Wer sich der Burgruine nähern will, benötigt gutes Schuhwerk, etwas Ausdauer und ein bisschen Zeit, um die rund 500 Meter Höhenanstieg zu bewältigen. Die mittlerweile überwachsenen Mauerreste inmitten des Waldes der Fürstlich Schwarzenberg’schen Familienstiftung erreicht man auf mehreren Wegen – zum Beispiel vom Weinort Weigenheim aus über den "Roten Berg Weg" oder vom nahen Schloss Frankenberg über den "Steigerwald-Panoramaweg". Einst lag sie direkt an der alten Handelsroute "Hohe Straße".
Matthias Schenk ist irgendwann Ende 2023 aufgefallen, dass die Burganlage heuer ein Jubiläum feiert – 500 Jahre Fertigstellung. Der aus dem nahen Nenzenheim stammende Hobby-Heimatforscher ist die Wege zur Burg hinauf schon oft gelaufen. Bereits als kleiner Bub, wenn es manchmal sonntags mit den Eltern und dem Bruder zum Wandern ging. "Die Ruine mit ihren vielen damals noch geöffneten Höhlen und Gängen war ein Paradies zum Verstecken spielen und Ritter spielen", erinnert sich Schenk. Das Interesse am Hohenlandsberg und der Ruine war schon immer vorhanden. Vor circa sieben Jahren begann er dann, sich tiefer in die Geschichte einzulesen – und ein bisschen zu recherchieren.
Schenk hat sich eine Kopie eines eindrucksvollen Holzschnitts des Buchdruckers Hans Glaser besorgt, der Mitte des 16. Jahrhunderts in Nürnberg lebte und zweimal auch vor Ort war – einmal vor der Zerstörung, einmal mit den Nürnberger Truppen, als diese den Hohenlandsberg einnahmen. Glaser arbeitete detailliert Türme und Burgmauern des 1524 fertiggestellten Baus heraus und beschreibt die Nutzung der Gebäude ebenso wie den Standort der Wehranlagen. Ins Auge fällt das sogenannte "Heimlich Gemach" – ehemals der Abort, der im Norden an einer Stelle gebaut worden war, wo die Sonne nicht hinschien und weniger unangenehme Gerüche entstanden. Gut erkennbar ist heute noch die Stelle, wo sich die Rossschwemme zur Reinigung der Pferde befand.
Ein Abzug des Stichs, der das Schloss vor Belagerung und Eroberung zeigt, wird heute im Germanischen Nationalmuseum (GNM) aufbewahrt. Demnach muss es wohl ein echtes Schmuckstück gewesen sein, ein top modernes noch dazu. Circa 100 Meter Durchmesser hatte der äußere Burgwall, eine Anlage mit vielen Bogen. Als ihr Erbauer Johann von Schwarzenberg 1511 damit begann, das sich seit 1435 im Besitz des fränkisch-böhmischen Adelsgeschlechts befindliche Ur-Schloss mit Wurzeln bis ins 8. Jahrhundert abzubrechen, wollte er es unter den aktuellen Erkenntnissen der Festungsbaukunst wieder aufbauen.
"Spiegel Frankens"
"Spiegel Frankens" wird die Burg oft in Korrespondenzen genannt. Angeblich soll die Burg die erste weit und breit mit Fenstern aus Glas gewesen sein, was bei der richtigen Sonneneinstrahlung entsprechend spiegelnd auf den Betrachter wirkte – schon von Weitem. Matthias Schenk ist sich sicher, heute noch an den Mauerresten als Fassungen auszumachende Trägerelemente für die Fenster zu identifizieren. An Details sind noch die Kettenschächte für das Burgtor zu erkennen und die Treppenstufen, die hoch zum Burgwall liefen. Eventuell ging es direkt nach dem Tor zum Kerker runter.
Viele Stunden hat der 48-Jährige in öffentlichen Internetarchiven, Findmitteldatenbanken und in den Schriften des "Vereins zur Osingdokumentation" recherchiert, der sich der Geschichte der am 8. Mai 1465 erstmals urkundlich erwähnten gemeindefreien Hochfläche zwischen vier Gemarkungen im Landkreis Neustadt an der Aisch-Bad Windsheim verpflichtet hat – die letzte Markgenossenschaft in Deutschland. Historiker Hans König hat bereits in den 1960er-Jahren seine Erkenntnisse zur Burggeschichte publiziert und sogar ein Modell der Burg angefertigt, das heute noch im Gollachgaumuseum im nahen Uffenheim zu sehen ist. Vorbild war auch für König der Holzschnitt Hans Glasers.
