Kennen Sie Elisabeth Erdmann-Macke? Wahrscheinlich nicht. Obwohl sie der Grund ist, dass August Macke nicht Bühnenmaler, sondern einer der bedeutendsten deutschen Expressionisten geworden ist. Margret Greiner sorgt mit ihrer Romanbiografie dafür, dass Elisabeth Gerhardt, wie sie mit Mädchennamen hieß, ihren wohlverdienten Platz in der Geschichte einnehmen kann.

Eine frühe Liebe

Elisabeth und August kennen sich aus Kindertagen in Bonn, schon früh entwickeln sie Gefühle füreinander.

"Aber wohin mit all der Leidenschaft? Sie musste im Geheimen blühen. Niemand in der Familie Gerhardt, niemand in der Familie Macke hätte Verständnis für eine Liebesgeschichte zwischen einer Fünfzehnjährigen und einem Sechzehnjährigen gehabt."

Sie schwärmten sehr füreinander und heirateten 1909, nachdem Elisabeth bereits mit ihrem ersten Sohn Wolfgang schwanger war. Elisabeth war seine Muse, er porträtierte sie über zweihundertmal. Sie lebten in Paris, am Tegernsee und anschließend wieder in Bonn. August Macke malte viel in dieser Zeit und konnte sich dann in Bonn ein Atelier einrichten. 1911/12 war er Teil der Ausstellung "Der blaue Reiter".

Gemälde oder Bühne?

Bevor August Macke aber Teil des "Blauen Reiters" wurde, der vor allem durch die Künstler Wassily Kandinsky und Franz Marc bekannt sind, hatte er ein Angebot am Theater, um dort als Bühnenmaler zu arbeiten. Elisabeth war absolut dagegen:

"Nichts aber. Wir können auch ohne Geld heiraten. Gib ja nicht deine Pläne auf! Hör’ auf mich!"

Das tat August Macke dann zum Glück auch, sonst wäre die deutsche Kunst um einige Werke ärmer. Dass es aber ausgerechnet seine Frau war, die ihm zum Malen ermutigte, wissen wahrscheinlich die wenigsten.

"Sie fühlte sich immer so von August auf Augenhöhe angesprochen und geschätzt, dass sie Hilfe nicht als Unterordnung verstand."

Die Romanbiografie beschreibt das Leben von Elisabeth Macke-Erdmann mit Hilfe von Tagebucheinträgen, Briefwechseln und den Bildern von August Macke und stellt damit Elisabeth ins Rampenlicht, wobei die beiden wohl eine sehr gleichberechtigte Ehe geführt haben.

Ein Leben ohne August

1914 wird August Macke eingezogen und fiel nur wenige Wochen später im ersten Weltkrieg. An dieser Stelle ist das Buch aber noch nicht zu Ende, es handelt ja schließlich von Elisabeth und diese hatte zu diesem Zeitpunkt zwei Söhne zu versorgen. Außerdem ist sie Zeit ihres Lebens damit beschäftigt, die Werke ihres Mannes zu bewahren: vor dem Ersten Weltkrieg, den Nationalsozialisten und vor dem 2. Weltkrieg. Leser*innen verfolgen das komplette Leben von Elisabeth Erdmann-Macke, bis zu ihrem Tod 1978.

Autorin Margret Greiner findet die perfekte Sprache, um in den Zeitgeist der damaligen Zeit einzutauchen, einzutauchen in das Leben von Elisabeth Erdmann-Macke. Die Auszüge aus Briefen und Tagebüchern und die detaillierte Beschreibung von Mackes Werken zeichnet ein Bild von Elisabeth, so dass man beim Lesen den Eindruck hat, man wäre mitten drin.

Greiners Sprache passt sich zudem so gut den Tagebucheinträgen und Briefen an, dass das Buch wie aus einem Guss wirkt. Es zieht Leser*innen in seinen Bann und damit direkt hinein in die Lebenssituation einer starken Frau, der bisher viel zu wenig Beachtung geschenkt wurde. Eine Empfehlung für alle, die sich für Kunst interessieren – und besonders für starke Frauen.

"Mutig und stark alles erwarten" Elisabeth Erdmann-Macke. Leben für die Kunst

Margret Greiner

Elisabeth Erdmann-Macke, geb. 1888, steht immer noch im Schatten ihres ersten Mannes, August Macke. Die erzählte Biografie versucht, sie in ihr eigenes Recht zu setzen, ihre Talente und Verdienste zu würdigen. In den wenigen Jahren des gemeinsamen Lebens mit Macke war sie ihm Partnerin auf Augenhöhe, hat ihn in seinem künstlerischen Schaffen gefördert und war selbst künstlerisch tätig. 1914 fällt Macke kurz nach Kriegsausbruch. Ihr zweiter Mann. Lothar Erdmann wird 1939 von den Nazis ermordet. Trotz aller Schicksalsschläge gibt die junge Witwe nicht auf, zieht fünf Kinder groß und betreut das Werk Mackes. Ohne ihre Umsicht und Tatkraft wäre ein Großteil der Bilder verloren.

Verlag: Btb
ISBN: 978-3442759637
Seitenzahl: 348 Seiten
Preis: 24,00 €
Jetzt bestellen über den sozialen Buchhandel: Buch7