Der Pfarrer an der Dachauer Versöhnungskirche, Björn Mensing, hat die bayerische evangelische Landeskirche für ihre Haltung während des NS-Regimes kritisiert. Anlass war eine Gedenkfeier in der Anstaltskirche der JVA Landsberg, von wo aus am 22. März 1933 die ersten politischen Gegner von den Nationalsozialisten ins Konzentrationslager Dachau verschleppt worden waren.

Es sei beschämend, dass die Kirche nicht für die vom NS-Regime Verfolgten eingetreten sei, "obwohl die Kirchenleitungen durch ihre Gefängnis- und Krankenhausseelsorger früh vom brutalen Terror" der Nazis erfahren hätten, teilte Mensing am Donnerstag mit.

Auch nach Ende des NS-Terrors Fürsprecher

Besonders schlimm sei, dass es in der Kirche auch Jahre nach Ende des NS-Terrors und des Zweiten Weltkrieges Fürsprecher und Verteidiger gegeben habe. In der Anstaltskirche der JVA Landsberg habe es am 10. Juni 1951 - drei Tage nach den letzten Hinrichtungen von NS-Tätern - einen "beschämenden evangelischen Gottesdienst" gegeben, sagte Mensing bei der Gedenkfeier.

Der damalige Gefängnispfarrer habe die NS-Täter als "Brüder" bezeichnet, die "zu gemeinen Verbrechern abgestempelt" worden seien. Wohl selten seien die Opfer des Nationalsozialismus in einem Gottesdienst mehr beleidigt worden, sagte Mensing.

Kirchenleiter verteidigten Einrichtung von KZs

Kurz nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten verteidigten Kirchenleiter sogar die Einrichtung der Konzentrationslager, erläuterte Mensing. So sei im Mai 1933 im "Evangelischen Gemeindeblatt für München" ein Beitrag erschienen, in dem stand: "Denn viele von denen, die im Konzentrationslager sind, hatten nichts Gutes vor."

Man freue sich, "dass die Häftlinge menschlich behandelt werden" und dass "nicht Strafe, sondern Erziehung und Gesinnungswandel" der Sinn der KZ sei. Es sei bei solchen Äußerungen "nicht verwunderlich", dass die Kirche als Ganzes nicht gegen das NS-Regime aufgestanden sei.

Erstmals hatte am Mittwoch in der Anstaltskirche der JVA Landsberg ein öffentliches Gedenken an die ersten ins KZ Dachau verschleppten Häftlinge stattgefunden. Man wollte damit an die NS-Verfolgten und an den Beginn des Lagerterrors erinnern, teilte die Versöhnungskirche in der KZ-Gedenkstätte Dachau mit.

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