"Solche Holzschnitte wurden Mitte des 16. Jahrhunderts gerne in Druck gegeben und die Blätter dann verkauft. Es gab einen großen Markt für Holzschneider, die auch in Nürnberg ihre Drucke von herrschaftlichen Gebäuden aus der Region verkauften", erklärt Daniel Burger. Der Direktor des Bayerischen Staatsarchivs in Nürnberg promovierte über die Landesfestungen der Hohenzollern und hat sich auch mehrfach mit der Burg Hohenlandsberg beschäftigt. Die sei zu ihrer Blütezeit der soziale Anlaufpunkt für die rund 30 Dörfer zu ihren Füßen gewesen, die heute auf mittel- wie unterfränkischem Boden zwischen den Landkreisen Kitzingen und Neustadt/Aisch liegen.
Von Hans Sachs und den Meistersingern in Nürnberg besungen
Hier waren Landratsamt und Amtsgericht zugegen, eine große Menge an Waffen zur Verteidigung gelagert. Und nicht zuletzt sei man landauf, landab stolz auf die Schönheit der Anlage gewesen, die schon von Weitem zu sehen war und nicht im später aufgeforsteten Wald verborgen lag. Selbst Hans Sachs, der Nürnberger Meistersinger, besang Hohenlandsberg in seinem "Pasquillus auf das Schloss zu Plassenburg" nach der Zerstörung am 21. Juni 1554 als dessen "Schwester", der dasselbe Schicksal wie der Festung bei Kulmbach blühte. Denn Hans Glaser hat auch einen nicht minder facettenreichen Holzschnitt von der Burg angefertigt – während der Besatzung durch die Truppen, die sie zerstören sollten.
"Die Burg Hohenlandsberg hat eine gewisse Tragik, die noch heute berührt", meint Daniel Burger. Die sollte ihr Erbauer, der 1528 verstarb, zwar nicht mehr erleben. Dafür aber sein Sohn Friedrich, dem später der Beiname "der Unglückliche" verliehen wurde. Friedrich hatte sich bereits 1526 öffentlich zu den Lehren Martin Luthers bekannt, mit dem sein Vater in laufender Korrespondenz stand.
"Sie sprachen nicht nur über Glaubensfragen oder deren Umsetzung im Alltag. Johann hat sich sogar als Vers- und Gebetsdichter beschäftigt", weiß Burger. Zudem stamme von ihm die 1507 erschienene "Bamberger Halsgerichtsordnung", die 1530 als Basis der auf dem Augsburger Reichstag beschlossenen "Constitutio Criminalis Carolina" diente, die als erstes deutsches Strafgesetzbuch gilt.
Der Einfluss von Johann von Schwarzenberg auf seinen Sohn war groß – Friedrich wurde ein treuer Gefolgsmann des protestantischen Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen. Der rief 1546 als Mitglied des Schmalkaldischen Bunds seine Fürsten und Grafen zur Verteidigung des neuen Glaubens gegen den katholischen Kaiser und dessen Stände auf. Die kaiserlichen Truppen gewannen die Auseinandersetzungen.
Über Friedrich wurde ebenso wie über die anderen protestantischen Anführer die Reichsacht verhängt.
Für die Verwaltung der Burg Hohenlandsberg wie auch für das Stammschloss der Schwarzenberger nahe Scheinfeld setzte der Kaiser den ebenfalls protestantischen Fürsten Albrecht II. Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach ein, der bereits gegen seine Glaubensbrüder als Söldner des Kaisers gekämpft hatte. Der wiederum nutzte Hohenlandsberg fortan als Waffenlager und übergab das Tagesgeschäft an den Burghauptmann Hieronymus Stöckel.
