Beziehungsstatus "kompliziert": So würde man in sozialen Netzwerken wohl das Dienstverhältnis zwischen Christian Parchent und der bayerischen Landeskirche betiteln. Der evangelische Theologe aus Oberfranken eckt seit Jahren immer wieder bei seinem Wunsch-Arbeitgeber an - und klagt inzwischen gegen ihn.
Denn die Kirche hat Parchent während seines Probedienstes als Pfarrer die Entlassung ausgesprochen. Nun sammelt er im Netz für eine Revisionsklage Spenden, denn in erster Instanz hat der junge Vater vor dem Kirchengericht bereits verloren.
Auf einer Fundraising-Plattform im Internet schildert Parchent den Fall aus seiner Sicht. Er sei "begeisterter und - anhand der Rückmeldungen - begeisternder evangelischer Pfarrer" in einer oberfränkischen Gemeinde gewesen. Er habe "tatsächlich viel Neues gewagt" und angesichts der Rückmeldungen gemerkt: "Kirche kann sogar Spaß machen." Dann sei er "sehr unerwartet Papa" geworden. Die Landeskirche habe ihn daraufhin zu Gesprächen eingeladen, denn unverheiratet mit einer Frau zusammenzuleben und Kinder zu haben, das sei mit dem Pfarrberuf nicht vereinbar.
Parchent verliert in erster Instanz
Der 33-jährige Parchent schreibt, er wurde von der Landeskirche aufgefordert zu erklären, wie er sich "angesichts dieser Situation einen Weg zur Eheschließung denken könne". Ein Blick in Paragraf 3 Absatz 2 des Pfarrdienstgesetzes zeigt, dass Pfarrpersonen verpflichtet sind, "sich in ihrer Amts- und Lebensführung so zu verhalten, dass die glaubwürdige Ausübung des Amtes nicht beeinträchtigt wird". Konkret heißt das nach geltendem Dienstrecht: Es wird ein Gespräch über das Eheverständnis geführt. Nach wie vor ist die Eheschließung bei Pfarrpersonen üblich und erwünscht.
Parchent, der zunächst auf eine Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) nur schriftlich reagieren wollte und dann schließlich auf seinen Erlanger Anwalt Michael Dreßler verwiesen hat, schreibt in seinem Spenden-Aufruf weiter: "Noch während der Elternzeit für meinen Sohn sprach man mir eine Kündigung aus." In der folgenden Schilderung des Geschehens erweckt Parchent den Eindruck, als sei das ein Rechtsverstoß. Und er beklagt sich auf der Spenden-Seite, er habe nicht vor ein staatliches Arbeitsgericht ziehen können, weil "die Kirche ihre eigenen Gerichte unterhält".
Juristisch sieht es aber anders aus: Parchent hat in erster Instanz verloren, das kirchliche Verwaltungsgericht hält die während der Elternzeit ausgesprochene Entlassung aus dem Probedienstverhältnis für rechtmäßig – schließlich ist sie auf einen Zeitpunkt nach Ende der Elternzeit datiert.
Offiziell will sich die Landeskirche zu dem Verfahren nicht äußern, denn das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Dass Parchent von einer Kündigung spricht, ist kirchenrechtlich betrachtet nach epd-Recherchen nicht zutreffend – vielmehr sollte er nach seinem Probedienst nicht übernommen werden.
Nicht der erste Konflikt mit der Landeskirche
Der Probedienst schließt sich in der Landeskirche ans Vikariat an, der praktischen Ausbildung nach dem Studium. "In den drei Jahren des Probedienstes soll die Fähigkeit zur selbstständigen und eigenverantwortlichen Ausübung des Pfarrdienstes festgestellt werden", schreibt die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern auf der Internetseite "Pfarrer in Bayern". Dass jemand nach diesen drei Jahren nicht übernommen wird, ist zwar selten, kommt aber immer mal vor und ist Teil des Auswahlprozesses - so wie die Probezeit in einem gewöhnlichen Angestelltenverhältnis.
Parchent trägt aber nicht zum ersten Mal einen Konflikt mit den Regeln der Landeskirche aus. Im Jahr 2020 musste er als Vikar seinen Talar bereits vorübergehend an den Nagel hängen - denn er kandidierte als Parteiloser für die CSU als Bürgermeister in seiner Heimatgemeinde nahe Bayreuth. Damals schloss er sich der kirchlichen Richtlinie an, dass sich "Pfarrdienst und Gemeinderat" ausschließen. So richtig glücklich mit diesem Ausschluss-Kriterium zeigte er sich im epd-Gespräch damals nicht. Als er nicht gewählt wurde, kehrte er in den Dienst der Landeskirche zurück.
Parchent will nun Revision vor dem Kirchengericht der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) einreichen. Dafür fehlt ihm aber offenbar das Geld. Deshalb hat er die Spendenaktion im Internet gestartet. Das Spendenziel lag zuletzt bei 3.500 Euro, mehr als 2.700 Euro hat er bereits beisammen. Weshalb er nach all den - aus seiner Sicht - negativen Erfahrungen überhaupt zurück in den Kirchendienst will, darauf antwortet Parchent nicht. Auch die Frage, welchen Anteil seine Auffassung vom Kirchendienst an dem Konflikt hat, lässt er unbeantwortet.
Parchents Erlanger Anwalt hat auf mehrmalige schriftliche und telefonische epd-Anfrage ebenfalls nicht reagiert.
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Das ist schon fraglich alles…
Das ist schon fraglich alles.
Die Kirche kann es sich leisten auf so einen Pfarrer zu verzichten?
Es gibt auch doch viele Pfarrer oder Pfarrerinnen die geschieden sind und wieder neue Partner haben ohne Ehe ist das auch verboten oder ist es da egal?
Nun, von außen kann man…
Nun, von außen kann man wenig dazu sagen, da nicht alle Details und Beweggründe bekannt sind. Dass jemand bei einem laufenden Verfahren aber keine Interviews gibt, spricht eher für die Klugheit des Betroffenen. Außerdem ergibt sich eine gewisse Inkonsistenz in der kirchlichen Argumentation: Da segnet man einerseits alle möglichen Arten menschlicher Partnerschaft mit dem Argument, dass die Ehe ein "weltlich Ding sei" und es auf die Liebe und Solisarität unter den Menschen ankomme. Nun versucht man aber doch wieder ins Schlafzimmer zu regieren und bemisst die Gültigkeit der Partnerschaft an der formalen Ehe. Sollte nicht eher die gelebte Fürsorge und Zuneigung das Kriterium sein? Und ist es im 21. Jahrhundert wirklich ein Problem, wenn Pfarrer auch ein Privatleben haben solange sie ihre Arbeit gut machen und niemand etwas zu leide tun? Die Trennung von politischen Ämtern und Verkündigung halte ich dagegen für sehr wünschenswert. Aktivisten, die ihre Auffassung quasireligiös überhöhen gibt es schon mehr als genug außerhalb der Kirche. Interessenkonflikte und Glaubwürdigkeitsverlust sind eine Folge solchen Handelns.
„Nun versucht man aber doch…
„Nun versucht man aber doch wieder ins Schlafzimmer zu regieren“ - dass diese Zeiten noch nicht vorüber sind, erschreckt mich. Ja, „die Ehe ist ein weltlich Ding“, und der Landeskirche ist zu diesem Kollegen eigentlich nur zu gratulieren: Schön, dass er mitarbeiten will! Herzlich willkommen!