Die Katze ist tot, also zumindest eine Hälfte. "Was ist in der Box?", dudelt es aus dem Tablet-Lautsprecher. "Katze Q", flüstert eine Kinderstimme, dazu ertönt ein niedliches "Miau". Das kleine Tier guckt den Benutzer direkt an - halb mit Fell, halb als Skelett. Man kann sie streicheln, bis sie schnurrt. Man kann mit ihr ein geheimnisvolles Haus erkunden. Vor allem aber kann man mit der Katze in diesem sogenannten Escape-Game eine ganze Menge über Quantenphysik lernen.

Vorbild für das schnuckelige Kätzchen in der neuen Spiele-App "Katze Q" ist ein Quantenmechanik-Gedankenexperiment, das unter dem Namen "Schrödingers Katze" bekannt ist. Das geht so: In einer geschlossenen Box befinden sich eine Katze, ein radioaktiver Stoff, ein Strahlungsmessgerät und Gift. Sobald der radioaktive Stoff zerfällt, setzt die Messapparatur eine tödliche Menge Gift frei. Solange keiner in die Box schaut, gilt die Katze bei dem Gedankenexperiment als tot und lebendig zugleich.

Quantenphysik: Verrückt und geheimnisvoll

Bei "Schrödingers Katze" und vielen anderen Bereichen der Quantenphysik geht es im Kern darum, dass vieles in der Welt komplexer ist, als es auf den ersten Blick scheint. "Wer Physiker ist, der lernt zu suchen, was dahinter steckt", sagt Ralph Claessen, Würzburger Sprecher des Exzellenzclusters ct.qmat der Uni Würzburg und der TU Dresden, das sich der Erforschung von Quantenmaterie widmet. Klingt etwa unverständlich, manchmal auch verrückt und geheimnisvoll: "So ist Quantenphysik."

Claessen ist Professor für Experimentelle Physik, ein Quantenphysiker, der sich mit Festkörpern beschäftigt. Klingt abstrakt, schwer greifbar - und genau deshalb gibt es die neue Spiele-App "Katze Q". Sie will bei Kindern und Jugendlichen ab elf Jahren Interesse an Quantenphysik wecken. "Die Quantentechnologie wird eine Zukunftsindustrie", sagt Claessen, der Fachkräftebedarf werde enorm. Vor allem wolle man Mädchen und junge Frauen für die Quantenphysik begeistern.

Die Erforschung ist noch nicht abgeschlossen 

Am einfachsten nähert man sich der großen weiten Welt der Quantenphysik mit einem Blick auf die Quantencomputer. Während "normale" Computer ihre Rechenoperationen nur mit 0 und 1 vornehmen können - also "Strom aus" und "Strom an" - gibt es bei Quantencomputern auch Quantenbits, also den Zustand, in dem 0 und 1 gleichzeitig gelten. Wie bei "Schrödingers Katze", tot und lebendig zugleich. Quantencomputer sind deshalb um ein Vielfaches schneller als unsere herkömmlichen Rechner.

Trotzdem steckt die Quantenphysik noch in den Kinderschuhen. Quantencomputer haben im besten Fall ein paar Dutzend Quantenbits, während in regulären Prozessoren Hunderte Millionen Transistoren rechnen. In Claessens Fachgebiet hingegen geht es darum, Atom für Atom passend für verschiedene Anwendungen ganz neue Materialien zu "bauen". "Das klingt zunächst einmal abstrakt, aber es betrifft so viele Bereiche: Solarzellen, Batterien, Flachbildschirme - das ist angewandte Festkörperphysik."

Die neue App ist bald in den Game-Stores verfügbar 

Im bald verfügbaren Escape-Game für Geräte mit den Betriebssystemen iOS (Apple) und Android (Google) geht es darum, nach und nach verschiedene Aufgaben zu lösen: Man setzt im Kühlschrank kalte Chips zusammen, lässt Elektronen durch den Raum flippen und vieles mehr. Alles hat dabei auch irgendwie mit Quantenphysik zu tun. Immer dabei: "Katze Q", also die Katze, die indirekt nach dem Quantenphysik-Pionier und Nobelpreisträger Erwin Schrödinger (1887-1961) benannt ist.

Im Physikunterricht an den Schulen jedenfalls kommt moderne Physik bisher kaum vor, bemängelt Professor Claessen. "Katze Q" ist deshalb in erster Linie auch eine Imagewerbung, zugleich aber soll spielerisch quantenphysisches Basiswissen vermittelt werden. "Das war für uns Wissenschaftler schon eine Herausforderung", sagt Claessen. Denn die "Kittypedia"-Artikel in der App sollen ja Kinder verstehen: "Da muss man auch mal Fünfe grade sein lassen und nicht bis ins letzte Detail gehen."

Die kostenlose App "Katze Q" soll ab dem 13. Oktober in den bekannten App-Stores von Apple und Google zur Verfügung stehen. Finanziert wurde sie über Mittel aus dem Konjunkturpaket des Bundes, aus dem auch etwa zwei Milliarden Euro in die Quantenforschung fließen. Wer das "Escape-Game" übrigens bis zum Ende durchspielt, kann den Forschern hinter der App Fragen stellen. "Wir werden dann alle Fragen per Youtube-Videos beantworten", sagt Claessen.