Bis auf den letzten Stuhl sind alle Plätze des Gemeindehauses besetzt: Kinder, Eltern und Großeltern kommen, um zu sehen, was an diesem Sonntag passiert. Erst mal – nichts! Plötzlich das laute Schrillen eines Weckers, ein herzhaftes Gähnen, und mit verschlafenen Bewegungen kommt Clownin Amanda auf die Bühne. Die Kinder reagieren sofort auf die noch ganz verträumt wirkende Person, ein fröhliches Kreischen und Rufe wie "Schlafmütze" begleiten jede Aktivität. Amandas Versuch, eine weiße Klobürste als Haarbürste oder Flöte zu verwenden, erntet große Heiterkeit. Auch eine übergroße weiße Zahnbürste, irrtümlich als Massagegerät für den Rücken verwendet, begeistert die Kleinsten.
Jedoch stellt sich bei all dem Spaß bald eine Frage: Wie bekommen all die weißen Gegenstände Amandas Lieblingsfarbe Rot? "Anmalen!" lautet das einstimmige Votum der Kinder. Beherzt greift Amanda nun zu einer Farbdose nach der anderen, um den Vorschlag in die Tat umzusetzen. Doch plötzlich sind Klobürste, Regenschirm und Co. auf einmal grün, gelb, blau, orange, nur nicht rot! Aber bunt sei ja schließlich auch eine schöne Farbe, stellt Amanda fest. "Der Mensch ist ein Farbtupfer Gottes, wunderbar gemacht", singen nun Clownin und Kinder zusammen und freuen sich, dass es statt einer Farbe so viele andere gibt.
Mit "allmächd" und "bassd scho" aus dem Nähkästchen plaudern
Die Farben seien blau wie der Himmel, gelb wie die Sonne und rot wie Erdbeeren, erklären die Kinder fachkundig auf Nachfrage von Diakonin Karin Brandmeyer, die nun mit Gitarre und tatkräftiger Unterstützung von rund 20 Kindern das Lied "Kunterbunt" und "Gott, du bist wie ein buntes Licht" anstimmt. Rhythmisch schwenken die Kinder bunte Tücher. Zum Abschluss erhält jedes Kind einen bunten Regenbogenstift geschenkt.
Dass Clowns, Humor und die närrische Zeit ihren Platz in der Kirche gefunden haben, ist sich die Dietersdorfer Pfarrerin Renate Schindelbauer sicher. Sie tritt selbst im Gottesdienst in Form der "Babett Eberlein aus Nürnberg-Schweinau" auf. "Der Gedanke an die Babett kam mir vor über 15 Jahren in der Gemeinde Buchheim", verrät Schindelbauer über die Entstehung der Faschingsfigur. Damals sei es zunächst einfach eine Idee gewesen, zur Karnevalszeit einmal etwas anderes zu machen. "Das Besondere an Babett ist, dass sie ihre Predigten im besten Nürnberger Dialekt hält", erläutert Schindelbauer. Als alteingesessene Bewohnerin des Stadtteils Schweinau wüsste diese über alle Sorgen und Nöte, aber auch über schöne Alltagsmomente der Menschen im Viertel Bescheid und könne mit viel "allmächd" und "bassd scho" aus dem Nähkästchen plaudern.
Lachen ist erlaubt
Das Erfolgsrezept von Babett ist, dass sie die Predigttexte alltagsnah auslegt. Babett ist in der Kirchengemeinde sehr engagiert, war schon Inklusionsbeauftragte, Aushilfssekretärin, und auch ihr Mann Heiner blieb als Sicherheitsbeauftragter vom Ehrenamt nicht verschont. Babett kann erzählen, was die Menschen bewegt, andererseits aber auch die humorvollen Aspekte eines biblischen Texts zum Ausdruck bringen. "Nach so einer – oft auch etwas schrägen – Predigt gehen die Menschen aus der Kirche und sehen die Schönheit und Andersartigkeit der biblischen Texte aus einem anderen Blickwinkel", hofft Schindelbauer. Hier merke man, dass Leben durchaus etwas Leichtes sei, bei dem man ruhig auch laut lachen dürfe.