Wie kommt es, dass die Friedensdekade diesmal in Weißenburg stattfindet?
Ingrid Gottwald-Weber: Wir hatten Martin Tontsch von Kokon für einen Beitrag zum Jahresthema 2023 des Bildungswerkes "…und sie werden hinfort nicht mehr lernen Krieg zu führen – Friedens-Handwerk lernen". Herr Tontsch erfuhr durch diese Anfrage von unseren schon geplanten zahlreichen Veranstaltungen und meinte, das Dekanat Weißenburg wäre geradezu prädestiniert die Ökumenische FriedensDekade zu eröffnen.
Die Veranstaltungen zum Thema Frieden beschäftigen sich zwangsläufig mit genau dem Gegenteil, dem Krieg. Wie wollen Sie auch Hoffnung verbreiten?
Da halte ich es mit Schalom Ben-Chorim der 1942 in Anklang an Jeremia 1,11 formulierte: "Freunde, dass der Mandelzweig wieder blüht und treibt, ist das nicht ein Fingerzeig, dass die Liebe bleibt? Dass das Leben nicht verging, soviel Blut auch schreit, achtet dieses nicht gering in der trübsten Zeit."
Wer gerade in kirchlichen Kreisen in diesen Tagen über "Frieden" spricht, muss sich als mancherorts als "Gestriger" bezeichnen oder gar verunglimpfen lassen. Wie geht man als Pazifist damit um?
Ich war schon immer eine überzeugte, realistische Pazifistin.
Wie kam der Kontakt zum Referenten Oberstleutnant Manfred Scholl zustande, der einen Vortrag in Pleinfeld hält?
Herrn Scholl lernte ich im Rahmen der Begleitung von geflüchteten Menschen kennen. So war er vor einigen Jahren schon in Weißenburg mit einem Vortrag zu den Gewalttaten des IS.
Zum Thema Krieg passt auch die Nagelkreuzgemeinschaft, zu der St. Andreas jetzt gehört. Wie kam das?
2014 besuchte ein Ehepaar der Church of England das Dekanat Weißenburg und referierte über den Wandel der "Church of England". Einige Jahre später reiste das Pfarrkapitel in die Diözese Hereford, die ja eine Partnerschaft mit dem Kirchenkreis Nürnberg pflegt. Kurz nach unserer Rückkehr erreichte uns eine Anfrage, ob Weißenburg Interesse an einer angehenden Partnerschaft mit der Region um Leominster in der Diözese Hereford hätte. Um das auszuloten, bekamen wir im April 2019 dann Besuch von Lektor Marc Simmons aus der Region Leominster, mitverantwortlich für das Programm an der Kathedrale von Coventry. Mir war damals sofort klar, dass die Begegnung mit Marc kein Zufall war. 2019 führten wir in Weißenburg das wöchentliche Versöhnungsgebet freitags um 12 Uhr ein. 2019 besuchte uns eine siebenköpfige Gruppe aus dem Dekanat Coventry und Leominster. 2022 bekamen wir zum Reformationsgedenken Besuch aus Leominster. Seitdem war klar, dass die Gemeinde in Weißenburg mit ihrer imposanten Andreaskirche den Anschluss an die Nagelkreuzgemeinschaft gehen wird. Nun wird es so sein, dass das Dekanat Weißenburg eine Partnerschaft mit der Region Leominster sucht, und die Kirchengemeinde Weißenburg ist 2024 mit der Andreaskirche in die Nagelkreuzgemeinschaft aufgenommen zu werden. Im Frühjahr 2024 wird eine Gruppe aus Weißenburg zur Vorbereitung nach Coventry reisen.
Eine Veranstaltung befasst sich auch mit "kleinen Kriegen" im Zwischenmenschlichen. Worum geht es da?
Eskalationsstufen der Gewalt kennen zu lernen kann auch im Alltag helfen Meinungsverschiedenheiten oder Spannungen und Konflikte konstruktiver auszutragen.
Ökumenische Friedensdekade
Die Ökumenische FriedensDekade ist eine jährliche Veranstaltungsreihe, die in Deutschland und anderen deutschsprachigen Ländern stattfindet. Sie hat zum Ziel, die Themen Frieden, Gerechtigkeit und Versöhnung in den Fokus zu rücken und Menschen dazu zu ermutigen, sich aktiv für den Frieden einzusetzen. Die Friedensdekade erstreckt sich immer über einen Zeitraum von zehn Tagen bis zum Buß- und Bettag.
Die Dekade ist ein ökumenisches Projekt, das von verschiedenen christlichen Kirchen und Organisationen gemeinsam getragen wird, darunter die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD), die Deutsche Bischofskonferenz und die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland. Während dieser Zeit werden in Gemeinden, Schulen, Gemeinschaften und anderen Orten Veranstaltungen, Gottesdienste, Workshops und Diskussionen organisiert, die sich mit Themen des Friedens und der Gerechtigkeit auseinandersetzen.
1980 wurde sie erstmals als Antwort auf die Friedensbewegungen und den wachsenden Wunsch nach Frieden und Abrüstung in Westdeutschland ins Leben gerufen und breitete sich dann auf andere deutschsprachige Länder aus, darunter die Schweiz und Österreich.
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