Die Segen.Servicestelle für Taufe, Trauung, Bestattung & mehr ist ein kostenloses Angebot der bayerischen Landeskirche. Sie soll helfen, kirchliche Ansprechpartner*innen und Orte für lebensverändernde Wendepunkte im Leben zu finden. Sie sieht sich dabei als Dienstleister nach außen und innen: zum einen etwa für Hochzeitspaare oder Weddingplaner, die auf der Suche nach geeigneten Kirchen oder Pfarrern sind, zum anderen für die eigenen Pfarrpersonen.

Derzeit ist die Servicestelle verstärkt auf Hochzeitsmessen unterwegs. Pfarrer Karsten Schaller von der Servicestelle erklärt im Sonntagsblatt-Gespräch, warum das wichtig ist, auf welche Reaktionen er und seine Kolleg*innen dabei treffen und welche Vorurteile gegenüber der Kirche es zu überwinden gilt.

Die Segen.Servicestelle gibt es in München seit Februar 2020. Ihr Start fiel also genau in den Beginn der Corona-Pandemie. Wie hat sich das ausgewirkt?

Karsten Schaller: Das war natürlich eine große Einschränkung, so wie für uns alle. Aber wir haben die Zeit anders genutzt, haben eher konzeptionell gearbeitet und viel Hintergrundarbeit gemacht. Wir haben aber auch Kontakte geknüpft und ein gutes Netzwerk aufgebaut.

Und davon zehren sie jetzt noch?

Schaller: (lacht) Auch das, genau.

In den letzten Wochen sind Sie viel auf Hochzeitsmessen unterwegs, oder?

Schaller: Genau das gehört ganz wesentlich zu unseren Aufgaben: Die Kirche auf den Hochzeits-, aber auch auf den Baby-Messen präsent zu halten. Die Baby-Welt ist leider wegen Corona dieses Jahr wieder ausgefallen, weil es doch zu riskant ist. Aber Hochzeitmessen gehen gerade ganz gut. Wir waren jetzt in Rosenheim, Landshut, Regensburg, und ganz groß in München und in Nürnberg.

"Die Leute freuen sich schon sehr."

Wie reagieren die Menschen dort auf Ihr Angebot?

Schaller: Die Leute freuen sich schon sehr. Wenn ich an die Paare in Regensburg oder Landshut denke: Ganz großartig. Das waren sehr intensive Gespräche. Die Brautpaare sind ja alle so zwischen Mitte 20 und Mitte 30. Das ist eine echte Chance, mit dieser Generation ins Gespräch zu kommen.

Und was machen Sie so am Stand?

Schaller: In Nürnberg gab es bei meinen Kolleginnen zum Beispiel ein Trauspruch-Voting. Das kam sehr gut an. In anderen Städten haben wir Segenskarten verteilt und gemerkt, wie viel Sehnsucht es nach Segen gibt. In München ist es nochmal etwas anders als in kleineren Städten, aber es ist unheimlich gut, als Kirche da präsent zu sein.

Inwiefern anders? Haben die Paare in den Großstädten mehr Informationsbedarf, weil sie weniger Bezug zu ihrer Gemeinde oder Kirche allgemein haben?

Schaller: Ich habe schon gemerkt, dass es in einer Großstadt wie München viele gibt, die mit Kirche gar nichts anfangen können. Für die ist es fast befremdlich, dass wir als Kirche da sind. Aber trotzdem haben wir viele Rückmeldungen bekommen: Toll, dass ihr da seid. Auch von Leuten, für die das erstmal fremd war, die aber durch unseren Stand darauf kamen, sogar ihr Kind taufen zu lassen. Es ist ganz wichtig, dass wir auf diese Weise auch die Narrative über Kirche verändern.

"So konnten wir einige solcher Trauungen für die Kirche gewinnen."

Was meinen Sie damit konkret?

Schaller: Zum Beispiel: Viele gehen davon aus, dass wir als evangelische Kirche nicht in Locations mitgehen. Gerade wegen Corona ist der neue Trend, die Hochzeit im Freien zu machen. Und das verbinden ganz viele nicht mit uns als Kirche. Die denken: Dann muss man halt einen freien Redner nehmen. Und da sagen wir: Halt, stopp! Da gehen wir als Kirche selbstverständlich mit! So konnten wir einige solcher Trauungen für die Kirche gewinnen.

Das klingt, als ob viele Leute falsche Vorstellungen von der Kirche haben.

Schaller: Absolut. Es kursieren ganz viele Falschinformationen über Kirche. Und da ist so eine Messe eine Chance, das zu verändern, und die Kirche auch Menschen zu zeigen. Dadurch, dass wir auf den Messen sind, gehen wir dorthin, wo die Menschen sind.

"Man ist ja wirklich ein Teil von einem riesigen Markt, auf dem sich Kirche auch behaupten muss."

Anstatt nur zu warten, bis die Leute von selber kommen, sollte Kirche also besser aktiv werden?

Schaller: Genau. Dieses Warten funktioniert vielleicht noch im ländlichen Bereich, aber im städtischen Bereich überhaupt nicht mehr. Da muss man hingehen, wo die Menschen sind und sich dort präsent zeigen. Dann entstehen fantastische Gespräche, das ist sehr schön. Übrigens auch nicht nur mit den Paaren.

Sondern?

Schaller: Auch zu vielen Dienstleistern entstehen dadurch wunderbare Kontakte. Und sie erden mich auch als Kirchenvertreter ein bisschen, weil ich merke, ich bin nicht der einzige Player, was Hochzeiten angeht. Man ist ja wirklich ein Teil von einem riesigen Markt, auf dem sich Kirche auch behaupten muss. Aber das Zusammenwirken mit verschiedenen Dienstleistern ist dabei auch total genial. Wenn jetzt Hochzeitsplanerinnen zum Beispiel anfangen, für Kirche zu werben oder sagen: Frag doch mal die Pfarrer, die kommen auch mit in Locations und machen für euch dort die Trauung. Da entsteht so ein Miteinander und das ist großartig.

Was raten Sie denn heiratswilligen Paaren für nächstes Jahr? Kann man schon wieder seriös planen für den Sommer oder ist das noch schwierig im Moment?

Schaller: Ich habe natürlich keine prophetischen Fähigkeiten. (lacht) Aber ich habe den Eindruck, dass viele schon für 2023 planen. Ich würde den Rat geben: Plant eure Hochzeit erst mal. Alles Weitere sehen wir dann. Was auch wichtig ist: Wenn ihr die Hochzeit schon mehrfach verschieben musstet und inzwischen ein Kind bekommen habt: Ihr könnt auch dann noch ohne Weiteres bei uns die Hochzeit feiern. Als Kirche freuen wir uns auf euch!