Früher hat Kirche einfach funktioniert. Es gab eine Veranstaltung, die Leute kamen. Zum Beispiel zum Sonntagsgottesdienst. Doch heute ist das anders. Gerade in der Jugendarbeit. Die Kinder und Jugendlichen kommen nicht mehr einfach so - die kirchlichen Angebote stehen in großer Konkurrenz zu Sportvereinen, Musikunterricht, Kletterparks, Trampolinhallen und, und, und.

Auch aus diesem Grund stellt das evangelische Dekanat Würzburg seine Jugendarbeit strukturell neu auf. Statt eines großen Jugendwerks in der Stadt soll es nun ein dezentrales Angebot in der Fläche geben.

Auch an die Jugendlichen vom Land denken

"Ein bisschen Vorreiter sind wir damit schon", sagt Dekanatsjugendreferent Matthias Scheller. Bislang gibt es für die Jugendarbeit im Dekanat Würzburg, eines der größeren Dekanate in der Landeskirche, drei Vollzeitstellen - aufgeteilt auf mehrere Personen mit verschiedenen Aufgaben. Sie eint: Alle sind in der Stadt.

Doch das Dekanat besteht auch aus viel Land. Es reicht vom Ochsenfurter Gau im Süden bis in den Landkreis Main-Spessart nach Karlstadt und Arnstein im Norden. Jugendliche aus diesen Randgebieten des Dekanats haben oft nicht mal die Möglichkeit, per Bus oder Bahn anzureisen.

Trotzdem haben die Würzburger die Reform ihrer Jugendarbeit nicht ganz aus freien Stücken angestoßen - sondern mit Blick auf die Landesstellenplanung. Weil die Kirche sparen muss, fallen im Rahmen der Landesstellenplanung Stellen weg. Durch eine neue Prioritätensetzung im Dekanat ist das bei der Jugendarbeit nun aber ganz anders: Unter dem Strich stehen fortan 5,5 Vollzeitstellen für die Jugendarbeit im Dekanat zur Verfügung. Jedoch wird davon nur eine halbe Stelle im Jugendwerk selbst übrigbleiben als Koordinationsstelle, sagt Scheller. Die übrigen fünf Stellen verteilen sich.

Kirche muss hin zu den Menschen

Dekan Wenrich Slenczka sagt, die "Komm-Struktur" habe ausgedient, Kirche müsse mehr "hin zu den Menschen" - und das schon im Kinder- und Jugendalter. Man wolle "die Menschen dort erreichen, wo sie sind". Die Idee für die dezentrale Jugendwerks-Struktur kam von der Evangelischen Jugend selbst, erinnert sich der Dekan. Auch das Konzept, das bis auf kleinere Schönheitskorrekturen, nun von den Dekanatsgremien abgesegnet wurde. Slenczka sieht durchaus einen "Trend", mit der Jugendarbeit in die Fläche zu gehen. Das organisatorisch umzusetzen sei in der Kirche aber "herausfordernd".

Das bestätigt auch Dekanatsjugendpfarrerin Susanne Hötzel. Denn: Die neu verteilten Stellen sind nicht etwa im dekanatsweiten Dienst angesiedelt, sondern bei einzelnen Gemeinden. "Die Stellen sind ja jeweils für verschiedene Räume mit mehreren Kirchengemeinden gedacht", erläutert sie.

Nur sei es kirchenrechtlich momentan noch gar nicht möglich, "Stellen im Raum zu verorten - die müssen an ein Dekanat oder an eine Gemeinde angedockt sein". Man habe sich deswegen "für die Gemeindeebene" entschieden, weil damit verdeutlicht werden soll: Das ist eure Stelle für eure Jugend vor Ort.

Jugendarbeit muss regional sein

Das findet man bei der Evangelischen Jugend in Bayern als Dachverband suboptimal. Zwar gebe es "schon häufiger regionalisierte Jugendarbeit", dies sei angesichts knapper werdender Ressourcen ja auch gut. "Aber wir raten sehr deutlich dazu, dass die Stellen auf Dekanatsebene angedockt bleiben", erläuterte eine Sprecherin.

Und zwar, damit nicht die Gemeinde, an der die Regionalstellen dann mal angedockt ist, die Stelle nur für sich beansprucht. Eine Gefahr, die auch Matthias Scheller sieht - aber dieses Risiko müsse man jetzt einfach mal eingehen, wenn man das Konzept umsetze.

Klappt alles, dann heißt das konkret: Neben der halben Koordinationsstelle bleiben eine halbe Stelle beim CVJM in Würzburg sowie eine halbe Stelle für den neuen Würzburger Stadtteil am Hubland - der Rest verteilt sich auf verschiedene Regionalstellen im ganzen Dekanat, egal ob Großstadt oder Dorf. Bis spätestens Juni 2024 ist die dezentrale Jugendarbeit dann Realität - bis dahin muss nämlich der neue Landesstellenplan der Landeskirche vor Ort umgesetzt sein.