Olafur Eliasson fasziniert mit seinen raffinierten Kunstwerken in New York und Berlin. Jetzt hat er für eine neue evangelische Kirche auf dem Land nahe Ingolstadt eine Lichtinstallation entworfen. Sein Ja kam ohne Zögern.

Olafur Eliasson bringt Sonne ins Museum und Wasserfälle nach New York. Der dänische Künstler isländischer Herkunft gilt als Ausnahmetalent, als Künstler des Unmöglichen. Wenn er nicht gerade Gesteinsproben von isländischen Vulkanen nimmt oder Solar-Sonnenblumen ins arme Äthiopien bringt, dann sitzt er vielleicht bei einem Team-Meeting. Einem der besonderen Art: Er versammelt dafür regelmäßig alle seine kreativen Köpfen zu Gespräch und Austausch um einen riesigen Mittagstisch. Künstlerkollegen schildern Eliasson als sensiblen und empfindsamen Menschen. Er hole Licht ins Dunkle wie kein anderer, sagen sie.

Wenn einer wie er sich für ein Projekt starkmacht, dann muss es vor allem seinen hohen ästhetischen Ansprüchen genügen. Als die evangelische Landeskirche ihn per Mail für das Projekt im oberbayerischen Kösching bei Ingolstadt anfragte, kam das Ja ohne Zögern. "Damit hat keiner von uns gerechnet", sagt Christoph Schürmann, Pfarrer der neuen Dietrich-Bonhoeffer-Kirche. Als habe Eliasson nur auf so ein Projekt gewartet: Ein erster Entwurf kam gleich mit der Zustimmung. "Der finanzielle Rahmen war zum Glück vorher abgesteckt", sagt der Theologe.

Nun schlägt die Installation und mit ihr die Kirche so hohe Wellen, dass Schürmann regelmäßig Fotografen abwimmeln muss. Das Kunstwerk im Innenraum dürfe laut seinem Schöpfer nur mit autorisierten Bildern gezeigt werden. Eliasson verzaubert mit seinen raffinierten Werken Kunstsinnige in Berlin und New York. Zum ersten Mal ist eine seiner Installationen nun nicht in einem repräsentativen Großformat zu sehen, sondern in einer zwar neuen, aber von den Maßen her normalen Kirche nördlich von Ingolstadt. 

Olafur Eliasson gestaltet Installation für Zentrum

Schon bei der Architekten-Ausschreibung sei ein besonderes Kunstkonzept gefordert gewesen, schildert Schürmann. Der Kirchenvorstand habe alles richtig machen wollen. Neue Kirchen haben heutzutage Seltenheitswert. Als die Gemeinde auf 4.300 Mitglieder anwuchs, entschied der Kirchenvorstand im Zusammenwirken mit der Landeskirche, dass ein ganzes Gemeindezentrum für die drei Gemeinden Hepberg, Lenting und Kösching entstehen solle. Die Kirche wurde nun in mehrerer Hinsicht zu einem Leuchtturm-Projekt.

Das Ensemble mit seinen klaren Linien und Strukturen entspricht den Ansprüchen modernster Architektur. So öffnen sich die Gebäude mit einem großzügigen Innenhof zur Welt hin und unterstreichen den einladenden Charakter. Die evangelische Konzentration auf das Wesentliche zeigt sich auch in dem ungewöhnlich gestalteten Altar, der mit integriertem Lesepult und Taufbecken die Einheit von Wort und Sakrament zur Geltung bringt, erklärt der Pfarrer. 

Die Architektur habe von Anfang an viel Anklang gefunden. Eine Krönung erfahre das Ganze nun durch Eliassons Werk. Altar, Taufstein, Kanzel und der Leuchter der Osterkerze aus Messing verbinden sich mit der Installlation. Eliasson hat zwölf Messingellipsen geschaffen, die den Lauf der Sonne symbolisieren sollen. Deshalb trägt das Kunstwerk auch den Namen "Der auf der Sonne". Es beginnt an der östlichen Kirchenwand über der Osterkerze und erreicht seinen Höhepunkt in der südlichen Ecke des Kirchenraums. Von dort laufen die Ellipsen in Richtung Westen wieder nach unten. So überspannt der Sonnenlauf den gesamten Altarraum und die südliche Fensterfront, die den Blick in die Natur freigibt. "Das Kunstwerk erdet das geistliche Leben in der Natur", sagt Schürmann.

Für Eliasson sehnt sich Kunst immer zum Licht. Vielleicht hat er deshalb diese Kirche für sein Kunstwerk gewählt. Die Besucher können es ab Pfingstmontag (21. Mai) selbst herausfinden. Kirche und Gemeindezentrum sind nach dem Theologen Dietrich Bonhoeffer (1906-1945) benannt, der wegen seines Widerstands in der NS-Zeit im KZ Flossenbürg ermordet wurde.