Das Bayerische Landeskriminalamt (BLKA) hat sich im Rahmen einer Promotion mit der Geschichte der sogenannten Landfahrerzentrale in der eigenen Behörde auseinandergesetzt. Bei dieser Stelle, die von 1946 bis 1965 beim BLKA angesiedelt war, wurden unter anderem Menschen unter der Fremdbezeichnung "Zigeuner" zentral erfasst.

"Die Auseinandersetzung mit diesem gesellschaftspolitisch sehr bedeutenden, aber wenig beachteten Thema ist uns ein großes Anliegen", sagte BLKA-Präsident Harald Pickert bei der Vorstellung der Promotion in München.

Die Geschichte der ehemaligen "Zigeunerpolizeistelle"

Junge Beamte bei der Bayerischen Polizei sollten schon in der Ausbildung für die historischen Verletzungen von Sinti und Roma sensibilisiert werden und Verantwortung dafür tragen, dass sich so etwas nicht wiederhole. Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, äußerte Anerkennung und Respekt für die Forschungsarbeit: Sie habe eine hohe Relevanz für Wissenschaft und Politik.

In der politischen und polizeilichen Kontrolle und Verfolgung von "Zigeunern" und "Landfahrern" hätten die bayerischen "Zigeunerermittler" bereits im Kaiserreich eine Vorreiterrolle eingenommen, erklärte Eveline Diener, Autorin der Promotion und Kriminalhauptkommissarin beim BLKA. Das 1926 erlassene "Gesetz zur Bekämpfung von Zigeunern, Landfahrern und Arbeitsscheuen" sei dann das radikalste seiner Art im gesamten Deutschen Reich gewesen. 1938 wurde die bei der Polizeidirektion München angesiedelte "Zigeunerzentrale" mitsamt ihren Mitarbeitern und Unterlagen in die Berliner "Reichszentrale zur Bekämpfung des Zigeunerunwesens" versetzt.

Diener erklärte, nach dem Ende des NS-Regimes habe es keinen Bruch, sondern eine Fortsetzung der Arbeit der Stelle gegeben. Die später "Landfahrerzentrale" genannte Stelle habe weiter Daten gesammelt und ausgewertet, um alle "mit Landfahrern zusammenhängenden kriminalpolizeilichen Fragen" zu beantworten, zitierte Diener. Für diese Arbeit seien bevorzugt "Beamte alter Schule" mit Vorerfahrung in der NS-Zeit gesucht worden. Auch die Sprachwahl habe sich nach dem Ende der NS-Zeit kaum geändert. In großen Teilen der Bevölkerung habe weiterhin eine stark antiziganistische Haltung geherrscht.

Eine wichtige Aufgabe der Landfahrerzentrale in der Nachkriegszeit sei die Unterstützung der Entschädigungsbehörden gewesen: Wenn ein Angehöriger der Sinti und Roma Entschädigung für Unrecht einforderte, das er während der NS-Zeit erlitten hatte, gab die Stelle ein Gutachten darüber ab, ob die Person entschädigungswürdig sei. "Diese Gutachten fielen selten zugunsten der Antragsteller aus", erläuterte Diener. Die Beamten hätten sich stattdessen damit gebrüstet, dem Staat so viel Geld zu sparen.

Reaktionen auf die Promotion

Romani Rose ergänzte, dass die Schamlosigkeit der Beamten so weit gegangen sei, die tätowierten KZ-Nummern der Menschen als Identifizierungsmerkmal in die Akten mit aufzunehmen. Die enge Zusammenarbeit der "Landfahrerzentrale" und der Entschädigungsbehörden, bei der ehemalige Täter Deutungsmacht über die Opfer bekommen hätten, sei eines Rechtsstaats unwürdig gewesen. Vielen verfolgten Sinti und Roma sei so eine Entschädigung vorenthalten worden.

Das Ziel der Landfahrerzentrale sei es gewesen, unter der Tarnbezeichnung "Landfahrer" alle Angehörigen der Minderheit der Sinti und Roma "vom Kleinkind bis zum Greis" allein auf Grundlage ihrer Abstammung zu erfassen. Kriminalität müsse selbstverständlich bekämpft werden, jedoch unabhängig von der Abstammung, sagte Rose. Alle Polizeibehörden in Deutschland sollten diesen Teil ihrer Geschichte kennen. Er wolle noch in dieser Woche in einem Gespräch Bundesratspräsident Bodo Ramelow bitten, die Geschichte der polizeilichen Verfolgung von Sinti und Roma auch in anderen Bundesländern aufzuarbeiten.