"In diesen Jahren habe ich viele spannende Gespräche geführt, wenn mich beispielsweise Konzertbesucher oder Fans danach gefragt haben, was ich sonst so mache. Diese Erfahrungen an der Basis möchte ich nicht missen", erinnert sich Schäfer an diese teils wilden, aber auch lehrreichen Jahre.

Denen sollte im Anschluss noch eine absolut im Kontrast dazu stehende, aber nicht minder spannende Phase folgen: Mithilfe eines Stipendiums ging es für ein Jahr nach Oslo an eine kirchliche Hochschule, dazu ein paar Wochen in eine kirchliche Landgemeinde Norwegens. Dort lernte Schäfer von der Pike auf, was es heißt, Pfarrer zu sein, fuhr zu Trauerfeiern mit dem Schiff auf Inseln oder Hunderte Kilometer zu den nächsten zur Pfarrei gehörenden Häusern.

"Mein Lehrpfarrer hat damals gesagt, das Handwerkszeug hast du, für den Rest vertrau auf den Heiligen Geist", beschreibt Schäfer diesen Sprung ins kalte Wasser, der ihn geerdet habe. Im Anschluss ging es dann ans Examen, 2005 war diese letzte Phase zum Beruf abgeschlossen.

2007 trat der 1974 in Neuendettelsau geborene Schäfer nach dem Vikariat in Winkelhaid bei Altdorf seine erste richtige Pfarrstelle in Sulzkirchen im Dekanat Neumarkt mit rund 1.500 Gemeindegliedern an. Dort blieb die Familie bis vor wenigen Wochen, Tobias Schäfer war bis zuletzt stellvertretender Dekan im Dekanatsbezirks Neumarkt.

Wie Schäfer sein neues Amt sieht

Warum er sich nach Hersbruck als Nachfolger von Werner Thiessen beworben hat, beschreibt Schäfer mit einem Vergleich aus der Orchesterzeit: Dort habe er in der zweiten Geigenstimme angefangen und später dann auch mal in der ersten Stimme gespielt. Nun fühle er sich bereit, die Verantwortung des Konzertmeisters zu übernehmen.

"Der Konzertmeister ist nicht automatisch der beste Musiker, aber er trägt die Verantwortung für das Zusammenspiel der verschiedenen Musiker in ihren einzelnen Stimmen und auch dafür, dass das Konzert gelingt. So stelle ich mir in etwa auch meine Rolle als Dekan in der Zusammenarbeit mit den Kollegen künftig vor."

Zudem habe er nach wie vor Verwandtschaft im Pegnitztal und kenne die Arbeit vor Ort nicht zuletzt bereits aufgrund der jahrelangen Verflechtungen der Nachbardekanate Neumarkt und Altdorf in Sachen Verwaltung, Diakonie oder der Bildungs- und Jugendarbeit, die er nicht zuletzt als jahrelanger Dekanatsjugendpfarrer von Neumarkt selbst miterlebt hat.

Lange war Schäfer zudem auf Landesebene in der Evangelischen Jugendarbeit als Mitglied des Thementeams der Hauptberuflichenkonferenz engagiert und ist Mitglied der Prüfungskommission für das zweite theologische Examen der bayerischen Landeskirche.

Amtseinführung des neuen Hersbrucker Dekans

Die Amtseinführung in der Stadtkirche Hersbruck mit Regionalbischof Stefan Ark Nitsche findet am Sonntag, 15. September, 15 Uhr statt.