US-Präsident Donald Trump hat Alarm geschlagen: Wenn Nigeria das "Töten von Christen" nicht einstelle, werde die US-Regierung militärisch eingreifen, drohte er auf seinem Online-Dienst "Truth Social". Bereits am Freitag hatte er erklärt, das Christentum in Nigeria sei einer "existenziellen Bedrohung" ausgesetzt.
Die Darstellung, es gebe einen gezielten Genozid an Christ:innen in Nigeria ist nicht neu – einige US-Vertreter:innen und auch deutsche Stimmen nutzen dieses Framing. Die Realität ist jedoch deutlich komplexer.
Nigeria: Ein komplexes Land und seine Konflikte
Nigeria hat rund 220 Millionen Einwohner:innen aus etwa 400 Völkern, im Norden überwiegend muslimisch, im Süden überwiegend christlich. Seine Grenzen wurden einst auf der sogenannten Afrika-Konferenz 1884 bis 1885 in Berlin festgelegt. Dort hatten die europäischen Großmächte auf Einladung des Reichskanzlers Bismarck den afrikanischen Kontinent unter sich aufgeteilt und dabei willkürliche Grenzen festgelegt, die ihren Macht- und Wirtschaftsinteressen entsprachen.
Seit der Unabhängigkeit 1960 ist das Land von zahlreichen gewaltsamen Konflikten geprägt. Dazu tragen mehrere bewaffnete Gruppen bei, darunter Separatist:innen im Süden, kriminelle Banden im Nordwesten und islamistische Milizen wie Boko Haram, letztere inzwischen abgelöst vom IS. Diese Gruppen machen beim Töten keine religiösen Unterschiede: Von ihrer Gewalt sind alle Nigerianer:innen potenziell betroffen.
Populistische Narrative versus Fakten
Vermutlich beziehen sich Trump und andere US-Vertreter:innen auf Boko Haram und den IS, wenn sie von einem "Genozid" an Christ:innen sprechen. Tatsächlich sprengen diese Kirchen, aber eben auch Moscheen und Märkte. Die US-Kommission für internationale Religionsfreiheit kam 2024 zu dem Ergebnis, dass sowohl Christ:innen als auch Muslim:innen in vielen Teilen Nigerias von Gewalt betroffen sind.
Das ist zweifellos eine schreckliche Situation. Daraus jedoch einen gezielten Vernichtungskrieg gegen Christ:innen abzuleiten, verzerrt die Fakten. Trumps Narrative greift ein rechtspopulistisches Bild von einem "heiligen Krieg" zwischen Christentum und Islam auf – ein Bild, das leider auch von vielen Christ:innen unhinterfragt übernommen wird.
Instrumentalisierung von Religion
Das Beispiel Nigeria zeigt: Religion wird oft für weltliche Zwecke wie Macht, Dominanz und Geld instrumentalisiert. Unter dieser Gewalt leidet die große Mehrheit der Menschen – unabhängig von Konfession oder Glauben.
Und auch Machthaber wie Trump missbrauchen Religion, in diesem Fall die grundsätzlich berechtigte Sorge um andere Angehörige der eigenen Glaubensgemeinschaft.