Unmut der Basis über ausbleibende Reformen, schwindender gesellschaftlicher Einfluss: Viele ernste, wenn nicht existenzielle Probleme belasten die katholische Kirche in Deutschland. Der Limburger Bischof Georg Bätzing, auf der Frühjahrsvollversammlung in Mainz neu gewählter Vorsitzender der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, weiß, dass sein Amt eine große Bürde darstellt. Zum Abschluss der viertägigen Beratungen hat er offenbar bereits eine Ahnung, wie schwer es wird, alle innerkirchlichen Strömungen unter einen Hut zu bekommen. "Die Kirche ist eher Familie, kein Freundesclub", sagte Bätzing: "Zusammenbleiben ist das Wesentliche."
Bereits die Tagesordnung der Mainzer Vollversammlung machte die ganze Bandbreite der Probleme deutlich. Nach langen Beratungen einigten sich die Bischöfe auf ein Grundsatzpapier, das den Umgang mit Missbrauchsopfern neu regelt. Sie sollen nun deutlich höhere Zahlungen für ihr erlittenes Leid erhalten. Die finanzielle "Anerkennung" – das Wort Entschädigung vermeiden die Bischöfe geflissentlich – soll auf bis zu 50 000 Euro pro Person steigen, in Ausnahmen auch höher liegen. Das ist viel weniger, als die Betroffeneninitiativen forderten, aber offenbar mehr, als manche Bistümer und Orden ohne Zugriff auf die Kirchensteuern aufbringen können.
Völlig gegensätzliche Vorstellungen
Ähnlich wie beim Missbrauchsthema stoßen auch bei den anderen großen Baustellen der katholischen Kirche unverändert völlig gegensätzliche Vorstellungen innerhalb Deutschlands aufeinander. Wichtige Entscheidungen müssen noch dazu mit dem Vatikan abgestimmt werden.
In Mainz übergaben Vertreter von katholischen Reform- und Frauengruppen den Bischöfen mehr als 130 000 Unterschriften für eine "geschlechtergerechte Kirche". Zwar sind selbst die meisten Bischöfe inzwischen offen für den Abschied vom Pflichtzölibat für Priester, aber der Priesterweihe für Frauen stehen auch eher liberal Gesonnene ablehnend gegenüber.
"Ich kenne den Erwartungsdruck", sagt Bätzing, dem es in Limburg seit 2016 als Nachfolger des umstrittenen Franz-Peter Tebartz-van Elst gelungen war, viel zerstörtes Vertrauen in die Kirche wiederherzustellen. Einen Ausweg aus dem Dilemma verspricht er sich von dem von Bischöfen und Laien gestarteten Dialogprozess, dem Synodalen Weg. Den hatte Bätzings Vorgänger Reinhard Marx gegen erhebliche Widerstände durchgesetzt. Und auch der Limburger Bischof hatte sich sofort im Anschluss an seine Wahl ohne Abstriche zu dem Dialogforum bekannt.
Öffnung der Weiheämter für Frauen
Der Synodale Weg sei auch eine Chance, manchen auf unrealistische Reformen hoffenden Kirchenmitglieder "Enttäuschungen" zu ersparen. Gruppen wie "Maria 2.0" oder die Katholische Frauengemeinschaft kfd hätten in der Öffentlichkeit bewusst Maximalforderungen gestellt, sagt Bätzing. Dabei sei vielen klar, dass eine Öffnung der Weiheämter für Frauen innerhalb der kommenden Jahre nicht realistisch sei. Es gehe darum, alle Möglichkeiten für Veränderungen auszuloten und dann alles Machbare umzusetzen.
Nicht nur reformfreudige Katholiken, sondern auch an der Ökumene interessierte Protestanten werden weiter viel Geduld brauchen.
Beleg dafür sind nicht zuletzt Passagen zum Ökumenischen Kirchentag in Frankfurt 2021 aus dem Abschlusspapier der Bischofskonferenz. Spätestens für das Christentreffen in Bätzings Heimatbistum wünschen sich viele Christen einen Durchbruch beim gemeinsamen Abendmahl. Die Bischöfe diskutierten nun das Papier eines ökumenischen Arbeitskreises zur Öffnung der Eucharistie, würdigten es als "kenntnisreichen und differenzierten Beitrag", erkannten aber zugleich offene Fragen.
Mit denen sollen sich nun erst einmal mehrere Kommissionen und Fachgruppen befassen.