Der sollte sich aber als ebenso leicht bestechlicher und wankelmütiger Charakter wie sein Dienstherr erweisen. Quellen berichten von regelmäßigen Überfällen auf Nürnberger, Bamberger wie Würzburger Kaufmannszüge. Außerdem versorgte der spätere Erbauer des Neuen Schlosses im oberpfälzischen Eslarn Freund und Feind des Kaisers mit Waffen – gegen Bezahlung selbstverständlich. Stöckel wurde den geistlichen Herren von Würzburg und Bamberg sowie den weltlichen aus Nürnberg zunehmend ein Dorn im Auge.
So kam es zu einer Einigung dieser so unterschiedlichen Partner, ihm das Handwerk zu legen. "Ein auf den ersten Blick vielleicht ungewöhnlicher Vorgang. Aber nach dem Motto ›der Feind meines Feindes ist mein Freund‹ haben sich diese drei zusammengeschlossen, um den Hauptmann zu vertreiben und die Burg letztlich zu zerstören", beschreibt Daniel Burger die Geschehnisse.
Mithilfe der Brechschraube zerstört
Die Belagerung wurde ab dem 5. April 1554 vom Nürnberger Hauptmann Sebald Schirmer geleitet, dessen Porträt heute im GNM zu finden ist und der sein Grab auf dem Nürnberger Johannisfriedhof in unmittelbarer Nähe zu dem Albrecht Dürers hat. Wie es die Ironie des Schicksals will, liegt hier auch Johann von Schwarzenberg begraben – der Erbauer und der Zerstörer von Burg Hohenlandsberg sind also im Tode miteinander vereint.
Innerhalb dreier Tage wurde die Burg Hohenlandsberg zerstört – "geschliffen", wie man damals zu sagen pflegte. Der Wall, von dem aus Kanonen in die Burg geschossen haben, ist heute nach wie vor gut erkennbar. Hilfreich beim Schleifen der Burg war eine neue Erfindung des Nürnberger Schraubenmachers Lienhard Danner, der gerade die Brechschraube erfunden hatte. Diese wie ein riesiger Schraubstock wirkende Vorrichtung konnte Burgmauern zum Einsturz bringen.
Der junge Freiherr Friedrich war zwar bereits am 24. November 1552 von Kaiser Karl V. begnadigt worden. Der räuberische Hauptmann Alcibiades aber wehrte sich erfolgreich dagegen, dass Friedrich die Burg wieder in Besitz nehmen konnte. So musste Friedrich zusehen, wie die Einigungstruppen sein Erbe zerstörten. Immerhin zahlte ihm die Stadt Nürnberg 6000 Gulden als Entschädigung – zu wenig, um Hohenlandsberg wieder aufzubauen. 1561 verstarb Friedrich – unglücklich.
Die Burg blieb Ruine, ihre Steine wurden von der Bevölkerung abgetragen. Was nicht niet- und nagelfest war, Waffen, Gold und Schmuck bis hin zu Vorräten wurde geplündert. Daniel Burger weiß, dass die Kanonen von Hohenlandsberg im Nürnberger Zeughaus standen, wo sich noch bis 1866 ein Waffenlager befand. Der Nürnberger Kriegskommissar Gabriel Nützel, der 1554 die Festung Hohenlandsberg erobert hatte, soll laut dem Münzenversandhaus Reppa aus Pirmasens zudem Kanonen der Festung zur Herstellung von Beutepfennigen – Trophäen-Münzen aus erbeutetem Metall – verwendet haben.
Beliebtes Ausflugsziel
Wie in den Chroniken des Osingvereins zu lesen ist, sei die Burgruine bald zu einem beliebten Ausflugsziel avanciert, an dem es sich auch gut feiern ließ. Bereits 1789 wird in einer Reisebeschreibung erwähnt: "auf den damals noch baumlosen Gipfel angekommen, empfängt ein schöner mit einem Wetterdache und einer Fahne versehener Pavillon (...) in welchem ein Jäger, Namens Wels mit Wein, Bier, Kaffee, kalter Küche u.dgl. sehr wohlfeil und gut bewirtet". Aus dem nahen Weigenheim wurden noch lange Wanderungen zur "Burg-Kirchweih" unternommen – schließlich hatte die einst auch eine Kapelle.
