Der Thomas Mann-Preis 2020 wird am 6. Juni in einem realen Festakt im Theater Lübeck an die Schriftstellerin Nora Bossong (38) überreicht. Das Modellprojekt des Landes Schleswig-Holstein im Bereich Kultur mache es möglich, dass die Preisträgerin nun ihre Auszeichnung von Lübecks Bürgermeister Jan Lindenau (SPD) entgegennehmen kann, teilten die Lübecker Museen mit.

Bossong erhielt das Preisgeld in Höhe von 25.000 Euro bereits im November 2020. Die Auszeichnung der Hansestadt Lübeck und der Bayerischen Akademie der Schönen Künste wird seit 2010 im jährlichen Wechsel in Lübeck und München verliehen.

Bossong gehöre zu den vielseitigsten deutschsprachigen Autorinnen der Gegenwart, hieß es in der Begründung der Jury. Insbesondere in ihren Romanen führe Bossong ihre Leser "in schmerzhaft relevante Problemfelder unserer Gegenwart" und beweise zugleich große sprachliche Virtuosität. Ihr Roman "Gesellschaft mit beschränkter Haftung" (2012) wurde in Rezensionen oft mit Thomas Manns Familienroman "Buddenbrooks" verglichen. Bossongs jüngstes Werk "Schutzzone" (2019) erzählt die Geschichte einer deutschen UN-Diplomatin in Afrika.

Nora Bossong: Schutzzone

Nach Stationen bei der UN in New York und Burundi arbeitet Mira für das Büro der Vereinten Nationen in Genf. Während sie tagsüber Berichte über Krisenregionen und Friedensmaßnahmen schreibt, eilt sie abends durch die Gänge der Luxushotels, um zwischen verfeindeten Staatsvertretern zu vermitteln. Bei einem Empfang begegnet sie Milan wieder, in dessen Familie sie nach der Trennung ihrer Eltern im Frühjahr 94 einige Monate gelebt hat. Die Erinnerungen an diese Zeit, aber auch Milans unentschiedene Haltung zwischen gesuchter Nähe und schroffer Zurückweisung überrumpeln und faszinieren sie zugleich. Als ihre Rolle bei der Aufarbeitung des Völkermords in Burundi hinterfragt wird, gerät auch Miras Souveränität ins Wanken, ihr Glaube, sie könne von außen eingreifen, ohne selbst schuldig zu werden.
Was bedeuten Vertrauen und Verantwortung? Wie greifen Schutz und Herrschaft ineinander? Wie verhält sich Zeugenschaft zur Wahrheit? Und wer sitzt darüber zu Gericht? Hellsichtig und teilnahmsvoll geht Nora Bossong in ihrem virtuosen Roman diesen Fragen nach - in privaten Beziehungen wie auf der großen politischen Bühne - und setzt den Konflikten der Vergangenheit die Hoffnung auf Versöhnung entgegen.

 

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