Der Bekannte ist nicht sehr alt und gar nicht krank, als er in einem Gespräch einmal sagt: "Mit geht es gut, ich bin bereit, der Tod kann kommen, wenn er kommt". Für Laura Roser ist diese Gelassenheit Anstoß, über die Sterblichkeit nachzudenken und schließlich eine Ausbildung als Hospizbegleiterin zu machen, erzählt die Mittdreißigerin. Seit knapp zwei Jahren ist die berufstätige Frau für das Hospiz-Team Nürnberg als Ehrenamtliche tätig. Schon seit einiger Zeit begleitet sie einen 80-Jährigen Mann, der einen Schlaganfall hatte. Auch wenn der alte Herr nicht sprechen kann, sie hat das Gefühl, dass ihm ihre Besuche gut tun. Auch für die Angehörigen seien ihre Besuche bei ihm eine Entlastung, stellt Roser fest.

Nürnberger Hospiz-Team begleitet sterbende Menschen und Umfeld

Vor 30 Jahren hat sich in Nürnberg das Hospiz-Team gegründet. Die von Cicely Saunders schon 1967 in London gegründete Hospizbewegung kam Ende der 1980er-Jahre in Deutschland an. 240 Hospizbegleiterinnen und -begleiter sind inzwischen für den Nürnberger Verein tätig. Auf der Homepage des Hospiz-Teams und in einer Broschüre erzählen alle davon, wie sinnvoll sie ihre Aufgabe finden.

"Viele sagen, ich war nur 20 Minuten in einer Familie und die waren so glücklich darüber - und für mich waren 20 Minuten gar nichts",

sagt der Vorstand des Hospiz-Teams, Diakon Dirk Münch.

Aber das Klischeebild des Sterbebegleiter, der am Bett sitzt und Händchen hält, stimmt so nicht ganz, erklärt Münch. "Sterben begleiten heißt, das ganze Umfeld, den ganzen Prozess zu begleiten - nicht nur den Sterbenden selber." Häufig seien die Hospizbegleiter für die Angehörigen ein Ventil. "Manchmal müssen sie vielleicht Unangenehmes sagen dürfen oder ihren Frust ablassen".

Im Laufe der letzten drei Jahrzehnte ist nach Beobachtung Münchs das Thema Tod und Sterben mehr ins Bewusstsein der Menschen getreten. Dafür hätten Öffentlichkeitsarbeit der Hospiz- und Palliativbewegung und die Medien gesorgt, aber auch die Tatsache, dass die Gesellschaft älter werde. "Man muss sich mit diesem Thema jetzt mehr auseinandersetzen". Dennoch die Frage, wie sie sterben wollen und ob sie sich dabei begleiten lassen wollten, stellen sie viele nach Münchs Meinung zu spät.

Schon bevor eine Familie feststelle, dass sie mit der Situation überfordert sei, sollte sie den Kontakt zur Hospizbegleitung hergestellt haben. "Wenn ich merke, ich habe als pflegende Angehörige keine Zeit zum Luftholen mehr", dann sei es gut, die Hospizhelfer rufen zu können. "Aber die meisten Menschen rufen erst dann an, wenn das System schon so wackelig oder zusammengebrochen ist". Oft machen die Pflegehelfer das Hospiz-Team auf solche Fälle aufmerksam.

Laura Rosers erster Fall nach einer Ausbildung war so: Jeden Tag saß die Tochter bei ihrer sterbenden Mutter im Pflegeheim und traute sich kaum, die totkranke Frau einmal zu verlassen. Erst als ihr die Sterbebegleiterin zur Seite stand, konnte sie ein paar Stunden für sich sein.

Spezialisierte Sterbebegleiter arbeiten Kindern, deren Geschwister lebensbedrohlich erkrankt sind

Nicht nur zuhause oder im Pflegeheim sind die Hospizbegleiterinnen und Hospizbegleiter im Einsatz. Im Laufe der Zeit haben sie sich auf viele verschiedene Bereich spezialisiert. Es gibt die Begleitung für Menschen in Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe, es gibt Hospizarbeit in Gebärdensprache. Wo Münch noch Bedarf sieht, ist in der Betreuung der Menschen mit Demenz, "denn die gehen zum Teil ganz unter". Professionalisiert hat der Verein aber in den letzten Jahren die Angebote für Kinder, deren Geschwister lebensbedrohlich erkrankt sind und die Begleitung dieser Familien.

Und das Hospiz-Team geht an die Schulen. Ingrid Kästlen, Hauptamtliche im Nürnberger Hospiz-Team, ist unter anderem für diese Informationsarbeit zum Thema Tod und Sterben zuständig. "Das ist eine Chance bei jungen Menschen, einen anderen Blick auf den Tod zu entwickeln", sagt sie. Natürlich stünden diese Themen in einzelnen Lehrplänen, "aber wir kommen aus der Praxis". Ihr und ihrem Team würden die Jugendlichen Fragen dazu stellen, welche Bedürfnisse die Menschen am Lebensende haben, oder "wie fühlt sich Sterben an, wird oft gefragt", so Kästlen. Und es kommt die Frage - warum man sich eigentlich die Aufgabe als Hospizbegleiterin überhaupt gesucht hat.

"Passen Sie auf, das erste, was die Leute zu ihnen sagen werden ist, 'so etwas könnte ich nie'." Das sagt Münch immer zu den neuen ehrenamtlichen Hospizbegleitern in der Ausbildung. Aber der Hospizbegleiter, der sich auch nur eine Stunde für einen sterbenden Menschen genommen hat, spüre, was für eine zufriedenstellende Aufgabe das sei. Während der 30 Jahre, die er selbst beim Hospiz-Team dabei ist, hat Münch es kaum erlebt, dass ein Ehrenamtlicher aufgegeben hat. Denn, so sagt es auch Laura Roser, diese Aufgabe gibt ihr selbst so viel, und sie hat ihren eigenen Blick auf das Leben verändert.