Der Sommer steht vor der Tür, aber zur Zeit sind Hallen- und Freibäder, Schwimmbäder, Hotels und Wellnesszentren noch geschlossen.

Der Präsident des Deutschen Schwimmlehrerverbands, Alexander Gallitz, befürchtet, die coronabedingt ausgefallenen Schwimmkurse des vergangenen Jahres werden sich in einigen Jahren gravierend auswirken.

Herr Gallitz, seit mehr als einem Jahr können keine Schwimmkurse für Kinder mehr stattfinden, welche Folgen befürchten Sie?

Gallitz: Heuer werden wir da noch nichts merken. Aber wir werden ein nachhaltiges Problem bekommen, wenn die heutigen Kinder in zehn Jahren Jugendliche sind, am Baggersee Partys feiern und unsicher sind, wie sie sich im Wasser verhalten sollen.

Im Schwimmkurs lernen die Kinder vor allem, sich selbst zu retten. Sie wissen, was sie tun müssen, wenn sie in einem Teich umfallen. Vielen Leuten ist nicht bewusst, richtig sicher schwimmen kann ein motorisch fittes Kinder erst nach 40 bis 60 Stunden Schwimmpraxis. Dann kann es das Bronzeabzeichnen machen.

Aber viele Kinder haben doch wenigstens das Seepferdchen-Abzeichen gemacht, ist das nichts?

Gallitz: Ich fürchte, da haben wir in den vergangenen 40 Jahren die Prioritäten falsch gesetzt. Die Seepferdchen-Prüfung ist nicht zielführend. Kinder müssen hierfür nicht einmal unter Wasser beim Tauchen die Augen öffnen. Sie sollten aber gelernt haben, das Gefühl auszuhalten, ins Wasser zu fallen. Wir haben heute schon eine Generation Eltern, die das Seepferdchen gemacht hat und ihren Nachwuchs gar nicht richtig fördern kann.

Jedes Kind sollte mit sechs Jahren ein sicherer Schwimmer sein

Aber es fängt schon in der Badewanne an. Schon hier soll man den Kindern die Scheu vor dem Wasser abtrainieren, ihnen Wasser über den Kopf gießen oder sie über der Wasseroberfläche schweben lassen. Ein Kind sollte nicht erst nach der vierten Klasse, sondern mit sechs Jahren ein sicherer Schwimmer sein.

Wird man die Defizite aus der Pandemie wieder aufholen könne?

Gallitz: Wir haben es mit einem mehrschichtigen Problem zu tun. Im vergangenen Jahr sind vier Schwimmkursperioden à drei Monate ausgefallen. Die Kurse nachzuholen wird wegen der Hygienevorschriften lange dauern. Ich kann zum Beispiel mit meiner Gruppe behinderter Kinder im Langwasser-Bad in Nürnberg nur noch mit sechs statt zwölf Kindern üben. Wir haben irgendwann auch nicht mehr genügend Schwimmlehrer.

Viele haben im vergangenen Jahr aufgeben. Ich weiß von drei Kolleginnen, die sich andere Jobs gesucht haben. Eine leitet jetzt ein Impfzentrum, eine arbeitet in einer Bäckerei und eine bei einem Sicherheitsdienst.