Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) hat die bayerische Abwehrhaltung beim Thema Atomendlager kritisiert. "Keine Regierung kann politisch beschließen, dass ihr Gebiet wissenschaftlich nicht geeignet ist", sagte Schulze der "Augsburger Allgemeinen". Sich bei dem Thema aus der Verantwortung zu stehlen, "das geht gar nicht". Derweil wurde bekannt, dass bald eine Vorentscheidung bei der Endlager-Suche fallen wird: Die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) will ihren "Zwischenbericht Teilgebiete" veröffentlichen.

Schulze sagte, es gebe "eine gemeinsame Verantwortung in ganz Deutschland für die Entsorgung des strahlenden Abfalls, "der in drei Generationen produziert wurde und nun 30.000 Generationen belasten wird". Im Koalitionsvertrag der CSU und der Freien Wähler heißt es zum Beispiel: "Wir sind überzeugt, dass Bayern kein geeigneter Standort für ein Atomendlager ist." Schulze hielt entgegen, dass auch Standorte in Bayern überprüft würden: "Grundprinzip ist, dass es in Deutschland eine weiße Landkarte gibt, ohne jede politische Vorfestlegung."

Bislang hatte die bayerische Staatsregierung stets betont, dass es im Freistaat keine Region gebe, die für ein Endlager in Frage komme. Die bayerischen Granitformationen ließen eine sichere Einlagerung des radioaktiven Materials nicht zu. Dem widersprach die SPD-Politikerin. Granit sei "eines von drei möglichen Wirtsgesteinen" für ein Endlager, sagte die Bundesumweltministerin. In Finnland werde momentan eine Lagerstätte in Granitgestein gebaut. Schulze warnte die bayerische Staatsregierung davor, sich in dieser Frage einfach wegzuducken

Unterdessen teilte die BGE am Freitag im niedersächsischen Peine mit, dass sie ihren "Zwischenbericht Teilgebiet" am 28. September und somit früher als geplant veröffentlichen will. Der Bericht soll diejenigen Regionen benennen, die für den Bau eines Endlagers infrage kommen und weiter geprüft werden. Für jedes Gebiet werde es einen Steckbrief geben. Auch sollen die Methodik und das Vorgehen dargestellt werden. Kriterien für einen Ausschluss von Regionen seien etwa Erdbeben-Aktivität, Vulkanismus oder ehemalige Bergbau-Tätigkeiten.

Das deutsche Endlager soll alle hochradioaktiven Abfälle aufnehmen, die bis zum Vollzug des Atomausstiegs Ende 2022 in Deutschland angefallen sind. Es handelt es sich um abgebrannte Brennelemente aus Atomkraftwerken sowie um Reststoffe aus der Wiederaufarbeitung von Brennelementen. Der Atommüll soll in etwa 1.100 Castor-Behältern unter der Erde endgelagert werden. Bis 2031 soll die Entscheidung für einen Standort gefallen sein, 2050 die Lagerung beginnen, hieß es weiter. Die Endlagersuche war 2017 neu gestartet worden.

Erstmals öffentlich diskutiert wird der Bericht bei der "Fachkonferenz Teilgebiete". Das erste von mindestens drei Treffen findet am 17. und 18. Oktober in Kassel statt. Dem Standortauswahlgesetz zufolge können Vertreter von Kommunen und Landkreisen, Wissenschaftler sowie Bürger an den Veranstaltungen teilnehmen und Beratungsergebnisse erarbeiten. Die BGE soll diese Empfehlungen dann berücksichtigen.