Hund Kopol räkelt sich vor der "gestalteten Mitte" im Stuhlkreis vor dem Altarraum der Kirche. Seit sechs Jahren begleitet er sein Frauchen Sanaz Pooladvand mit zum Friedensgebet, die damals mit ihrem Mann nach der Flucht vor Krieg und Verfolgung aus dem Iran nach Roth kam. "Wir haben unseren Sohn in dieser Runde taufen lassen", erklärt die konvertierte Christin, die mittlerweile gut Deutsch mit bestem fränkischen Akzent spricht.

Neben ihr sitzen unter anderem Pfarrerin Elisabeth Düfel, die vor drei Jahren der Gemeinde in dieser Runde vorgestellt wurde, und einige der Frauen aus der Gründungszeit der Friedensgebets-Gruppe – zum Beispiel Initiatorin Doris Honig und Gisela Gruhl, die heute laut "Dienstplan" die rund halbstündige Andacht gestaltet. Etwa ein halbes Jahr im Voraus wird geplant, wer dran ist.

"Allerorts haben wir damals gehört, man könne ja nichts machen gegen den Krieg auf dem Balkan. Dann haben wir gesagt, doch: wenigstens beten", erinnert sie sich an die Zeit Mitte der 1990er-Jahre, als in Roth erstmals Menschen zusammenkamen, um ihren Traum von einer Welt ohne Krieg gemeinsam in einem Gottesdienst ein bisschen wahr werden zu lassen.

Erste Friedensgebete in Nürnberg

Damit waren die Rother freilich nicht die Ersten. Die Form hat hierzulande ihren Ursprung in den Montagsgebeten der damaligen DDR, die ab den frühen 1980er-Jahren mitverantwortlich für den politischen und gesellschaftlichen Umschwung waren. 1989 wurde das erste Friedensgebet in der Region in St. Martha in Nürnberg gehalten.

Was die Rother Gebetsstunde aber sicherlich zu einer besonderen macht, ist der Ablauf nach einer festen Liturgie und die von Alter, Herkunft und Religion bunt gemischte Zusammensetzung der Organisatoren. Hier sitzen hauptamtliche evangelische Geistliche neben katholischen Mitchristen, Konvertiten oder auch Evangelikalen. "Nirgendwo anders kann man so niederschwellig lernen, wie andere beten und wie sie ihren Glauben ausdrücken", meint Doris Honig.

Gisela Gruhl hat sich einige Gedanken zu Antoine de Saint-Exupérys Satz "Man sieht nur mit dem Herzen gut" gemacht und diesen umgedeutet. "Hören ist nämlich genauso wichtig – aufeinander hören, dem anderen zuhören", sagt sie. Dazu hat sie ein Modell eines menschlichen Ohres mitgebracht, das neben einem Bild von Ernst Barlachs "Schwebendem Engel" aus dem Güstrower Dom steht, ein Mahnmal für die im Ersten Weltkrieg Gefallenen. Nach einer kurzen Meditation wird ein Kanon gesungen, einer hat eine Gitarre mitgebracht.

"Wir haben schon so vieles gemacht. Pantomime, Filme gezeigt, um in den Dialog mit Gott und miteinander zu kommen, ist nahezu jedes Mittel recht", sagt Doris Honig. Mit dabei ist auch immer ein Holzkreuz vom Jugendaltar, das Jesus zeigt, der sein Kreuz spielend zu schultern scheint. Eine Darstellung, die Mut macht.

Spricht die Jugend an

Auch die Jugend ist mit dabei. Paul Krauß ist mit seinen gerade mal 18 Jahren eben in den Kirchenvorstand gewählt worden, nimmt seit der Konfirmandenzeit am Friedensgebet teil und sorgt als aktiver Jugendmitarbeiter dafür, dass gerade bei den jungen Rothern das Interesse an der Mitgestaltung eines Gottesdiensts wach wird. "Friede ist ein Thema, das jeden angeht, und ein Begriff, der immer wieder neu gedeutet werden kann", sagt Krauß.

Dieses freitägliche "Schalom" sei ein Herzstück des Gemeindelebens, das die Rother miteinander verbindet.