Immer wieder habe sie versucht, ihren Freunden zu erklären, was sie da in ihrer Freizeit so macht, sagt die 15-jährige Katie Nuttal: "Aber man muss es erleben - nur erklären reicht nicht." Daher stellte sie ein Projekt für ihre ganze Klasse auf die Beine. Gemeinsam hatte die damals neunte Klasse den Reinigungskräften am Schweinfurter Celtis-Gymnasium "Danke!" sagen wollen, mit einem selbst gemachten Adventskalender. "Diakonisches Lernen" nennen sich solche Projekte.

"Diakonisches Lernen" am humanistisch-musischen Landkreis-Gymnasium in Schweinfurt

Schon seit über zehn Jahren gibt es Angebote "Diakonischen Lernens" am humanistisch-musischen Landkreis-Gymnasium in Schweinfurt. Angestoßen hat es Schulpfarrerin Angela Weigel, die aus der Pfalz stammt und von dort aus nach Unterfranken kam. "Ich habe zuerst gar nicht gewusst, dass wir hier 'Diakonisches Lernen' machen", erläutert sie. Schon in der Pfalz habe sie als Pfarrerin Treffen von Kita-Kindern und Seniorenheimbewohnern organisiert: "Durch Begegnungen lernt man."

Dieses "Lernen in Begegnung" ist das zentrale Element "Diakonischen Lernens". Die Schülerinnen und Schüler am Celtis-Gymnasium beispielsweise begegnen dementen Senioren im benachbarten Löhe-Haus der Diakonie - sie basteln gemeinsam, spielen im Sitzkreis, unterhalten sich, sind einfach da. Oder sie begegnen anderen Jugendlichen in einer Förderschule. Oder sie packen kleine Päckchen für obdachlose Menschen, weil die gemeinsame Weihnachtsfeier wegen Corona ausfallen muss.

Jugendliche mehrfach mit "Diakonischem Lernen" konfrontiert

Die Jugendlichen am Celtis-Gymnasium werden in ihrer Schulzeit mehrfach mit dem "Diakonischen Lernen" konfrontiert. Sie besuchen die Schweinfurter Vesperkirche und helfen dort punktuell mit, sie beschäftigen sich mit dem Thema Demenz - und in der zehnten Klasse steht das Projekt "Celtis am Löhe" an, bei dem die Schülerinnen und Schüler einen Nachmittag pro Woche in der Diakonie-Senioreneinrichtung verbringen und diesen auch selbst gestalten für die älteren Menschen.

Der 17-jährige Denis Khraban besucht die zwölfte Klasse des Celtis-Gymnasiums, er spielt in seiner Freizeit Saxophon - lange wollte er die Musik zum Beruf machen. Bis er über Schulpfarrerin Weigel mit dem "Diakonischen Lernen" in Berührung kam: "Ich würde gerne Musik und soziales Arbeiten miteinander beruflich verbinden", so Khraban. Erste Erfahrungen hat er bei einem Praktikum an der Schweinfurter Franziskusschule mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklungen gesammelt.

Ein Jugendlicher an einem Tisch mit drei anderen Kindern. Sie spielen ein Brettspiel.
Denis Khraban während seines Praktikums in der Franziskusschule.

Erfahrungen mit "Diakonischem Lernen"

Sarah Krauss ist 19 Jahre alt, im Frühjahr hat sie Abitur gemacht, inzwischen studiert sie in Würzburg Medienkommunikation: "Sich beim 'Diakonischen Lernen' mit sozialen Themen zu befassen, das ist total wichtig - und sollte eigentlich verpflichtend für alle Schülerinnen und Schüler sein." Sie habe beim Kontakt mit dementen Menschen "gute Erfahrungen" gemacht und gelernt: "Ich nehme Dinge im Leben so an, wie sie kommen." Auch mit Blick auf ihre eigenen hochbetagten Großeltern.

Auch Denis Khraban und Katie Nuttal betonen, wie wichtig der Kontakt zu Menschen ist, denen man in seiner eigenen "Bubble" sonst kaum begegne: Alten, Kranken, Menschen mit Behinderung, Armen, Menschen mit gesellschaftlichem Stigma. "Das Problem sind ja nicht diese Menschen, sondern es ist die Gesellschaft, es sind wir, die sie verurteilen und abstempeln", sagt der 17-Jährige: "Es ist wichtig, dass es Menschen wie Frau Weigel gibt, die einen 'mit auf eine Reise' in andere Welten nehmen."

Reisen sind nicht nur lehrreich

Diese "Reisen" sind nämlich nicht nur lehrreich und manchmal auch belastend - sie sind erfüllend, sagt Katie Nuttal. "Als meine Klasse die gebastelten Adventskalender an die Putzfrauen überreicht hat, das war großartig." Auf der einen Seite junge Menschen, die einfach nur mal "Danke!" sagen wollen, auf der anderen Seite Menschen, denen selten jemand explizit "Danke!" sagt. "Das war ein wirklich sehr, sehr emotionaler Moment", sagt auch Schulpfarrerin Andrea Weigel rückblickend.

Die Theologin hat schon eine neue Idee, um das "Diakonische Lernen" am Celtis weiterzuentwickeln. Im Rahmen des Projekt-Seminars zur Studien- und Berufsorientierung (P-Seminar) in der Oberstufe will sie ein "Ehrenamtliches Diakonisches Jahr" einrichten. Die Schülerinnen und Schüler sollen sich dabei in einer sozialen Einrichtung für ein Jahr mit einbringen. "Auch wenn man nachher beruflich in eine andere Richtung geht: So etwas weitet den Blick", sagt Denis Khraban.