Ein Foto zeigt Hermann Kaspar (1904-1986) auf einer Tribüne in der Nähe Adolf Hitlers beim Umzug zum "Tag der Deutschen Kunst" in München. "Kaspar war nicht nur Künstler, sondern auch Funktionär", das beweise das Bild, erklärte der Kunsthistoriker Wolfgang Brauneis, der die Ausstellung in der Nürnberger Meistersingerhalle zur Karriere von Hermann Kaspar kuratiert hat, bei einer Vorbesichtigung.

Gute Kunst, schlechte Kunst

Noch lange sei nicht aufgearbeitet, welche Karrieren in der NS-Zeit hochgeschätzte Künstler nach 1945 machten und welcher Kunst sie sich zuwandten. "Es ist, als ob mit der Nazizeit auch die Produktion der Künstler dieser Zeit untergegangen ist." NS-Kunst sei schlechte Kunst gewesen, nun hatte man es nach 1945 wieder mit "guter Kunst zu tun", erklärt Brauneis.

Kein anderes Feld im Kulturbetrieb sei so von der völkischen Idee des nationalsozialistischen Regimes durchdrungen gewesen. Man verdammte die sogenannte "entartete Kunst" und erstellte die Liste der "Gottbebegnadeten Künstler", auf der 400 Namen "unersetzlicher" Künstlerinnen und Künstler standen, darunter auch Hermann Kaspar oder Arno Breker.

Wandteppich "Frau Musica" im Zentrum der Ausstellung

Im Zentrum der Ausstellung steht der Wandteppich "Frau Musica" für die 1963 fertig gestellte Meistersingerhalle. Während Kaspar in der Zeit Werke in München, Aschaffenburg oder Worms ohne Debatten fertigstellen konnte, regte sich gegen ihn in Nürnberg Protest. Der in Nürnberg aufgewachsene Schriftsteller Hermann Kesten rief in einem Offenen Brief den Stadtrat auf, das Geschenk der bayerischen Staatsregierung nicht anzunehmen. Seine Forderung "Weisen Sie das Geschenk zurück" ist auch der Titel der Ausstellung.

Zeitungsausschnitte dokumentieren die Debatte. Über sie berichtet sowohl die linke Kunstzeitschrift "Tendenzen" als auch der katholische "Feuerreiter", der die Überschrift "Das Kaspar-Theater" wählt. Zunächst sieht es so aus, als würden die Nürnberger Räte den Wandteppich ablehnen. Aber Kaspar gewinnt in einem Prozess gegen eine studentische Publikation über ihn und die Stimmung kippt. Das Werk wird trotz der Debatten in der Nürnberger Gobelin-Manufaktur in Auftrag gegeben und 1970 aufgehängt.

Auch Kirche schätzte Kaspars Werk

Der in Regensburg geborene Kaspar hatte 1934 den Wettbewerb für ein monumentales Mosaik im Deutschen Museum gewonnen. Danach erhielt er Aufträge für das Haus der Deutschen Kunst in München, in der Neuen Reichskanzlei Berlin, und für die Zeppelintribüne am Reichsparteitagsgelände gestaltete er das Deckenfresko mit mäandernden Hakenkreuze im Goldenen Saal.

Auch die Kirche schätzte Kaspars Werke vor und nach dem Krieg. In der Münchner Gustav-Adolf-Kirche stammt das Altarbild von ihm, die Chorfenster in St. Lukas und St. Markus in München gehen auf seine Entwürfe zurück. In Aschaffenburg hat nach dem Krieg die katholische Muttergotteskirche ein Deckenfresko von Kaspar erhalten.

Kurator Brauneis hat im vergangenen Jahr im Deutschen Historischen Museum Berlin bereits eine Ausstellung über die Nachkriegskarrieren von NS-Künstlern kuratiert. Darin zeigte er, dass der Protest gegen ehemalige "Gottbegnadete Künstler", wie etwa Kaspar in Nürnberg, die Ausnahme war. Widerstand hatte sich gegen ihn auch in München bei den Studierenden der Akademie für Bildende Kunst geregt, wo er bereits 1945 Professor wurde und es bis zu seiner Emeritierung blieb.