Eine geplante Gesetzesänderung, wie sie Mitte September anstehen soll, sieht der Bayerische Jugendring (BJR) sehr kritisch. Es geht dabei um Themen wie Datenschutz und eine Bürokratisierung der meist ehrenamtlichen Jugendarbeit. Wir haben mit dem BJR und der Vorstandsvorsitzenden der Evangelischen Jugend in Bayern (EJB), Katrin Vogelmann, darüber gesprochen, was sie stattdessen fordern.

 

Das Problem mit dem Führungszeugnis

Wer mit Kindern und Jugendlichen arbeitet, egal ob haupt- oder ehrenamtlich, muss meistens ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis vorlegen, das ist im Sozialgesetzbuch SGB VIII festgelegt. Die geplante Gesetzesänderung betrifft § 72a V. Anhand des Führungszeugnisses wird entschieden, ob eine Person in der Jugendarbeit tätig sein darf. Diese Arbeit wird, gerade in Vereinen wie der Evangelischen Jugend Bayern (EJB) von Ehrenamtlichen übernommen. Es liegt im Ermessen der ehrenamtlichen Jugendleiterin oder des Jugendleiters, ob überhaupt ein Führungszeugnis notwendig ist. Alleine ein solches zu beantragen ist ein bürokratischer Aufwand. Die Einschätzung, ob jemand für die Jugendarbeit geeignet ist, ist nicht immer einfach, weiß Katrin Vogelmann. Sie hat den Vorsitz der Landesjugendkammer der EJB.

"Wir müssen selbst einschätzen, ob ein vorliegendes Delikt jemanden von der ehrenamtlichen Tätigkeit für die Kinder und Jugendlicher ausschließt. Das ist etwas, was wir als ehrenamtliche Laien, als junge Erwachsene so nicht stemmen können und auch nicht verantworten wollen. Das müssten die entsprechenden Behörden tun."

 

Mangelnder Datenschutz und fehlende Resozialisierung

Es gibt mit der Gesetzesänderung aber noch weitere Probleme, sagt die Vertreterin des BJR. Geschäftsführerin Gabriele Weitzmann erklärt, dass sie auch mit der aktuellen Regelung nicht zufrieden ist. Es gibt einen Straftatenkatalog, der in § 72a V aufgeführt ist. Findet sich eine solche Straftat in einem Führungszeugnis, ist die Person für die Jugendarbeit ungeeignet. Aber im Führungszeugnis können auch Straftaten aufgeführt werden, die für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen gar nicht relevant sind, wie beispielsweise Diebstahl. Das findet der BJR in Bezug auf den Datenschutz bedenklich. Außerdem geht aus dem Führungszeugnis nicht hervor, was genau vorgefallen ist. Man bekommt lediglich eine Information darüber, bei welchem Vergehen die Person wann zu welchem Strafmaß verurteilt wurde. Für den Präsident des BJR, Matthias Fack, geht es hierbei auch um Resozialisierung:

"Jemand, der eine Strafe verbüßt hat, der soll auch wieder in die Gesellschaft eingegliedert werden und die Möglichkeit haben, sich zu engagieren. Insbesondere wenn es um junge Menschen geht, die auch mal einen Fehler machen und daraus im besten Fall lernen."

 

Der BJR fordert seit Jahren Verbesserungen

Die geplante Änderung führt also zu einer Belastung der Jugendarbeit. Der BJR fordert seit langem, dass nachgebessert wird. Weitzmann sieht zwei verschiedene Möglichkeiten: Die Juristin würde die Angelegenheit nicht im Rahmen des Sozialgesetzbuches, sondern im Strafgesetzbuch regeln. Dann wäre es die Aufgabe einesr Richterin oder eines Richters, zu beurteilen, ob eine Straftat zu einem Tätigkeitsverbot in der Jugendhilfe führt. Der Richter kenne den entsprechenden Fall und die Umstände. Er oder sie könne auch sehen, ob die Straftat mit Kindern und Jugendlichen in Zusammenhang stehe, so Weitzmann. Diese Regelung gilt beispielsweise in Österreich.

Die zweite Lösung wäre technischer Natur. Das Führungszeugnis in seiner aktuellen Form gäbe es dann nicht mehr. Es müsste beim Bundeszentralregister eine Abfrage über die entsprechende Person erfolgen, ob diese Person in der Jugendarbeit tätig sein darf. Das Ergebnis könnte dann negativ oder positiv ausfallen. Die Entscheidung läge dann nicht mehr bei den Jugendleiterinnen und Jugendleitern, der Vorgang wäre unbürokratischer und auch in Bezug auf den Datenschutz wäre das eine Verbesserung.

Egal, welche Lösung gewählt wird, aus der Sicht von Matthias Fack muss sich auf jeden Fall etwas ändern:

"Das sind Risiken, die wir hier abwälzen auf die Schultern, mitunter auch von Ehrenamtlichen. Das finde ich einfach keine gute Art und Weise, mit diesem wichtigen Thema umzugehen."

Katrin Vogelmann von der EJB ist froh, dass sich der BJR stellvertretend für die Jugendverbände in Bayern um die Angelegenheit kümmert. Außerdem wünscht sie sich, dass die Belange der Vereine endlich gehört werden, denn die Forderung nach einer so genannten "Negativ-Abfrage" gebe es schon lange.

"Ich würde mir wünschen, dass der Gesetzgeber und die entsprechenden Gremien auf diejenigen zugehen, die Expertise haben und in der Praxis unterwegs sind."


Wie geht es nun weiter?

Die geplante Gesetzesänderung, auch Entschließung genannt, wird bei der nächsten Bundesratssitzung am 16. September vorgelegt. Wenn der BJR durch seine Stellungnahme Vertreterinnen und Vertreter im Bundesrat davon überzeugen konnte, kann die Beschlussvorlage noch einmal angepasst werden. Diese wird dann zur Beschlussvorlage an den Bundestag weitergeben.