Frau Schön, Sie stellen fest, dass Frauen in diesen Krisenzeiten zu Hause bleiben und selbstverständlich das Home-Schooling der schulpflichtigen Kinder betreuen. Warum funktioniert denn die gleichberechtigte Versorgung der Familien nicht mehr?

Schön: Es gibt für die dreifache Belastung der Familien durch Haushalt, Home-Office und Home-Schooling der Kinder derzeit keine Lösung, zu wenig Notfall-Alternativen und keine Finanzhilfen. Und wenn etwas zu tun ist, dann springen Frauen ein, auch wenn sie ganz schön am Anschlag sind.

Es liegt in uns Frauen, dass wir andere Prioritäten setzen als Männer. Die fokussieren sich auf ihren Job.

Sie fürchten also, dass alte Rollenbilder in dieser Krise wieder gestärkt werden. Und anschließend haben Frauen wieder einen längeren Anlaufweg zur Gleichberechtigung?

Schön: Ich hoffe nicht, dass die Situation umkippt. Ich beobachte in den vergangenen zwei Wochen auch immer mehr den Aufstand der Frauen, die sagen, dass es so nicht weitergehen kann und die sich nach der Corona-Krise wieder für ihre Rechte einsetzen wollen. Jüngere Frauen haben da ja durchaus einen geschärften Blick für die Gleichberechtigung.

Und doch könnte die Krise wieder mehr die tradierten Geschlechterbilder zum Vorschein gebracht haben?

Schön: Ja, wir sind nicht alle gleich. Frauen gehen beispielsweise mehr in Pflegeberufe, weil sie sich in der Rolle wohlfühlen, zu helfen. Ich erlebe bei Bewerbungen viele Frauen, die sagen, dass ihr ein tolles Team wichtiger sei als der Verdienst.

Sie sagen, sie wollten keine Karriere machen, sondern sind zufrieden mit der Rolle, die Kinder zu erziehen. Diese Frauen wachen dann auf, wenn die Kinder aus dem Haus sind und sie sich überlegen, was sie einmal für eine Rente haben werden.