Herr Barthen, Sie sind erst zweieinhalb Jahre in Augsburg und verlassen die St.-Anna-Kirche nun schon wieder. Was ist geschehen?

Barthen: Ich bin Anfang des Jahres aus über 40 Bewerberinnen und Bewerbern aus ganz Europa als Organist ans Berner Münster und Orgeldozent an die Hochschule der Künste in Bern gewählt worden. Im kommenden Herbstsemester beziehungsweise zum 1. November beginne ich dort meinen Dienst.

Ihre neue Stelle wird eine große Herausforderung sein. Auf was freuen Sie sich am meisten?

Barthen: In Augsburg habe ich ein großes Kantorat betreut und war zuständig für die kirchenmusikalischen Angebote in ihrer gesamten Breite. Dazu gehören ein umfangreicher Gottesdienst- und Konzertbetrieb, und vor allem die Arbeit mit meinen Chören. All das habe ich mit großer Leidenschaft und viel Herzblut gemacht! Meine Kernkompetenz ist aber das Orgelspiel sowie die Orgelpädagogik und ich freue mich, dass ich zukünftig darauf konzentriert und in dieser Spezialisierung arbeiten darf.

Ihre Zeit in Augsburg war von Einschränkungen der Corona-Maßnahmen geprägt. Was hat diese Zeit mit Ihnen gemacht?

Barthen: Trotz all dieser Einschränkungen habe ich immer versucht, positiv zu bleiben und in den jeweiligen Rahmen, die uns ständig neu gesteckt wurden, ein Maximum an Kirchenmusik zu ermöglichen. Wir haben neue Formate entwickelt und waren kreativ in den Programmen und flexibel in den Besetzungen. Insgesamt 20 Bachkantaten, in immer wieder neu zusammengestellten Kammerchören und -orchestern, konnten wir entlang des Kirchenjahrs realisieren, und am letzten Karfreitag auch eine sehr bewegende Aufführung der Johannes-Passion. Pandemie und Kirchenmusik gehen natürlich nicht gut zusammen und ich hoffe inständig, dass diese Zeit bald überwunden ist und wir wieder in eine Normalität zurückfinden dürfen.

Dennoch konnten Sie St. Anna und das musikalische Potenzial der Stadt kennen lernen. Worin liegen hier die Stärken?

Barthen: Die Kirchenmusikerstelle an St. Anna ist fantastisch und bietet alle Möglichkeiten, sich umfassend zu betätigen! Ganz besonders möchte ich aber die hohe Qualität und das Potenzial der beiden Chöre, des Madrigalchor bei St. Anna und des Augsburger Motettenchors, herausheben. Wir haben zudem eine enge und freundschaftliche Kollegialität in der Ökumene entwickeln können. Das »Internationale Orgelfestival Augsburg«, das 2021 und 2022 sehr erfolgreich in den großen Kirchen der Innenstadt stattfinden durfte, gehört zu den Früchten unserer gemeinsamen Bemühungen um die Kirchenmusik. Ich blicke sehr dankbar auf meine Augsburger Zeit zurück und nehme diese wertvollen Prägungen und positiven Erfahrungen mit in meine Zukunft.

Was geben Sie Ihrer Nachfolgerin oder Ihrem Nachfolger mit als Rat auf den Weg?

Barthen: Meine dringende Empfehlung ist, das Orgelneubau-Projekt an St. Anna weiter voranzutreiben und zu realisieren. Das halte ich im Hinblick auf eine langfristige Sicherung unseres kirchenmusikalischen Standorts für unumgänglich! Corona hat mich hier sicherlich ausgebremst, aber die Problematik ist erkannt. Ansonsten wünsche ich meiner Nachfolge Gottes Segen und ein reich erfülltes Wirken an einer der schönsten Kirchen weit und breit.