Noch einmal sollte es ein Mitglied der Schwarzenberger sein, das Jahrhunderte nach der Zerstörung der Burg wenigstens den Ort, der nach der Ansiedelung von Bäumen immer mehr zugewachsen war, aufwerten wollte. 1876 ließ Fürst Johann Adolph zu Schwarzenberg auf Initiative des evangelischen Pfarrers Friedrich Lampert einen Aussichtsturm bauen. Dieser stand dann noch rund 90 Jahre.
Die teils verschlossenen Kellergänge bieten seit langer Zeit Unterschlupf für die Mopsfledermaus, die hier ihr Winterquartier bezogen hat. Fürst Johannes zu Schwarzenberg, Kopf des fränkisch-böhmischen Hochadelsgeschlechts, freut sich, dass wenigstens durch sie Leben in den alten Steinen herrscht. "Ansonsten muss ich zugeben, dass die Ruine eher eine Belastung für uns darstellt. Wir müssen für die Verkehrssicherheit sorgen, was angesichts der vielen Ausflügler, Burgenwanderer und der Mountainbiker, die um Hohenlandsberg unterwegs sind, auch notwendig ist", sagt das Familienoberhaupt bei einem Treffen im Büro in einem Nebengebäude des Stammsitzes der Schwarzenberger in Scheinfeld, wo die evangelische Mathilde-Zimmer-Stiftung eine Realschule und ein Internat betreibt.
Glaser-Holzschnitt im Büro
Fürst Johannes ist viel unterwegs zwischen den Ländereien und Sitzen in Österreich, Tschechien und Deutschland. Die ältesten Besitzungen hat die Schwarzenberg’sche Familienstiftung allerdings in Franken – darunter einen rund 1900 Hektar umfassenden Forstbetrieb, in dem auch die Burgruine liegt. Die hängt im Dienstzimmer des Fürsten an der Wand – in Form einer Kopie des Hans-Glaser-Holzschnitts, der nach der Zerstörung der Burg entstanden war.
"Wir sind immer eng der Region und den Menschen verbunden geblieben. Auch wenn sich die Familie konfessionell in verschiedene Richtungen entwickelte", meint er. Es gebe eine holländische Linie, die sich "Schwartzenberg en Hohenlansberg" schreibt und im Gegensatz zu seiner eigenen Familie protestantisch sei. "Das Bekenntnis war für uns aber nie entscheidend. Man sieht in den mittelfränkischen Ortschaften, die unter Verwaltung der Schwarzenberger standen, heute noch oft eine katholische neben einer evangelischen Kirche, oder auch Synagogen", versichert der Fürst, der sich selbst als "echten Zentraleuropäer" bezeichnet, seine Familie als sachlich nüchtern im Betreiben der Geschäfte.
Sämtliche Verwaltungs- und Immobilienangelegenheiten regelt für die Familie Gaby Wagner. Die Oberförsterin ist seit 2006 bei der Fürstlich Schwarzenberg’schen Familienstiftung beschäftigt und daher auch oft im Wald und um die Ruine unterwegs. Ebenso wie sie treibt Johannes Schwarzenberg aber weniger deren Zustand, sondern die Sorge um die Bäume auf dem trockenen Kalkberg um, auf dem die Burg vor 500 Jahren erbaut wurde. "Wir müssen mangels Feuchtigkeit mehr Holz aus dem Wald nehmen, als wir eigentlich wollen", geben beide zu. Und auch hier kommt wieder das Thema Sicherheit ins Spiel – da der Hohenlandsberg oft von Burgenfans erklommen wird, muss auch dafür Sorge getragen werden, dass niemandem ein Baum auf den Kopf fällt.
Und noch einen Rat hat der Fürst für alle Burggäste, die ihre Träume und Fantasien rund um die alten Gemäuer kultiviert haben: "Bitte nicht anfangen, irgendwo zu graben oder auf Schatzsuche gehen – alles, was mal wertvoll war, wurde vor Jahrhunderten geplündert", ist er sich sicher. Die Burg Hohenlandsberg als Teil der Familiengeschichte in Ehren halten – das ist dem Adligen wichtig. Und dass die Fledermäuse hier ein Zuhause gefunden haben, gebe ihr auch heute noch einen echten Mehrwert.
Kommentare
Diskutiere jetzt mit und verfasse einen Kommentar.
Teile Deine Meinung mit anderen Mitgliedern aus der Sonntagsblatt-Community.
Anmelden