Die Diakonie ist der soziale Arm der Kirche. Außerdem ist Diakonie in vielen Fällen auch Sozialunternehmen. Manchmal mit dreistelligen Millionenumsätzen, wie etwa bei Diakoneo in Neuendettelsau oder der Augustinum Gruppe. Egal, welche Rechtsform die Werke haben, etwa eingetragener Verein, gemeinnützige GmbH oder Körperschaft des öffentlichen Rechts - wichtig ist eine funktionierende Kontrollebene. Doch das ist nicht selbstverständlich.

Kontrollgremien meist ehrenamtlich besetzt

Ob die Kontrollgremien nun Verwaltungs- oder Aufsichtsrat oder ganz anders heißen - in den meisten Fällen handelt es sich um reine Ehrenämter. Je nach Satzung oder Geschäftsordnung gehören diesen Gremien - völlig egal, ob in Kirche, Diakonie, Vereins- oder Verbandswesen - gewählte oder berufene Mitglieder an. Bei vielen Diakonievereinen sind das Pfarrerinnen und Pfarrer, Dekaninnen und Dekane, Politiker, Amts- und Mandatsträger, meistens auch Personal- oder Mitarbeitenden-Vertreter.

Nur in den wenigsten Fällen aber werden die Aufsichtsräte ausschließlich nach ihrer Fachkompetenz ausgewählt. Diakoneo-Vorstandsvorsitzender Mathias Hartmann berichtet, dass die frühere Diakonie Neuendettelsau deshalb ihre Fusion mit dem Diak Schwäbisch-Hall und die folgende Umbenennung im Jahr 2019 dazu genutzt hat, die Kontrollstruktur zu professionalisieren. Im heutigen Aufsichtsrat sitzen elf Fachleute - Medizinerinnen, Finanzexperten, Juristen oder auch Unternehmer.

Diakoneo-Chef: Unternehmerischer Blick ist wichtig

"Das ist ab einer gewissen Größenordnung mehr als sinnvoll", sagt Hartmann, der als Diakoneo-Chef in wirtschaftlichen Fragen dem Aufsichtsrat zur Rechenschaft verpflichtet ist. Denn: Diakoneo ist mit mehr als 10.000 Mitarbeitenden und rund 650 Millionen Euro Jahresumsatz eines der fünf größten Diakonischen Unternehmen in Deutschland.

"Anders gesagt: Wenn man im Kontrollgremium eines solchen Unternehmens sitzt, sollte man die Aufsicht auch fachlich wahrnehmen können."

Und das kann eben nicht jeder, sagt Hartmann. Denn zum einen müsse man etwa Bilanzen oder auch Investitionspläne lesen und verstehen können - und einen unternehmerischen Blick haben. Schließlich gehe es um eine Menge Geld und Arbeitsplätze. "Und natürlich um die Menschen, für die wir arbeiten", sagt Hartmann. Anders als bei Diakoneo - dort gibt es extra eine Versicherung - haften Aufsichtsräte bei etlichen Sozialwerken mit ihrem Privatvermögen für Entscheidungen des Gremiums.

Diakonie Bayern bietet Kurse für Aufsichtsrat-Mitglieder an

Das weiß man auch bei der Diakonie Bayern, dem Dachverband der Diakonischen Werke im Freistaat. Diakonie-Sprecher Daniel Wagner sagt, genau aus diesem Grund biete die Diakonie schon seit Jahren regelmäßig Kurse für Aufsichts- und Verwaltungsratsmitglieder an:

"Zum einen, um das Bewusstsein für die Verantwortung zu schärfen, die man mit so einem Posten hat. Zum anderen, um ihnen auch in Grundzügen das nötige Fachwissen für diese Kontrollaufgaben mit an die Hand zu geben."

Hartmann sagt, dass diakonische Unternehmen ab einem gewissen Jahresumsatz ihre Kontrolle professionalisieren müssen - auch wenn sie weiterhin ein Ehrenamt ist. Das könne nicht für jeden kleinen Verein gelten: "Bei Millionenumsätzen ist es aber ein Muss." In Bayern gibt es mehrere große Träger, etwa die Rummelsberger (Umsatz: 300 Millionen Euro), das Augustinum (398 Millionen), die Diakonie München-Oberbayern (350 Millionen) oder die Stadtmission Nürnberg (94 Millionen).

Unwissenheit kann fatale Folgen haben

Wenn Kontrollgremien nicht nach Fachlichkeit, sondern etwa nach Proporz der Teilhaber besetzt werden, kann viel Unheil geschehen, sagt ein Experte für Aufsichtsgremien im kirchlichen Bereich.

"Das Schlimmste ist, wenn sich Aufsichtsräte auf die Geschäftsführung und deren Ausführungen verlassen müssen, weil sie die Thematik nicht verstehen."

Oder: Wenn der Aufsichtsrat von einem Experten geleitet wird und die übrigen Mitglieder alles abnicken, ohne etwas zu hinterfragen.

So gehen Diakoneo und die Diakonie Bayern vor

Bei Diakoneo haben sie deswegen seit 2019 zwei Gremien: Neben dem vor allem für wirtschaftliche Fragen zuständigen Aufsichtsrat das Kuratorium. Das hat momentan 37 Mitglieder - und die führen beispielsweise die Aufsicht in diakonisch-theologischen oder strukturellen Fragen. Ihm gehören auch viele Theologen und Politiker an. "Zur Professionalisierung von Gremien gehört auch, dass man ihnen per Satzung die Aufgaben zuweist, die zur Expertise der Mitglieder passen", sagt Hartmann.

Wie genau die Aufsichts- und Kontrollstrukturen vor Ort aussehen - das ist Sache der jeweiligen Sozialwerke und deren Mitgliedern beziehungsweise Trägern. Dazu Daniel Wagner von der Diakonie Bayern: "Wir haben da als Dachverband keine Möglichkeit, Vorgaben zu machen. Bei der enormen Vielfalt der einzelnen Diakoniewerke wäre das auch schwierig und wenig hilfreich." Man stehe aber bei der Veränderung der Aufsichtsstrukturen "immer beratend zur Seite, wenn gewünscht".