In Bayern sind Schätzungen zufolge rund 350.000 Kinder und Jugendliche von psychischen Auffälligkeiten betroffen und etwa 2,7 Millionen Erwachsene. Das geht aus dem ersten bayerischen Psychiatriebericht hervor, den die Staatsregierung am Dienstag dem Landtag vorgelegt hat. Die Studienmacher legten ihren Berechnungen bundesweite Zahlen zugrunde und wiesen darauf hin, dass Studien, die repräsentative Daten zur Häufigkeit psychischer Störungen liefern, sehr aufwändig seien und daher meist nur bundesweit vorlägen.
Corona-Schutzmaßnahmen haben sich auf die psychische Gesundheit ausgewirkt
Einer der Schwerpunkte im Bericht sei die Gesundheit im Zuge der Corona-Pandemie, sagte Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) am Dienstag. Der Bericht bestätigt nun, dass die Pandemie wie auch die Corona-Schutzmaßnahmen sich auf die psychische Gesundheit der Menschen ausgewirkt hätten. So gebe es mehr Depressionen und Angststörungen sowie ein verändertes Suchtverhalten. Während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 seien vor allem die älteren Menschen wegen der Besuchsverbote in Heimen "psychisch hochbelastet" gewesen.
Der zweite Lockdown im Spätherbst 2020 habe dann zu einer stärkeren psychischen Belastung auch bei jüngeren Menschen geführt, heißt es im Bericht weiter. Besonders gefährdet von den Infektionsschutzmaßnahmen seien Menschen mit psychischen Vorerkrankungen, Kinder und Jugendliche wegen des Homeschoolings, Pflegebedürftige sowie medizinisches Personal. Bereits die Sorge vor einer Corona-Infektion könne zu psychischen Beeinträchtigungen führen. Dazu kämen wirtschaftliche Unsicherheit, Existenzängste, Perspektivlosigkeit, Isolation und soziale Distanz.
Psychische Entlastungen durch die Pandemie
Die Corona-Pandemie habe aber auch zu psychischer Entlastung geführt, heißt es. So hätten einige Menschen ihre Beziehungen zu anderen verbessert oder seien zufriedener, weil sie eine Krise gemeistert haben. "Möglicherweise haben das klare politische Handeln und die sozialen Ausgleichsmaßnahmen in Deutschland die Folgen der Krise auf die psychische Gesundheit abgemildert", schreiben die Studienmacher mit Blick auf etwa Kurzarbeitergeld und staatliche Unterstützung. Längerfristig sei aber - abhängig vom Verlauf der Wirtschaftskrise - eine Zunahme der psychischen Störungen zu erwarten.
Der Bericht sei eine wichtige Grundlage, "um feststellen zu können, wo wir anpacken müssen", sagte Gesundheitsminister Holetschek. Er sei damit eine wesentlichen Grundlage, um die Lebensqualität von psychisch erkrankten Menschen zu verbessern. Erstellt hat den Bericht das Landesamt für Gesundheit- und Lebensmittelsicherheit (LGL). Im Bayerischen Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz ist festgehalten, dass die Staatsregierung dem Landtag regelmäßig alle drei Jahre über die psychiatrischen, psychotherapeutischen und psychosomatischen Versorgung im Freistaat berichten muss.