Seit 1. Dezember ist Kai Stähler Vorstandsvorsitzender der Nürnberger Stadtmission, vergangene Woche ist er in einem Gottesdienst offiziell ins Amt eingeführt worden. Der 45-Jährige hat seinen bisherigen Posten bei der Wichern-Diakonie in Frankfurt (Oder) gegen die Spitze des Unternehmensverbunds mit der Diakonie Erlangen getauscht. Für den studierten Sozialpädagogen, der auch Rummelsberger Diakon ist, bedeutet das ein Stück nach Hause kommen.

Zeit der patriarchalischen Vorstellungen vorbei

Die Zeiten, in denen Verantwortungsträger in Institutionen wie die Stadtmission Nürnberg kamen und diese nach patriarchalischen Vorstellungen ausrichteten, seien längst vorbei. Die Arbeit und die Weise, wie man sie angeht, würden sich nach den Themen und Anforderungen richten, meint der 1976 in Bayreuth geborene Kai Stähler. Diese seien für soziale Unternehmen im Wesentlichen sowohl im Osten wie im Westen dieselben.

An seiner bisherigen Wirkungsstätte hätten die Menschen noch von der DDR geprägte Biografien und Lebensläufe mitgebracht, ein Unterschied zu Nürnberg. Hier sei eines der drängendsten Probleme die Armut, wie sich allein an den Zahlen der Wohngeldbezieher ablesen lasse. Um Abhilfe zu schaffen, habe die Stadtmission mit ihrem breiten Netz an Beratungsangeboten einen wichtigen Beitrag zu leisten.

"Wir denken nicht nur an die Betätigungsfelder, die finanziell gut ins Portfolio passen, sondern richten uns an den Bedürfnissen der Menschen aus. Auch mit Einsatz von vielen Eigenmitteln", erklärt Stähler.

In den Fokus nehmen wolle er mit Stadtmission und Diakonie auch Kinder und Jugendliche, die gerade in den von Coronamaßnahmen eingeschränkten Jahren vielerorts zu kurz kamen. Und Stähler will in die Stadtgesellschaften hinein wirken:

"Eine Institution wie unsere muss auch ihre politische Stimme erheben und in den Gremien arbeiten."

Neu ist auch, dass die Stadtmission Nürnberg mit der Diakonie Erlangen nun an ihrer Spitze zwei statt drei Personen hat, darunter erstmals keine Ordinierten. Für den im vergangenen Jahr ausgeschiedenen Pfarrer Matthias Ewelt war kein neuer theologischer Vorstand gesucht worden. Stattdessen bildet der Diakon nun mit Gabi Rubenbauer, die für das Ressort Finanzen verantwortlich ist, eine Doppelspitze. "Dafür bringe ich meine diakonische Ausbildung und christliche Haltung mit", meint Stähler.

Der gelernte Erzieher hat an der bisherigen Wirkungsstätte in Frankfurt einen 600 Mitarbeiter starken diakonischen Verein mit vier gemeinnützigen Tochtergesellschaften geführt. Die neue Aufgabe ist jetzt eine Nummer größer: Bei Stadtmission Nürnberg und Diakonie Erlangen ist er jetzt verantwortlich für rund 1900 Haupt- sowie etwa 650 Ehrenamtliche.

Konzentration auf die Menschen in der Region

Er habe den "schönen Auftrag" sich voll darauf konzentrierten zu können, was für die Menschen in der Region jetzt am wichtigsten sei, sagte Stähler beim Einführungsgottesdienst. Er meine damit sowohl potentielle Klientinnen und Klienten, als auch die eigenen Mitarbeitenden, die die soziale Versorgung der Region sichern. Ein wichtiges Ziel sei es deshalb, den Einfluss von Stadtmission Nürnberg und Diakonie Erlangen auf allen sozialpolitischen Ebenen zu stärken:

"Wir wollen die Rahmenbedingungen der Sozial- und Pflegearbeit als Träger mitgestalten."

Angesichts knapper kommunaler Kassen, steigendem Kostendruck oder sich über Generationen verfestigenden Notlagen könnten Lösungen nur gefunden werden, "wenn wir als soziale Träger gemeinsam mit den politischen Entscheidern am Tisch sitzen".

Verwaltung und Organisation hat Stähler schon als Jugendreferent in Oberasbach (Landkreis Fürth) gelernt. Als dort für den evangelischen Einrichtungsverbund jemand aus dem Team gesucht wurde, der die Leitung übernehmen könne, habe er seinen Hut in den Ring geworfen, entsprechende Weiterbildungen in Betriebswirtschaft absolviert und langsam Geschmack am Organisieren und Verwalten gefunden.

"Auch in der Leitung kann ich gut gestalten", sagt er.

Vier Jahre lang pendelte er zwischen Brandenburg und der Heimat Fürth. "Es war eine gute Zeit, aber ich wollte wieder näher bei meiner Familie sein", bekennt der verheiratete Vater zweier Söhne. Als nun die Einschulung eines Sohnes anstand, habe er sich entschieden, nach einem neuen Job Ausschau zu halten. Die Nürnberger Stelle sei gerade zur richtigen Zeit ausgeschrieben worden. "Ich habe nur diese eine Bewerbung geschrieben", sagt Stähler.

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