Es ist eine ganz besondere Auszeichnung, die der Förderverein Simultankirchen in der Oberpfalz einmal pro Jahr vergibt. "Damit soll das Miteinander der Kirchen, das in einigen Orten der Oberpfalz Normalität ist, besonders gewürdigt werden", sagt Hans-Peter Pauckstadt-Künkler, der Vorsitzende des Vereins. Die Eschenfeldener Kirche ist eine von neun Kirchen in der Oberpfalz, die weder evangelisch noch katholisch ist.

Beide Konfessionen feiern dort ihren Gottesdienst. Als habe es das Glaubensschisma nicht gegeben, als gäbe es nur eine christliche Kirche. Vielleicht ist es diese große Verheißung, die auf den Simultankirchen liegt, die sie zu etwas Besonderem macht. Sie sind sozusagen das Abbild einer verlorengegangenen Einheit.

Vertrag regelt Kostenanteile in Ökumene

Pfarrer Hans Zeltsperger steht der katholischen Gemeinde Edelsfeld vor: Die Corpus-Christi-Kirche ist eine seiner fünf Gottesdienstkirchen und in Eschenfelden leben rund 100 Katholiken. Einmal im Monat findet ein Sonntagsgottesdienst statt und alle drei Wochen einer an einem Werktag am Abend. "Wir sprechen uns jedesmal ab, wann wer den Gottesdienst hält", sagt Zeltsperger. Probleme habe es dabei nie gegeben.

So sieht es auch sein evangelischer Kollege, Pfarrer Konrad Schornbaum, für den Eschenfelden die Hauptkirche ist. "Wenn die beiden Pfarrer gut miteinander können, dann ist vieles im ökumenischen Miteinander möglich", sagt Schornbaum. In der Sakristei hängt das farbenfrohe Priestergewand neben dem schwarzen Talar des evangelischen Pfarrers, das Weihrauchfass liegt neben der Lutherbibel. Jeder hat einen Ort, wo die liturgischen Gefäße aufbewahrt werden. Die Kanzel benutzen nur die Protestanten.

Beiden Kirchen gehören jeweils 50 Prozent. Da der größte Teil der Einwohner Eschenfeldens heute evangelisch ist, übernimmt die evangelische Gemeinde die Verwaltungsaufgaben und auch den größten Teil der Baulast bei anfallenden Renovierungsarbeiten. Auch bei Strom und Heizung wird geteilt. Die katholische Gemeinde trägt 15 Prozent der Kosten. Das regelt ein Vertrag.

Die Simultankirchen in der Oberpfalz gehen auf einen Beschluss des Pfalzgrafen Christian August aus dem Jahr 1652 zurück, der angesichts der Schrecken des Dreißigjährigen Krieges beschloss, die Konfessionen sollen sich nicht mehr streiten. Er ordnete an, dass in der Kurpfalz ab sofort alle Kirchengebäude und alles kirchliche Gut beiden Konfessionen gehören sollen. Jeder hatte fortan zu gleichen Teilen das Recht, sie zu nutzen.

Luther- und Marienbild in der Kirche

Ein Grund war die Armut nach dem Krieg. Es fehlte an Geld, die zerstörten Kirchen zu erneuern. Im 17. und 18. Jahrhundert gab es Tausende von Simultankirchen in Deutschland. Heute sind es weniger als 70, vor allem liegen sie in der Pfalz und in Bayern. In der Oberpfalz waren es einmal 50, neun sind davon übrig geblieben.

Reibungslos verlief es nicht immer. Wo man sich zwangsweise die Kirchenräume teilen musste, führte das oft zu Problemen. Bis heute erzählt man sich kuriose Geschichten. Die Kirche St. Marien in Sulzbach (Kreis Amberg-Sulzbach) war auch ehedem eine Simultankirche. Anfang des 19. Jahrhunderts sperrte der katholische Pfarrer den Taufstein mit Deckel und Schloss zu, damit Protestanten nicht mehr taufen konnten. Tags darauf soll auch der evangelische Pfarrer ein Schloss angebracht haben, sodass fast hundert Jahre lang weder der eine noch der andere den Taufstein benutzen konnte. Wurde zu viel geräuchert, beschwerten sich die Evangelischen. Oder man stritt sich über den Kostenaufwand für die Kerzen. Es soll auch vorgekommen sein, dass das Lutherbild abgehängt und schnell das Marienbild aufgehängt wurde. Der Beispiele seien unzählige. "Was man heute als absurdes Theater bezeichnen würde, war den Leuten damals bitter ernst", sagt Pauckstadt-Künkler.

Auch heute ist Ökumene ein Prozess, wie damals in der Oberpfalz. "Man hat viel vom anderen mitbekommen und nicht so sehr die Wände hochziehen können", sagt Pauckstadt. "Aber die Wunden sind heute geheilt und Ökumene lebbar geworden."