Generationen von Kindern mussten sich am Tisch diesen Spruch anhören, wenn sie ihren Teller nicht leer essen wollten: "Die Kinder in Afrika würden sich freuen." Das zog, und man zwängte den letzten Bissen auch noch rein, um das schlechte Gewissen zu beruhigen und die TV-Bilder von dunkelhäutigen, schreienden Kleinkindern aus dem Kopf zu kriegen. Auch wenn der Spruch unfair ist: Manchmal liegt er mir in diesen Tagen trotzdem auf der Zunge, wenn die Bilder der "Fridays for Future"-Streikenden durch die Medien geistern.
"Schule schwänzen für mehr Klimaschutz" – es ist ein Luxus. Erst 2018 mahnte die UNESCO an, dass weltweit 263 Millionen Kinder und Jugendliche zwischen sechs und 17 Jahren keinen Zugang zu Bildung haben. Laut der Organisation verteilen diese sich auf 63 Millionen zwischen sechs und elf, 61 Millionen von zwölf bis 14 und 139 Millionen im oberen Sekundarschulalter zwischen 15 und 17 Jahren. Ein Großteil von ihnen hatte nie die Chance, eine Schule zu besuchen und würde einiges daran setzen, Zugang zu Bildung zu erhalten. Vielleicht sogar dafür demonstrieren.
Die Demos und ihre Begleitumstände sind teils widersprüchlich
Die meisten leben laut UNESCO in Subsahara-Afrika. Also auf dem Kontinent, wo Kinder unter menschenunwürdigen Umständen mit den bloßen Händen Rohstoffe wie Kobalt aus Minen schürfen. Seltene Erden, die als integraler Bestandteil von Smartphones auch in den Händen der während ihrer Schulzeit streikenden Schüler landen, die damit ihre Märsche medial dokumentieren und sich auch ein bisschen feiern. Die unterwegs sind auf Demos, deren Ideengeberin Greta Thunberg einfache, radikale Lösungen für schwierige, komplexe Probleme fordert, was man hierzulande in anderem Kontext "Populismus" schimpfen würde. Die dafür auch noch gefeiert wird, nicht zuletzt von "Klimakanzlerin" Angela Merkel.
Die Demos und ihre Begleitumstände sind teils widersprüchlich. Dabei ist es absolut notwendig, auf das Problem "Klimaveränderung" notfalls auch mit drastischen Mitteln hinzuweisen. Vor allem dürfen diese Nadelstiche von der Generation ausgehen, die zu Recht keinen zerstörten Planeten erben will. Die Demonstranten sollten ihren Anspruch auf Mitgestaltung der Zukunft aber anders zeigen: da sie Gefahr laufen, ihren Protest in "Happening-Streiks" ausarten zu lassen; und da die Politik möglicherweise mit schnellen, aber wenig nachhaltigen Placebo-Antworten kommt, um die Gemüter zu beruhigen. Besser wäre es, die Chancen auf Bildung und Schulabschlüsse wahrzunehmen und in Politik und Wirtschaft etwas zu bewegen. Die Kinder in Afrika würden sich freuen.
"Fridays for Future"
Anstatt freitags in die Schule oder Universität zu gehen, treibt es junge Anhänger der "Fridays for Future"-Bewegung seit vielen Monaten weltweit auf die Straße. Sie fordern von ihren jeweiligen Regierungen eine bessere Klimapolitik.
Ausgangspunkt für die Demonstrationen war der mehrwöchige Schulstreik der 16-jährigen Schwedin Greta Thunberg, die erstmals im August 2018 allein vor dem schwedischen Parlament ausharrte und für mehr Klimaschutz eintrat. Thunberg inspirierte mit ihrem Protest junge Menschen und erregte international Aufsehen. "Fridays for Future" ("Freitage für die Zukunft") will mit dem Fernbleiben vom Unterricht ausdrücken, dass der Schulbesuch sinnlos wird, wenn die Politik beim Kampf gegen den Klimawandel keine entscheidenden Schritte unternimmt.
Von der deutschen Politik verlangen die Schüler und Studenten ein Ende der Subventionen für fossile Energieträger wie Kohle, Öl und Gas bis Ende dieses Jahres. Bis dahin müsse auch ein Viertel der Kohlekraftwerke abgeschaltet und der CO2-Ausstoß durch eine Besteuerung stark verteuert werden.
Vereinzelt haben Schüler auch an unterrichtsfreien Freitagen und während der Ferien demonstriert. Für den 20. September haben "Fridays for Future" zu einem weltweiten Generalstreik aufgerufen.