Der Info-Stand der Caritas ist die erste Anlaufstelle für Flüchtlinge aus der Ukraine, die mit dem Zug ankommen. "Es ist wichtig, die Leute in Empfang zu nehmen", sagt Anto Blazevic von der katholischen Hilfsorganisation, der hier mit zehn Mitarbeitern Hilfe leistet.

Gearbeitet wird rund um die Uhr, in vier Schichten. An dem Stand stehen etliche Menschen. Die Mitarbeiter geben Hygieneartikel an die Neuangekommenen aus: Taschentücher, Windeln, Masken, auch Gummibärchen für die Kinder. Mit am wichtigsten aber sind die Information für die Flüchtlinge: Wo können sie heute schlafen, wo muss man sich anmelden, wer bietet sonstige Hilfe an? Ein Info-Blatt informiert auf Deutsch und auf Ukrainisch: Wo man sich bei den Behörden registrieren lassen kann, dass man im Sozialbürgerhaus einen Antrag auf Hilfsleistungen stellen kann, wie man eine Arbeitserlaubnis bekommt.

Wie viele Menschen jeden Tag am Info-Stand Hilfe brauchen, kann Blazevic nicht genau sagen. Er erhalte einen Anruf von der Bahn, dass 20 Flüchtlinge eintreffen würden. "Dann können aber 40 kommen." Wer in München bleiben will, werde zu einem Bus vor dem Bahnhof gebracht, der die Flüchtlinge dann zu den Unterkünften in der Messestadt Riem bringt. In den großen Hallen haben nach den Angaben bis zu 4.000 Personen Platz. Auch in kleineren Flüchtlingsunterkünften finden ukrainische Familien ein vorübergehendes Zuhause.

Manche Flüchtlinge wollen weiter, weil sie in anderen Städten Freunde oder Verwandte haben. "Die bekommen dann im Reisecenter ein Zugticket ausgestellt", erklärt Blazevic. Vor den Schaltern des Reisecenters haben sich an diesem Tag lange Schlangen gebildet.

Unentbehrlich bei der Beratung der Kriegsflüchtlinge sind die Ukrainisch sprechenden Ehrenamtlichen. Zu ihnen gehört Anastasia. Die 32-Jährige kommt nach Feierabend zum Bahnhof, um drei oder vier Stunden zu übersetzen. "Ich mache das für mein Volk", sagt sie. Anastasia kam vor elf Jahren aus der Ukraine nach München. Auch ihre Eltern seien gekommen - als Kriegsflüchtlinge. "Neben ihrem Haus ist eine Mine explodiert", berichtet Anastasia.

Gerade hat sie mit einem 14-jährigen Mädchen und ihrer Mutter gesprochen, die aus einem Ort in der Zentralukraine geflohen sind. Seit einem Monat wohnen sie in einer Privatwohnung, die ihnen Bekannte vermittelt haben. Alina müsste eigentlich in die Schule. Ihre Mutter sucht Arbeit. Sie hat etwas im Landkreis München in Aussicht. Deshalb möchte sie jetzt wissen, welche Papiere sie dafür benötigt.

Alinas Großeltern und ihr Vater sind zu Hause geblieben. "Aber es ist nicht so schlimm", sagt die 14-Jährige. Schlimm aber war die Geschichte des Geschäftsreisenden, der einen Tag vor Kriegsbeginn ins Ausland reiste. "Der Mann", erzählt Anastasia, "hat zu Hause alles verloren, das Haus ist zerstört." Ihm blieb nur das, was er bei sich trug.

Neben dem Caritas-Stand bildet sich vor der Essensausgabe eine kleine Schlange. Unter der ukrainischen Flagge wird Tomatensuppe ausgegeben. An der Wand hängen Zettel, darauf steht "Chleb", "Sup" und "tepla ischa", hier gibt es also Brot, Suppe und heißen Tee. Auch an diesem Stand geht nichts ohne ehrenamtliche Helfer. Zu ihnen gehört Beatriz. Die Übersetzerin hat schon ein paar Mal ausgeholfen, Tee und Kaffee ausgeschenkt, Brot und Obst verteilt. "Ich will etwas für die Flüchtenden tun", sagt sie.

Ein paar Schritte weiter können in einem kleinen Zelt eines medizinischen Dienstes ankommende Flüchtlinge gesundheitlich betreut, der Blutdruck gemessen oder kleine Wunden verarztet werden. Momentan ist es hier eher ruhig.

Nicht weit davon entfernt geht es um Verletzungen größerer Art: An einem Eisenträger klebt ein Papier mit einer Botschaft: "Zusammenstehen, um diese verwundete Welt zu heilen", ist da auf Ukrainisch, Russisch und Englisch zu lesen.