Heute ist der gebürtige Nürnberger Mehmet Yilmaz stolz auf seine Leistung. Der 22-Jährige mit türkischen Pass kam als Siebtklässler zum Nürnberger Global Elternverein. Sein Vater war mit den Schulnoten von Mehmet auf der Hauptschule nicht zufrieden und hoffte, dass der Nachhilfeverein seinen Sohn unterstützen könnte. Mehmet selbst war auch nicht von sich überzeugt: "Ich dachte, ich hätte sowieso nicht viele Perspektiven, weder auf der Schule noch später beim Beruf", erzählt er. Aber insgeheim war sein Traumberuf Ingenieur.

Sein Nachhilfelehrer wurde der neun Jahre ältere Eddie Kayiira, der mit seiner Mutter als Zweijähriger aus Uganda nach Deutschland gekommen war. Dessen Grundschullehrer empfahl ihm die Hauptschule. Doch Eddie büffelte sich durch bis zur Realschule, absolviert die Fachoberschule, um dann seinen Bachelor und Master in Wirtschaftsinformatik erfolgreich abzulegen. Heute ist er Vorsitzender des Global Elternvereins.

Global Elternverein: Nachhilfe für 85 Schüler

Als Nachhilfelehrer war Kayiira für den jungen Mehmet genau der Richtige, zwar streng, wenn er mal bei der Nachhilfe keine Lust hatte und "Grenzen austesten" wollte. Andererseits war Kayiira für Mehmet auch eine Art Identifikationsfigur zum Anfassen. Er sah: "Der hat es auch geschafft."

Kayiira ließ seinen Nachhilfeschüler das Mathebuch mit allen Aufgaben dreimal durchrechnen - "seitdem habe ich mit Mathe keine Probleme mehr", sagt Yilmaz. Er machte nach der Hauptschule weiter, um dann an der Technischen Hochschule Nürnberg sein Ingenieursstudium zu absolvieren. Jetzt sattelt er gerade sein Mechatronik-Studium drauf, weil darin mehr IT vorkommt. Heute nimmt wiederum Yilmaz die Rolle aus Identifikationsfigur ein. Seit rund fünf Jahren ist auch er Nachhilfelehrer im Global Elternverein.

Verein will Selbstbewusstsein der Schüler stärken

Der Verein im Nürnberger Stadtteil Schweinau betreut aktuell rund 85 Schüler, vom Vorschüler bis zum Gymnasiasten in der Oberstufe. Die Kinder stammen nicht nur aus Deutschland. Sie sind unter anderem aus Brasilien oder Griechenland, Rumänien und Bulgarien, aus Syrien, Ghana, Togo und Eritrea sowie den Philippinen. Es sind über 20 Nationen. Neben der Nachhilfe oder der Vorbereitung auf Tests und Prüfungen bietet der Global Elternverein auch ein selbstentwickeltes Antiradikalisierungsprojekt.

Ziel ist es, "Selbstbewusstsein und kognitive Fähigkeiten" von Kindern und Jugendlichen zu stärken, erklärt Yilmaz, der das Projekt seit vier Jahren leitet. Zu den Bausteinen gehören Computer- und Programmierkurse oder auch Debatten und Diskussionen auf Deutsch bis zu kleineren Schauspieltrainings. Spielerisch sollen die Teilnehmer auch die Religionen der Anderen kennenlernen. Wechselseitig müssen die Teilnehmer Religion und Kultur der anderen vorstellen, Katholiken, Moslems, Orthodoxe und Hinduisten sind vertreten.

Manchmal stehen die Nutzungsbedingungen der Anbieter von sozialen Medien auf dem Themenplan oder die Frage, wie man beispielsweise Posts auf Facebook als wahr oder Fake News erkennen kann. Ein wichtiger Baustein ist hierbei auch die Aufklärung darüber, "wie die Maschen der Radikalisierer funktionieren". Radikale Gruppen seien "sehr gut und professionell in den sozialen Medien vertreten", sagt Yilmaz.

Vorbilder zeigen: "Ihr habt Perspektiven in Deutschland"

Er und Vereinsvorsitzenden Kayiira wollen mit dem Projekt - kombiniert mit den Schulerfolgen den Schülern zeigen: "Ihr habt Perspektiven in Deutschland". Oft würde man den Kindern mit ausländischen Wurzeln einreden, "dass du hier keine Chance hast, weil du Ausländer bist". Mit ihren Berufswegen stehen die beiden als gegenteilige Beispiele für die Möglichkeiten im bayerischen Bildungssystem.

Vereinschef Kayiira hat zwar jetzt einen Vollzeitjob als Wirtschaftsinformatiker, an seiner Vereinsarbeit will er aber nicht rütteln. "Ich weiß, wir leisten eine wichtige Arbeit für Völkerverständigung", sagt er.