Wer beim Kleiderkauf ein halbwegs gutes Gewissen haben wollte, stand bislang oft mit krauser Stirn im Laden: Garantiert "made in EU" höhere Sozialstandards als "made in Bangladesh"? Ist die teure Jeans ökologisch sauberer als die günstige? Achten kleine Hersteller besser auf faire Produktionsbedingungen als große Ketten? Verbrauchermacht schwindet, wenn Einkaufen zur Wissenschaft wird.

Der Grüne Knopf will Abhilfe schaffen. Vergangenen Montag hat Bundesentwicklungsminister Gerd Müller das neue Meta-Siegel eingeführt, um Verbrauchern eine Leitplanke für ihre Kaufentscheidungen zu geben.

Wer Klamotten mit Grünem Knopf kauft, soll sich darauf verlassen können, dass Näherinnen dafür den gesetzlichen Mindestlohn bekommen, dass ihr Arbeitsplatz sicher und sauber ist, dass Zwangs- und Kinderarbeit verboten ist, dass die Ware umweltschonend hergestellt wurde.

Zertifiziert sind bislang 27 Unternehmen

Die Unternehmen müssen Beschwerdestellen einrichten, Missstände beseitigen und darüber öffentlich berichten. 26 ökologische und soziale Produkt- und 20 Unternehmenskriterien müssen erfüllt sein, damit eine Firma den Grünen Knopf verwenden darf. Zertifiziert sind bislang 27 Unternehmen: vom Discounter Lidl bis zum Ökopionier Hess Natur.

Kritik an dem Siegel gibt es reichlich. Menschenrechtsorganisationen bemängeln, dass es nur freiwillig ist. Umweltverbände kritisieren, dass es noch nicht die ganze Lieferkette abdeckt. Bestehende Textilsiegel bedauern zu schwache Richtlinien.

Tatsächlich steht der Grüne Knopf noch am Anfang. Momentan ist er vergleichbar mit dem EU-Biosiegel: viel besser als nichts, aber nicht konkurrenzfähig mit höherwertigen Siegeln – z. B. Naturland bei Lebensmitteln, GOTS bei Textilien.

Transparenz, Sozialverträglichkeit und Nachhaltigkeit

Dennoch ist der Knopf ein Meilenstein. Er ist laut Ministerium weltweit das erste staatliche Siegel, das Transparenz, Sozialverträglichkeit und Nachhaltigkeit in die Textilproduktion bringen will.

Aber wer von Deutschland aus Standards setzen will, die für Akteure in den verschiedensten Ländern gelten müssen, bohrt dicke Bretter. Allen Unternehmen, die diese Aufgabe anpacken, gebührt ein Vertrauensvorschuss. Sie beschreiten den richtigen Weg – hin zu gerechteren Wirtschaftskreisläufen, die Natur und Mensch nicht nur als Ressourcen betrachten, die es gewinnbringend auszubeuten gilt. Für wache Konsumenten ist das Siegel eine große Hilfe: Ware von Knopf-Unternehmen kann bedenkenlos in den Korb – je öfter, desto besser.

Der Markt zeigt aber schon bei Bio- und Fairtrade-Produkten: Mehr als eine bestimmte Prozentzahl an Käufern (und Produzenten) bekommt man so nicht ins Boot. Wollte man alle zu mehr Gerechtigkeit und Umweltverträglichkeit verpflichten, bliebe in Landwirtschaft wie Textilbranche nur eins: gesetzliche Regelungen.