Gegen Armut bei Hartz-IV-Empfängern: Mit einem Parallelbericht kämpft die kirchlich-gewerkschaftliche Initiative "Rechte statt Reste" am Montag 24. September 2018 in Genf vor dem Ausschuss zum UN-Sozialpakt für höhere Regelsätze beim Arbeitslosengeld II. Das teilte die Diakonie Bayern als einer der Bündnispartner mit. Im Zentrum der Kritik steht die Methode, mit der das Existenzminimum in Deutschland berechnet wird.
"Durch unsachgemäße Abzüge bestimmter Konsumgüter wird der Hartz-IV-Regelsatz für einen alleinstehenden Erwachsenen noch einmal um 147,36 Euro reduziert", sagte Philip Büttner vom Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt (kda) dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Wir fordern, dass das Existenzminimum neu berechnet wird, und zwar transparent, wissenschaftlich fundiert und unter Einbeziehung der Sozialverbände", sagte der Soziologe, der die Initiative "Rechte statt Reste" bei der 64. Sitzung des UN-Sozialpaktausschusses in Genf vertritt.
Zu wenig Essen, zu wenig Strom
Zwei weitere Schwerpunkte des Parallelberichts sind die Themen Ernährungsarmut und Energiearmut. Schätzungen zufolge seien 1,5 Millionen Menschen in Deutschland auf die Lebensmittelspenden der Tafeln angewiesen. Laut einer Studie verzichteten neun Prozent der Bürgerinnen und Bürger im unteren Einkommensbereich auf frisches Obst und Gemüse, 30 Prozent der Erwerbslosen (837.000 Personen) könnten sich "nicht einmal jeden zweiten Tag eine vollwertige Mahlzeit leisten", heißt es im Bericht der bayerischen Initiative "Rechte statt Reste".
Die Initiative gibt an, dass zudem 91,3 Prozent der Empfänger von Arbeitslosengeld II in energiearmen Haushalten leben; 328.000 Kunden sei im Jahr 2016 die Stromversorgung wegen nicht gezahlter Rechnungen gesperrt worden, insgesamt habe es 6,6 Millionen Unterbrechungsandrohungen gegeben. "Angesichts der steigenden Strompreise sieht der Regelsatz zu wenig Geld für Haushaltsenergie vor", sagte Bündnissprecher Büttner.
Bayerische Initiative "Rechte statt Reste"
Zur Initiative "Rechte statt Reste" gehören die Diakonie Bayern, Caritas, ver.di, der Kirchliche Dienst in der Arbeitswelt (kda), die katholische Betriebsseelsorge, die katholische Arbeitnehmerbewegung und die Arbeitslosen-Seelsorge. Der UN-Sozialpakt wurde 1966 beschlossen; Deutschland unterzeichnete das Menschenrechts-Abkommen 1973.
Etwa alle fünf Jahre prüft der zuständige UN-Ausschuss mit Hilfe des "Staatenberichts" die Umsetzung des Sozialpakts in den Vertragsstaaten. Bei dieser Gelegenheit können auch Nicht-Regierungsorganisationen der jeweiligen Länder ihre Stimme in Form von "Parallelberichten" einbringen.