Damals hätte kein Mensch einem so schwer behinderten Kind irgendwelche Chancen im Leben gegeben. Die am 24. Juli 1847 im schwäbischen Giengen an der Brenz geborene Margarete war 18 Monate alt, als das Schicksal zuschlug, ihr linkes Bein völlig und das rechte zum Teil lähmte. Auch die Arme konnte sie zeitweise nicht mehr bewegen.

"Auf der Gass", wo sie sich am liebsten aufhielt, konnte die kleine Margarete nicht mehr mit den Nachbarskindern herumtollen. Aber mit Fantasie und zäher Energie schaffte sie es trotzdem, zum Mittelpunkt der ausgelassenen Schar zu werden: Sie wusste zahllose Lieder und Geschichten, erfand die spannendsten Märchen und die tollsten Spiele.

Margarete Steiff: Von der Nähschule zum Filzgeschäft

Natürlich musste sie die Nähschule besuchen wie ihre Schwestern, und obwohl ihr die mühselige Stichelei mit den geschwächten Armen schwerfiel, brachte sie es zur Meisterschaft. Bald war sie eine geschätzte Schneiderin, und alle Welt gab bei ihr Mäntel, Unterröcke und Kinderkleidchen in Auftrag.

1877, Margarete war 30 Jahre alt, eröffnete sie ein Filzgeschäft. So nebenbei nähte sie aus Stoffresten ein paar kleine Elefanten zusammen, polsterte sie mit Wolle aus und schenkte sie ihren treuesten Kundinnen zu Weihnachten als Nadelkissen. Aber die Kinder fanden es schrecklich, Nadeln in die hübschen Tierchen zu stecken, in die sie sich sofort verliebten. Sie erklärten die Haushaltsware zu Spielgefährten, und Margarete Steiff musste noch viel mehr Elefanten produzieren, Katzen kamen dazu, Hunde und Schweinchen.

Das Rüsseltier mit den riesigen Filzohren füllte eine Marktlücke

Als die Giengener Firma ihrer Menagerie auch noch lustig brummende oder miauende Bauchstimmen verpasste, kannte die Begeisterung der Kundschaft keine Grenzen mehr. Margarete Steiff meldete das Patent auf ihren Stoffzoo an und ließ eigene Werkstätten für Spielwaren bauen.

Den berühmten "Teddybär" hat jedoch nicht sie erfunden, sondern ihr Neffe Richard Steiff, der an der Stuttgarter Kunstakademie studierte und im Zoo immer wieder die Bären gezeichnet hatte. Er schlug seiner Tante vor, den behäbigen Meister Petz in ihr Sortiment aufzunehmen und bei dieser Gelegenheit mit beweglichen Armen und Beinen zu experimentieren.

Margarete Steiffs internationaler Durchbruch mit dem Plüschbär

Auf der Leipziger Messe 1904 interessierte sich zunächst kein Mensch für das neue Produkt. Erst gegen Ende der Messe schlenderte ein Amerikaner an den Ständen vorbei und bestellte voller Begeisterung 3.000 Bären. Margarete Steiff ließ ihre Näherinnen Überstunden machen, und in Übersee wurde das Kuscheltier sofort zu einem nationalen Maskottchen. Man nannte es nach dem populären Präsidenten Theodore ("Teddy") Roosevelt, der die Bärenjagd liebte, "Teddybär". 1907 produzierte die Firma knapp eine Million von den possierlichen Gesellen.

Als Margarete Steiff 1909 im Alter von 62 Jahren starb, trugen ihre Bären und Elefanten bereits alle den legendären "Knopf im Ohr". Heute umfasst das Repertoire der Giengener Firma mehr als 500 verschiedene Tiere. Margarete Steiffs Unternehmen beschäftigt mehr als tausend Mitarbeiter.

 

"Rebellinnen": Die Ausstellung über starke Frauen

Dieser Text ist Teil der Wanderausstellung "Rebellinnen". Sie stellt Frauen aus dem deutschsprachigen Raum vor, die für ihre Überzeugungen und Rechte kämpften, die Gesellschaft prägten, sie verändern wollten.

Als Medienpartner von "Rebellinnen" veröffentlicht sonntagsblatt.de Porträts und weiterführende Informationen zu allen Frauen, die in der Ausstellung gezeigt werden.

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