Das Museum der Bayerischen Geschichte in Regensburg soll im Mai 2019 eröffnet werden und die Geschichte des Freistaats Bayern nachzeichnen. Die Ausstellungen sollen nicht nur dem Mythos Bayern auf den Grund gehen, sondern auch gängige Bayern-Klischees kritisch hinterfragen.
 

Herr Loibl, das Museum der Bayerischen Geschichte zeichnet es sich vor allem durch ein neuartiges Konzept aus. Wie sieht es aus?

Richard Loibl: Man unterstellt den Bayern gerne einen besonderen Hang zu Theater und Theatralik. Das haben wir aufgenommen. Wir bringen Exponate in Inszenierungen auf die Bühne und erzählen so Geschichten, die für Bayern besonders wichtig sind. Für jede Generation von 1800 bis heute sind es drei bis vier. Hinzukommen acht Kulturkabinette, in denen wir im weitesten Sinn kulturelle Phänomene schildern, die besonders mit Bayern verbunden werden: Sprachen, Feste, Glaube, Natur. Alles zusammen erschließt sich für die Besucher über den Mediaguide, auf dem ganz verschiedene Programme individuell wählbar sind. Bei der Inszenierung des alten Landtages beispielsweise können die Besucher die Protagonisten nicht nur hören, sondern auch sehen, schließlich bei wichtigen Abstimmungen selbst mitmachen. Wir glauben, dass wir unser Publikum auf ganz neue Weise abholen und mitnehmen, im besten bayerischen Sinn Tradition und Moderne verknüpfen.

Seit 2012 werden Exponate für die Ausstellungen gesammelt. Dabei starteten Sie mehrere Aufrufe und baten die Bevölkerung, sich daran zu beteiligen. Wie war die Resonanz?

Loibl: Die Resonanz war sehr gut. Wir haben allein 2.000 Stück aus diesen Sammlungen geholt. Was  mich überrascht hat, war, dass wir wahnsinnig viel aus der Zeit des Ersten Weltkriegs bekommen haben. Das ist 100 Jahre her, das erwartet man nicht. Dennoch mussten wir auswählen. Man kann nicht die Welt in einen Schuhkarton packen und auch nicht in ein Depot. Wir wollen ja Geschichte erzählen über diese Objekte. Das haben die Bürger, die uns die Exponate geschickt haben, sehr wohl verstanden. Wir sammeln nicht den Dreschflegel oder alte Taschenuhren. Wir haben eine Taschenuhr gesammelt, die eine Familie 100 Jahre lang aufgehoben hat, weil sie dem Vorfahren das Leben gerettet hat, als sie eine Kugel abfing. Diese Taschenuhr erzählt eine Geschichte davon, wann und wie man den Ersten Weltkrieg überlebt hat. Anhand solcher Geschichte erhellt sich, dass man einen industriellen Krieg nicht überlebt, weil man ein toller Kämpfer ist, trainiert und gut ausgebildet, sondern wenn man Glück hatte. Das sind wichtige Transfers für unsere Gesellschaft, auf die gehen wir ein.

Neben den Bühnen gibt es zusätzlich acht Kulturkabinette. Kommen darin auch die Religionen vor?

Loibl: Ein großer Kulturraum, der "Grüß Gott" heißt, beschäftigt sich damit. Er geht vom vorherrschenden Bild aus, nach dem Bayern ein durchweg katholisches Land ist, mit einem Brauchtum wie Fronleichnamsprozessionen, Palmeseln und so weiter. Wenn man aber in dem Kulturkabinett steht, eröffnen sich weitere Entwicklungen: Wir zeigen, dass das Klischee nicht mehr stimmt, dass es mittlerweile 19 Prozent Protestanten sind, einige Muslime und auch wieder Juden. Dafür haben wir eine schöne Methode gefunden: Im Stil der Le-Corbusier-Kirche "Notre Dame du Haut" bei Paris stapeln wir Vitrinen aufeinander. Das hat richtig etwas Mystisches und schaut echt gut aus. Als Besucher erhält man ein Schaltpult und kann sich verschiedene Sachverhalte raussuchen. Man kann sich religionsübergreifend fragen, wie es die Religionen zum Beispiel mit dem Phänomen der Taufe halten, wie man Christus im Islam sieht. Man kann sehr spezifische Fragen stellen und erhält dazu spezifische Antworten anhand verschiedener Objekte. Man kann also in verschiedene Religionen eintauchen, aber auch eine Zusammenschau erhalten. Darin liegt die Freiheit des Museumsbesuchers.