Die evangelische Realschule Ortenburg mit Internat ist einzigartig im katholischen Niederbayern. Mit einer Klassenstärke von im Schnitt 23 Kindern setzt sie auf individuelles Lernen, soziales Miteinander und die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder.

Trotzdem ist in den vergangenen Jahren die Schülerzahl gesunken. Aktuell liegt sie bei 261. Das habe zum einen demografische Gründe, weil im ländlichen Bereich weniger Kinder geboren wurden, sagt Schulleiterin Heide Hesse. Zum anderen sei das Interesse der Eltern gesunken, Kinder ins Internat zu geben.

Nachfrage nach Plätzen an evangelischer Realschule Ortenburg gestiegen

Doch eine Trendumkehr scheint in Sicht: Familien scheinen die Beschulung und Versorgung der Kinder jenseits der Heimatgemeinde als Chance zu sehen, gut durch die Pandemie zu kommen.

Im Internat leben Schüler in Wohngruppen zusammen, haben Kontakt zu Freunden, kein isoliertes Homeschooling und machen gemeinsam Sport. Trotz Corona seien die Schülerzahlen konstant, sagt Hesse. "Alle Kinder sind im Internat geblieben - auch die, die im Distanzunterricht sind."

Internat verzeichnet mehr Anmeldungen

Die digital gut ausgestattete Schule, die regelmäßigen Unterricht garantieren kann, könnte sich als Rettungsanker für gestresste Eltern und Kinder erweisen. Noch sei es zu früh, um einen endgültigen Schluss zu ziehen, sagt Hesse. "Im Moment können wir aber sagen, dass wir wieder mehr Besichtigungstermine und feste Anmeldungen haben."

Auch die aktuellen Schülerzahlen in der dritten Grundschulklasse seien wieder gestiegen, sodass Hesse damit rechnet, dass es in ein, zwei Jahren wieder mehr Schülernachwuchs in der Realschule gibt. Noch sei die Talsohle aber nicht überwunden, sagt Dekan Jochen Wilde.

Wie Wilde das Internat für die Zukunft rüsten will

Als er die Zahlen und Bilanzen für Schule und Internat zum ersten Mal las, habe er sich "sehr intensiv" damit beschäftigt, gibt er unumwunden zu. Privatschulen befänden sich wirtschaftlich im Nachteil gegenüber staatlichen Schulen.

Hinzu komme, dass es aufgrund der Finanzsituation weniger Mittel von der Landeskirche gebe. In der Region erlebe er auch einen "starken Konkurrenzdruck" mit anderen Schulen, erläutert er.

Wilde will die Schule, die für ihn zum Markenkern des Dekanats gehöre, nun stärken und zukunftsfest machen, sagt er. "Wir müssen deutlicher machen, was für eine tolle Schule das ist."

Diakonisches Lernen - auch in der Praxis

Mitten im Grünen versorgt die Schule sich mit Regionalprodukten, hat ein hochengagiertes Lehrerteam, ist stark vernetzt mit Kirchengemeinde, Kommune und örtlichen Verbänden und Unternehmen, sodass diakonisches Lernen auch in der Praxis zum Tragen komme.

"Gerade Eltern, die ein kritisches Verhältnis zu Schule haben, müssten merken, was über den Lernstoff hinaus an sozialen Mustern und Know-how vermittelt, gelernt und gelebt wird", sagt Wilde. "Das wird nach Corona noch an Bedeutung gewinnen."

Für die kommenden Generationen haben Kirchengemeinde, Kommune und Erziehungsstiftung auch gesorgt: Im ehemaligen Konfirmandenhaus gleich nebenan entsteht derzeit eine dauerhafte Erweiterung des evangelischen Kindergartens und der Kindertagesstätte.

"Pädagogik mit Naturkonzept" im evangelischen Kindergarten

In dem Haus, das 1892 im Backsteinstil erbaut und in dem früher das Internat untergebracht war, werden Räume für 20 Kindergartenkinder und 15 Krippenkinder errichtet.

Realisiert werden soll eine "Pädagogik mit Naturkonzept", sagt Ortspfarrerin Sabine Hofer. Das Haus liege mitten in einem Obstgarten mit angrenzendem Waldstück.

"Miteinander leben und leben lernen" sei das Motto. Dabei lernten die Kinder auch gleich die Realschule kennen. "Die Kleinen sind megastolz, dass sie in der Mensa bei den Großen essen dürfen."