Seit Russland die Ukraine überfallen hat, sind die Preise für Energie enorm gestiegen. Die bevorstehenden saftigen Erhöhungen der Kosten für Strom und Heizung betreffen auch Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen und Seniorenresidenzen - die einen früher, die anderen später.

Preiserhöhungen in größeren Heimbetrieben werden später umgesetzt

"Ab wann steigende Energiekosten umgelegt werden, unterscheidet sich sicherlich in Abhängigkeit von der Größe des Heimbetreibers", erklärt André Vater, Vorstand der Bremer Heimstiftung und Aufsichtsratsmitglied des Kuratoriums Deutsche Altershilfe (KDA). "Kleinere Betreiber werden die Kostendynamik sehr zeitnah spüren und sicher auch zeitnah umsetzen." Größere Betreiber hätten künftige Energiebedarfe über Terminkontrakte für längere Zeit zu niedrigeren Konditionen festgezurrt, so dass sich die Preise für Bewohnerinnen und Bewohner erst später und dann mit Vorlauf erhöhen werden.

Bis zu zwei Jahre lang könnten Heimbewohnerinnen und -bewohner sicher sein vor steigenden Energiekosten. So lange laufen Vater zufolge die längsten Verträge mit den Energieversorgern. "Unabhängig hiervon kann es natürlich für alle schwierig werden, wenn sich die künftige Verfügbarkeit von Energie verknappen sollte", sagt er.

Preiserhöhungen im betreuten Wohnen jährlich möglich

Im betreuten Wohnen hingegen sind Preiserhöhungen jährlich möglich. Denn hier werden die Kosten nach dem gleichen Verfahren wie in anderen Mietwohnungen abgerechnet.

Die in München sitzende Augustinum Gruppe beispielsweise hat die Preise für Unterbringung und Verpflegung in ihren bundesweit 23 Seniorenresidenzen zum 1. Juli erhöht - um durchschnittlich 3,5 Prozent. Eine Anpassung gebe es zwar jedes Jahr, sagt Matthias Steiner, Sprecher der Augustinum Gruppe. Aber: "Die Preisanpassung 2022 ist in der Tat zu etwa 70 Prozent den erheblich gestiegenen Energiekosten geschuldet."

Bedingungen für Preiserhöhungen in Heimen

Preiserhöhungen in Heimen sind im Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) geregelt. Demnach müssen Heimbetreiber mit Pflegekassen und Sozialhilfeträgern verhandeln, wenn sie mehr Geld wollen. Das WBVG enthält keine Regelung, wie oft und wie stark die Entgelte steigen dürfen. Das ist Verhandlungssache.

Die Verbraucherzentralen weisen darauf hin, dass Heimbetreiber das Entgelt für Wohnen nur mit Einverständnis der Betroffenen erhöhen können. Erhalten sie dieses Einverständnis nicht, müssen sie klagen. Sobald das Unternehmen mehr Geld will, können Bewohnerinnen und Bewohner überdies fristlos kündigen.

Langfristige Lösungen für steigende Energiekosten und erhöhte Preise

Langfristig fordern Interessenvertretungen von Heimbewohnern wie das KDA den sogenannten Sockel-Spitzen-Tausch. Bislang zahlt nämlich die Pflegeversicherung für die Grundpflege und die Betreuung nur einen Sockelbetrag, abhängig vom jeweiligen Pflegegrad. Alles, was darüber hinausgeht, müssen Pflegebedürftige selbst tragen. Die Wohnungskosten müssen sie ohnehin ganz bezahlen.

Ein Sockel-Spitzen-Tausch würde das Verhältnis umkehren: Pflegebedürftige zahlen einen festen Betrag, alles darüber hinaus die Kassen. Die Wohnkosten verblieben allerdings immer noch bei den Heimbewohnerinnen und -bewohnern. Aber wenigstens wären sie an anderer Stelle vor steigenden Kosten geschützt.

Gegen die teurer werdende Energie müssten andere Lösungen her. Zum Beispiel jener Weg, den die BruderhausDiakonie Reutlingen geht. Zwei Seniorenheime in den schwäbischen Orten Walddorfhäslach und Römerstein ließ sie 2008 und 2010 in Passivhaus-Bauweise errichten. Sie sind ordentlich gedämmt, Wärme wird über zentrale Lüftungsanlagen zurückgewonnen, für warmes Wasser sorgen erneuerbare Energien. Von den steigenden Preisen auf den Energiemärkten sind sie ein Stück weit unabhängiger.

Derzeit stünden keine Preiserhöhungen bei der BruderhausDiakonie an, sagt deren Sprecherin Sabine Steininger. Die Sätze seien mit den Kostenträgern bereits verhandelt. Erst im kommenden Jahr gebe es neue Verhandlungen und danach vielleicht steigende Preise. "Mieter in einem Passivhaus könnten da etwas im Vorteil sein", sagt Steininger.